„Ja, was nun? Ertrinken wir jetzt hier?“ - Überfahrt nach Dänemark

Von Pillau aus geht die Überfahrt nach Dänemark, wobei „Überfahrt“ in diesem Zusammenhang wohl ein unpassender Begriff ist. Es handelt sich nicht etwa um ein Passagierschiff, sondern um einen alten Frachter, in dessen Laderaum nach Angaben des Kapitäns rund 650 Menschen auf dem nackten Boden liegen. Der Einstieg erfolgt über eine einfache lange Leiter. „Ja, das können Sie sich ja denken: Ein Geschreie, ein Gebrülle, ein Weinen und und und.“ Ein mitfliehender evangelischer Pfarrer stimmt zur Beruhigung Kirchlieder an.

Nach zunächst relativ ruhiger Fahrt ändert sich die Lage schlagartig. „Auf einmal knallte das.“ Der Kapitän erscheint am Rand der Luke und teilt über Sprachrohr mit: „Das Schiff ist getroffen. Ich kann nicht garantieren, ob wir es schaffen bis nach Dänemark.“ Daraufhin zieht er kurzerhand die Leiter hoch und verschließt die Luke und damit den einzigen Ausgang der nun im Bauch des Schiffes eingeschlossenen Passagiere. „Ja, was nun? Ertrinken wir jetzt hier?“

Zugleich kann man hören, wie die Schiffsbesatzung ohne Unterlass pumpt, um das eindringende Wasser wieder nach außen zu befördern. Zum Glück schafft das Schiff durch diesen Einsatz tatsächlich die Strecke bis Kopenhagen. - Bei seiner nächsten Überfahrt wird der Frachter dann jedoch mitsamt seiner Passagiere durch einen Torpedotreffer versenkt.

 

Ein Erlebnis auf dem Schiff kann Gertrud Zillikens bis heute nicht vergessen. Bevor es von dem Torpedo getroffen wird, verlässt sie einige Male den Schiffsbauch, um mit einem kleinen Eimerchen, das sie dort gefunden hat, an Deck frisches Wasser zu holen. Dabei sieht sie dort in einer Ecke ein „altes Mütterchen“ sitzen. „Und da habe ich dann mal geguckt. Aber das Mütterchen konnte nicht mehr sprechen. Ich nehme an, die war erfroren. Und die war so voller Läuse, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Das krabbelte überall. Da habe ich gesagt: ‚Oma, merkst Du gar nichts?‘ Da hat die keine Antwort gegeben, und das hat mich schon geschockt.“ Beängstigender als der Tod der alten Frau ist für die knapp Zwölfjährige in diesem Augenblick aber wohl der Befall mit Läusen. „Dann hast Du sicherlich auch Läuse. Du warst doch immer sauber. Aber es ist gut gegangen.“