Dieses KLV-Lagerbuch wurde über die Internetplattform ebay erworben. Es beinhaltet Aufsätze und Fotos KLV-Lager Bresolup im damaligen "Protektorat Böhmen und Mähren". Es wurde während der vom 3. Mai bis zum 24. September währenden Lagerzeit von Erwin Ehrhardt zusammengestellt, über den nichts Näheres in Erfahrung zu bringen wqar.
Das Dokument wird im Original im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln unter N 1603/215 aufbewahrt.
Zum Andenken
an das
KLV. Lager
Bresolup
K.L.V. Lager
Bresolup
bei Ung. Hradisch
Mähren.
vom 3.5. bis 24.9.1941.
Erwin Ehrhardt
Nr. 1
Wie sieht es in Bresolup aus.
(Ein Brief an die Eltern.)
I. Gliederung
a. das Schloß
b. das Dorf
c. die Schule
d. die Bevölkerung
II. Ausführung
Bresolup, den 20. Mai 41.
Liebe Eltern!
Heute will ich Euch mal erzählen, wie es hier in Bresolup aussieht. Wir wohnen hier in einem Schloß. Es heißt „Bresolup“ und muß schon sehr alt sein, denn an der Eingangstür befinden sich zwei Rollen, welche zum Aufziehen der Zugbrücke gedient
haben. Das Schloß hat zwei Stockwerke und viele, große Räume. Sie sind mit weißer Farbe gestrichen. Mehrere Räume haben eine bogenförmige Wölbung an der Decke. Das Schloß ist von einem schönen Park umgeben, in welchem hohe Bäume und schöne Blumen wachsen. Durch den Park fließt ein Bach, über welchen wir (öfters) oft hinüberspringen. Der Park ist von einem Zaun umgeben und hat zwei große Tore.
Das Dorf Bresolup ist nicht groß und hat etwa 1500 Einwohner. Die Kreisstadt ist Ungarisch-Hradisch. Durch das Dorf fließen viele Gräben. Am südlichen Eingange des Dorfes liegt unser Schloß, welches zu einem großen Rittergute gehört. Die Straßen sind schmutzig, und wenn es mal geregnet hat, muß man in tiefem Schlamm herumstampfen. Die Bezeichnungen von Läden sind zuerst in deutscher und dann in tschechischer Sprache abgefaßt. Wir lesen:
Friseur Gemischtwarenhandlung
Kadernik Obchod Smisenym Zbozim
Schneider Fleischer und Selcher Bäcker
Krejci Reznik a Uzenar Pecar
Tabakverschleiß Volks-Bürger-Schule
Prodej Tabaku Obecna Mestanska Skola
Im Dorfe sind auch mehrere Gasthäuser. Gasthaus heißt auf tschechisch: Hostinec. Bresolup hat auch eine schmucke Kirche mit vergoldeter Spitze.
Bei guter Sicht kann man die Ausläufer der Beskiden sehen. Der Ackerboden ist Lehm. Das Dorf Bresolup liegt in einem kleinen Tale
Wenn wir des Morgens Kaffee getrunken haben, holen wir unsere Bücher herunter und machen uns zum Abmarsch bereit. Um ¾ 9 Uhr marschieren wir ab. Wenn wir (denn) dann durch das Dorf marschieren, schauen die Tschechen hinter uns her. Sie wundern sich über die Ordnung und (Diziplin) Disziplin, die bei uns herrscht. Wenn wir bei der Schule angelangt sind, rücken wir ein. Dann beginnt
in großen, hellen Räumen der Unterricht. Die Schule hat 8 Räume, (wovon) von denen wir 2 Stück benutzen.
Die Bevölkerung von Bresolup ist arm, und die Leute wohnen in kleinen Häusern. Die Backsteine sind oft selbst gebrannt. Die Jungen tragen alte, abgebrauchte Hosen. Viele tragen eine Schlägermütze auf dem Kopf. Die Männer haben alle eine Fellmütze, und die Frauen haben kurze Röcke. Die Bevölkerung spricht zum Teil deutsch, so daß wir uns gut mit den Tschechen verständigen (kann) können. Als wir einmal Ausgang (und durch das Dorf gingen), rief ein Junge: „Guten Nachmittag!“ hinter uns her. Die Frauen tragen ihre kleinen Kinder in einem Tuche auf dem Rücken.
Hoffentlich könnt Ihr Euch nun ein Bild machen, wie es hier in Bresolup aussieht.
Seid vielmals gegrüßt,
von
Eurem Erwin.
