Diese Lagerchronik von zwei KLV-Lagern in den beiden österreichischen Geretsdorf und Burgkirchen wurde dem NS-Dokumentationszentrum 1999 von dem im Dezember 1929 geborenen Herbert Neumann zur Verfügung gestellt. Seine Lebensgeschichte mit intensiven Erinnerungen an die KLV-Zeit sowie einige Briefe, die er von dort an seine Eltern schrieb, finden sich ebenfalls auf dieser Website.
1999 teilte Herr Neumann dem NSDOK zu den beiden KLV-Lasgern zudem Folgendes mit:
„Meine beiden KLV-Maßnahmen waren ab 17.4.1943 nach Geretsdorf bei Braunau "Ober-Donau" (KLV-Lager: OD 48 J, Lagerleiter Lehrer Philipp Neumann, Lagermannschaftsführer <LMF> Paul Udelhoven); und ab 17.1.1944 die zusammengelegten Lager OD 47 und OD 48 in Burgkirchen / Braunau (OD 47 = jüngere Schüler derselben Schule; Lagerleiter Dr. Acker <vgl. Joachim Trapp, Kölner Schulen in der NS-Zeit, S.38, 94>). Die KLV-Teilnahme war freiwillig. Als LMF fungierte abwechselnd einer von den älteren Lagerkameraden.
Am 1.5.1945 nach Auflösung der HJ-Kompanie (s.u.), weigerte sich Dr. Acker, uns wieder in das KLV-Lager aufzunehmen.
Die fürsorgliche Betreuung im Lager Geretsdorf stand im krassen Gegensatz zum Lager Burgkirchen (Lagerleiter und Lehrer wurden am "Stammtisch" vor unseren Augen besser versorgt, "unsere" Butter, Wurst usw. verschwindet in anderen Kanälen, vergebliche Versuche als Unterführer, die Situation zu ändern).
Wir hatten Briefkontakt nach außerhalb. Die ankommende Post konnte man "bei Bedarf" postlagernd empfangen. Abgehende Briefe gingen in den Post-Briefkasten!
LMF Udelhoven kam von Köln mit. Der Tagesablauf war durch Plan geregelt. In der Schule bestimmte der Lagerleiter Unterricht und Lernstunden, sonst war vom Wecken bis zur Nachtruhe volles HJ-Programm. Nach Weggang von LMF Udelhoven bekam natürlich der Lagerleiter das "Übergewicht".
Nach meinem "Rausschmiß" aus dem KLV-Lager durch Dr. Acker, habe ich mit meinem Lagerkameraden Günther Pöttgen versucht, die Heimat "zu Fuß" zu erreichen.
Unterwegs gab es einen Überfall durch entlassene serbische Kriegsgefangene und die Rettung in letzter Minute durch einen amerikanischen Major.
Da die Grenze geschlossen war, - schließlich erfolgreiche Suche nach einer vorläufigen Bleibe in Braunau (Mutter einer ehemaligen Kompanie-Lazarett-Helferin). Die Heimreise war erst im Oktober 1945 möglich (vgl. beigefügte Dokumente).
Wenn ich heute zurückblicke: Die Zeit des sogenannten "1000jährigen Reiches" habe ich bewusst so ab 1935 - meinem 6. Lebensjahr - erlebt.
Die politische Erziehung begann in der „Kükenschar“. Bei Kakao (gab es zu Hause nur an höchsten Feiertagen!) und Kuchen lauschten wir den „Erzählungen“ über die großen Heldentaten für unser Vaterland. Der größte Held war natürlich unser geliebter Führer. Klar, dass auch ich ein echter deutscher Junge sein wollte; spätestens mit zehn ein „Pimpf“! So marschierten wir stolz in Uniform durch die Kölner Straßen, - voran der Trommler und der Fahnenträger. Wir sangen Lieder, deren inhaltliche Bedeutung mir damals gar nicht bewußt sein konnten. Diese den Kampf und das Heldentum für Führer und Vaterland verherrlichenden und den „Feind“ verdammenden Parolen habe ich mit großer Emotion und gedankenlos mitgesungen. Auch jene schrecklichen Hetzlieder gegen die Juden - mit tiefer Scham denke ich heute gerade daran zurück.
In den wöchentlichen Heimabenden wurden uns viele Heldengeschichten immer wieder so vermittelt, dass Sterben für das Vaterland eigentlich das höchste Ziel eines werdenden Mannes sein musste. Erkannt haben wir Jungen den verbrecherischen Hintergrund nicht, niemand sagte anderes, wagte uns aufzuklären.
Die Nazis beherrschten auch die schulische Erziehung: Lehrer in Uniform bedrängten alle, die nicht im Deutschen Jungvolk (DJ) waren. Aber das reichte noch nicht aus; obwohl ich sogar ein Jungzugführer und Adjudant des Stammführers war, sollte ich auch aus der Kirche austreten. Weil meine Eltern sich weigerten, gab es halt im Unterricht willkürlich Ohrfeigen und schlechte Noten.