Übersichtskarte
Breslau
Olmütz
Brünn Bresolup
Wien
Genauere Karte von Bresolup
Mährisches Gesenke
Schneeberg
1420 Beskiden
Olmütz
Prossnitz Prerau
Kr. Zlin
Bresolup
Ung. Hradisch
Brünn
Thaya March 450 Meinen Karpaten
Wien Pressburg Donau
Nr. 4
Sportfest im K.L.V. Lager Bresolup.
Am letzten Sonntagnachmittag hatten wir ein Sportfest, wo wir uns schon lange darauf vorbereitet hatten. Die Führer und der Jahrgang 1927 machten Leichtathletik. Jahrgang 1928 machte einen Hindernislauf. Die jüngeren Jahrgänge machten Sackhüpfen und Eierlaufen. Zur Erfrischung in den Kampfpausen gab es Pralinen, Bonbon, Schokolade, Selters, Himbeersaft, Kuchen, Knäckebrot und noch Sonderzuteilung von Schokolade. Diese Sachen gab es auf Bezugskarten, die vorher ausgegeben worden.
1 Beutel 1 Selters 1 Limonade 10 g Kuchen
Pral. Misch.
Bonbon Bezugsnachweis für: 108 10 g Kuchen
Pralinen, Kuchen und Getränke
Pralinen Name: E. Ehrhardt 1 Knäckebrot.
Wohnort: Stube 9
Ausgabe: II
1 Himbeers. 1 2 3
K.L.V. Lager
Bresolup
bei Ung. Hradisch
Mähren.
Das Sportfest begann mit einer Ansprache des Lagerleiters. Jetzt machten die Führer und der Jahrgang 1927 Laufen und Springen. Dann machte Jahrgang 1928, wo ich zugehöre, den Hindernislauf. Es liefen immer 2 Mann. Wir mußten zuerst über einen Graben, nahmen dann einen ordentlichen Anlauf und sausten
wie der Blitz über eine schräggestellte Planke. Darnach sprangen wir über 4 Stühle, die zu einem Viereck zusammengestellt waren. Durch eine Bank mußten wir sehr geschickt durchklettern. Hinter diesem Hindernis krochen wir unter einer Karre durch. Dann sprangen wir wieder über den Graben. Wer zuerst angekommen war, wurde als Sieger erklärt.
Graben Start Ziel
Skizze von der Hindernisbahn
Hiernach machten die Jüngeren Eierlaufen und Sackhüpfen. Beim Sackhüpfen fielen viele hin. Es war lustig anzusehen. Jahrgang 1927 machte noch Handgranatenwerfen. Am Schluß wurde um die Fußballmeisterschaft gespielt. Hierbei gewann Jungzug 1 mit 4:2 über Jungzug 2. Jungzug 2 spielte dann gegen Jungzug 3 und gewann mit 2:1. Jungzug 1 wurde Lagermeister. In den Kampfpausen haben wir uns immer Erfrischungen geholt. Um 18.00 war dann die Preisverteilung. Der 1. Preis war ein guter Füllfederhalter. Als 2. Preis
gab es einen Koffer. Weitere Preise waren ein Zirkelkasten, einige Photoalben, Lederetuis, Nagelscheren mit Nagelfeile und Reiniger in einem Etui. Taschenmesser und Notizbücher gab es auch. Als Trostpreise waren kleine Hefte zum Lesen, Bleistiftanspitzer und andere Kleinigkeiten. Jeder bekam etwas. Weil ich beim Hindernislaufen 1. wurde, bekam ich ein Federetui. Es war ein schöner Tag.
Nr. 5
Unser Gemeinschaftsabend.
Am letzten Sonnabend hatten wir einen Gemeinschaftsabend. Er war sehr lustig. Der Abend begann mit einem gemeinsamen Liede. Jetzt las Herr Ernst einige lustige, plattdeutsche Stücke vor. Diese hießen: De Koppweihdag, de Hülp und der Schneiderjunge von Krippstadt. Wir haben furchtbar gelacht. Dann sang uns Herr Koßmann, unser neuer Lehrer, ein Lied vor. Es lautete: „Uff de schwäb’sche Eisebahne...“ Der Kehrreim wurde immer von uns mitgesungen. G. Gruner hatte mit einigen ande-
Kameraden etwas über Herrn Koßmann gedichtet. Dieses lies er jetzt vor. Er zog damit ihn sehr durch den Kakao. Herr Koßmann ließ sich dieses auch nicht gefallen und hatte auch etwas selbstgedichtetes. Dieses sang er nach der Melodie: „Eine Seefahrt die ist lustig, ...“ vor. Er zog dabei über manchen von uns her. Keiner fühlte sich aber beleidigt. Jetzt führten einige Kameraden: „Schulunterricht bei Herrn Koßmann!“ auf. Es war eine Geschichtsstunde bei Herrn Koßmann. Er war sehr schön. Mit einem Liede endigte der Abend.
Nr. 6
Ein Besuch bei Mr. Flakson.
Als wir eines Tages zur Schule gingen, sahen wir in allen Schaufenstern und an allen Häusern Plakate hängen. Darauf stand in großer Schrift: Mr. Flakson. Aus den vielen Bildern ersahen wir, daß ein Zauberer im Dorfe seine Künste zeigen wollte. Unsere Führer waren hingegangen und erzählten uns dann, daß es sehr schön ist. Deshalb gingen wir mit Herrn Ernst auch hin. Die Freude war natürlich groß. Zuerst war Musik. Dann trat der Zauberkünstler auf die Bühne. Er hatte
einen Zauberstab. Diesen wickelte er in Seidenpapier und knüttelte das Papier zusammen. Der Stock war weg! Eine Streichholzschachtel, wo er nur mit der Hand hinüberwischte, verwandelte er in ein Kartenspiel. Ein Kartenspiel konnte er soweit verkleiner, bis man es nicht mehr sehen konnte. Jetzt holte er aus seiner Hand mehrere bunte Tücher heraus. Aus einem Zylinder, den wir vorher angesehen hatten, zog er mehrere Wecker, kleine und große, Taschenuhren, mehrere bunte Bänder und zuletzt ein lebendiges Kaninchen. Jetzt machte 2 Mäd-
chen einige Turnübungen vor. Damit sollte die Vorstellung eigentlich beendet sein. Aber ein Mann erklärte sich bereit, sich hypnotisieren zu lassen. Mr. Flakson guckte ihn scharf in die Augen, so daß der Mann langsam erstarrte. Jetzt holte er eine Nadel und steckte sie ihm tief in den Arm hinein. Eine andere steckte er ihm unter den Fingernagel. Der Mann merkte davon nichts. Nun war die Vorstellung beendet, und wir gingen nach Haus.
Nr. 7
Unsere Wanderfahrt nach Brünn.
Eines Tages sagte unser Lagerleiter, daß die 60 gesundesten und ältesten Jungen eine Fahrt nach Brünn machen werden. Ich wurde auch mit ausgesucht und kam zur 2. Abteilung. Als die 1. Abteilung nach vier Tagen wieder zurückkam, konnten sie uns schon viel Schönes von der Fahrt erzählen. Den Abend vorher, wo wir abfahren sollten, fand ein Generalappel statt. Als wir dann am anderen Morgen auch im Omnibus losfuhren, war die Freude groß und wir sangen einige Lieder. In Ungarisch
Hradisch stiegen wir in die Eisenbahn und fuhren bis Alstadt Welehrad. Von dort gingen wir bis zum K.L.V.-Lager Welehrad, welches etwa 5 km entfernt ist. Dort rasteten wir und besichtigten das Kloster. Dann gingen wir in einen großen Keller, der ein Museum war. Hier konnte man das Portal der alten Kirche sehen, welche früher abgebrannt war.
Hiernach marschierten wir zur Burg Buchlau. Diese liegt auf der mittleren von den 3 Zinnen. Nach 2 ½ Stunden waren wir oben. Zuerst aßen wir. Hinterher bekam jeder ein Bett zugewiesen.
Am anderen Morgen gingen wir auf einer guten Straße Richtung Brünn weiter. Unterwegs machten wir in Stupawa Rast, denn wir waren schon einige Stunden marschiert. Darnach gingen wir weiter. Als wir wieder einmal Rast gemacht hatten, kam ein Polizeikraftwagen, der uns etwa 50 km bis Brünn mitnahm. Deshalb kamen wir anstatt um 7.00 Uhr um 2.00 Uhr in Brünn an. Dort aßen wir erstmal und gingen zum Bann, wo wir nun 2 Tage schlafen sollten. Es waren schöne Betten, und wir haben gut geschlafen. Am anderen Morgen
ging eine Abteilung zum Baden. Die anderen, unter denen ich auch war, besichtigten die Stadt. Wir waren auch im St. Petersdom. Außerdem machten wir kleine Einkäufe. Nach dem Mittagessen besichtigten wir die Kasematten auf dem Spielberg. Hiernach gingen wir in das Kino und sahen den Film: ...reitet für Deutschland. Der Film gefiel uns allen sehr gut. Am Abend legten wir uns frühzeitig ins Bett, da wir am anderen Morgen früh aufstehen mußten. Denn der Zug von Radschowitz fuhr schon um ½ 7 aus Brunn ab.
Nun fuhren wir 3 Stunden lang. In Radschowitz angekommen, stiegen wir aus und kehrten in ein Gasthaus ein. Dort frühstückten wir und marschierten dann frischgestärkt auf einem schlechten Feldweg nach Bilowitz. Von da aus gingen wir auf der Landstraße nach Bresolup. Dort wurden wir herzlich empfangen. Es war mit die schönste Fahrt meines Lebens.
Nr. 8
Lagerlied
(Nach der Weise: Gerda...)
1.)
In dem D-Zug sitzen wir
frisch mit frohem Sinn,
fahren in die Welt hinaus,
einerlei wohin.
Einmal hat die Fahrt ein End
in dem Mährenland,
Kuhdorf, das nicht jeder nennt,,
wird jetzt durch uns bekannt
Bresolupy unser Ziel der Fahrt, der Fahrt,
Bresolupy im Protektorat.
2.)
Um halb sieben hallt ein Pfiff
durch das stille Haus.
Dann springt alles, das ist Schliff,
aus dem Bett heraus.
Nach dem feinen Morgenmahl
geht’s zur Schule hin.
Ist’s auch manchmal eine Qual
es hat doch einen Sinn.
Bresolupy, unser Zielt der Fahrt, der Fahrt
Bresolupy im Protektorat.
3.)
Nach dem Essen wird gepennt
bis zur Kaffeezeit.
Alles dann zum Sportplatz rennt,
denn es ist nicht weit.
Und da wird getobt, gespielt
und gar viel gelacht
und der anderen Sachen viel,
was uns hungrig macht.
Kuhdorf, Kuhdorf, unser Ziel der Fahrt, der Fahrt
Kuhdorf, Kuhdorf im Protektorat.
4.)
S’beste von dem ganzen Tag
kommt erst abends spät.
Alle Herzen sind gespannt,
wenn’s zum Abendbrot geht.
Denn da warten schon auf uns
Grüße von zu Haus.
Und nachher packt man erfreut
noch die Pakete aus.
Bresolupy, ist das Ziel der Fahrt, der Fahrt.
Bresolupy im Protektorat.
Nr. 9
Der Marsch zur March.
Als die erste Fahrtengruppe nach Brünn war, fragte uns Herr Kopmann, ob wir mal zur March wollten. Wir stimmten natürlich alle ein. Nach dem Mittagessen bekamen wir Zitronensaft, Kuchen, Kipfel und Knäckebrot. Diese Sache verstauten wir in unsere Brotbeutel und rückten dann ab. Das Wetter sah etwas nach Regen aus, aber es schadete nichts. Als wir nach etwa 2 Stunden an der March ankamen, fing es
an zu regnen, und wir setzten uns alle unter die Büsche. Aber es hörte bald wieder auf, und wir zogen uns aus, um zu Baden. Das Wasser war schön, und wir tummelten uns, daß das Wasser nur so spritzte. Als wir wieder herauskamen, tranken wir unseren Zitronensaft und aßen den Kuchen. Ich ging darnach mit meinem Freunde etwas am Ufer entlang. Plötzlich hörte der Fluß auf. Es war also bloß ein toter Arm. Als wir etwas weitergingen war uns ein Damm im Wege. Wir kletterten
hinauf und sahen nun die richtige March. Als die anderen auch herbeikamen, faßten wir uns ein Herz und sprangen hinein. Das Wasser war eiskalt und sehr reißend. Gegen den Strom kam man fast gar nicht an, mit dem Strom ging es dann um so schneller.
Damm
March
Damm
Toter Arm
Bresolup +
+ Unser Liegeplatz
Als wir dann wieder herauskamen, gingen wir wieder zu unserem alten Liegeplatz zurück. Nachdem wir uns angezogen hatten, gingen wir im Regen wieder nach dem Schloß zurück. Es war aber trotzdem schön.
Stube 9
1 Stubenältester u. 19 Mann
Stubenältester: Koch, Gerhard
1 Bauermeister, E. 10 Werner, Wolfg.
2 Bauermeister, H.G. 11 Krakau, Wolfg.
3 Beermann, Herb. 12 Lorenz, Heinz
4 Bohlsen, Max 13 Picker, Hans-Fr.
5 Drolshagen, H. 14 Rehkopf, Herb.
6 Droste, Gerh. 15 Rövekamp, H.
7 Ehrhardt, E. 16 Söder, Ullrich
8 Falke, Gerh. 17 Schmidt, Dieter
9 Hillebrandt, H. 18 Voges, Alfred
19 Witte, Herbert