Im April 1943 ging es - mit der wenigen Habe in einem mit Kordel verschnürten Waschmittelkarton - in das rund 800 km von Köln entfernte KLV-Lager. Die dortigen Lehrer hielten sich politisch vornehm zurück, es sei denn, eine Lagerinspektion kündigte sich an. Dann war das Revers mit Parteiabzeichen geschmückt. Nie aber gab es eine noch so vorsichtige Andeutung darüber, was Erwachsene und erst recht Lehrer tatsächlich längst wissen mussten. Die politische Erziehung mit Sport und Marschieren lag in der Hand unseres Lagermannschaftsführers (LMF). Völlig klar, wir fühlten uns politisch als „alte Hasen“. Schließlich hatte es jeder von uns in der Hierarchie mindestens zum Jungenschaftsführer gebracht.
Einerseits hatten wir Sehnsucht nach Köln und der Familie; andererseits eröffneten sich neue Welten, wir fühlten uns elitär, die Steuerung funktionierte bestens: Welch' große Ehre für uns, in Braunau, der „Geburtsstadt unseres Führers“ als Ehrenformation zu marschieren. Wir waren sehr stolz auf das Lob „zackig, die strammen Jungs“.
Heute weiß man um den eigentlichen Sinn der KLV. Uns stellten sich Fragen dazu erst gar nicht. Denn die Jungengemeinschaft war schön; im Sommer die Erntehilfe bei den Bauern und das Schwimmen im nahen Bach, im Winter Schilaufen und zwischendurch Erkundungen der näheren ländlichen Umgebung oder beeindruckende Fahrten nach Salzburg und mit einem Raddampfer über die Donau nach Wien.
Nur einmal kam es zum einhelligen, offenen Protest: Zeitweise sehr schlecht ernährt, manchmal richtig Hunger, fanden wir eines Tages auf dem Misthaufen zweifelsohne für uns Kinder zugeteilte Süßigkeiten, die infolge heimlichen Hortens verdorben waren.
Unser LMF war um die 18 Jahre alt: Ein Vorbild für unser Streben. Er wollte unbedingt und so schnell wie möglich zur Waffen-SS. Es verging nur ganz kurze Zeit, bis seine Mutter uns schrieb, sie sei sehr stolz auf ihn: Er sei wie sein Bruder in Russland den Heldentod gestorben. „Heldentod?“ Ein junges Leben für Führer, Volk und Vaterland? Auch dann noch, wenn es einen letzten bewußten Augenblick gibt? Heute für mich unvorstellbar.
Als es schließlich in den letzten Wochen des Krieges auch für uns 15jährige „Soldaten“ hieß, die Heimat zu verteidigen, fand unser Lagerleiter noch hehre Worte; kein Zurückhalten, kein Warnen. Im Gegenteil: Unser Kompanieführer, Leiter eines KLV-Lagers im Nachbarort, schärfte uns „Kämpfen bis zum letzten Mann“ ein. Wer rückwärts ginge, würde von ihm selbst erschossen. Wir konnten es nicht fassen, dass ausgerechnet dieser Kompanieführer der einzige Deserteur unserer Einheit war: Er hatte uns Jungen angesichts der anrückenden Amerikaner alleine gelassen. Was hatten wir für eine - im wahrsten Sinne des Wortes - Scheißangst! Und dass uns der aus einem amerikanischen Panzer gestiegene Neger in unserem Versteck nicht bemerkt haben soll, glaube ich heute nicht mehr. Irgendwann später kam ein zerlumpter deutscher Soldat des Weges: „Mensch Jungs, so geht nach Hause, der Krieg ist doch längst aus!“
Nach Auflösung der Kompanie war für einen meiner Kameraden und mich klar, dass wir ins KLV-Lager zurückgehen sollten. Doch dort hatte sich der „Lagerleiter“ kurzerhand in einen „Schulleiter“ verwandelt. So war unübersehbar auf dem neuen Türschild zu lesen. Obwohl man damit rechnen musste, dass die amerikanische Panzerspitze jeden Moment das Dorf erreichen konnte, verweigerte er nicht nur mir die Aufnahme. Dass ihm mit der Abreise aus Köln ins KLV-Lager die Verantwortung für uns übertragen war - für ihn nun ohne Belang. Vor die Tür gesetzt, standen wir schutzlos auf der Straße und mussten selber sehen, wie wir überleben konnten.
Die letzten Nachrichten, die ich zu diesem Zeitpunkt über den Verbleib meiner Familie hatte, waren viele Monate alt. Meine Mutter war mit meinem jüngsten Bruder in der Nähe des Bodensees evakuiert, der Vater irgendwo in Frankreich, der ältere Bruder bei der Marine auf See, meine ältere Schwester in Köln, die jüngere Schwester in einem KLV-Lager im Riesengebirge. So auseinandergerissen, wurde es schließlich Herbst 1948, bis unsere Familie - glücklicherweise vollzählig - wieder vereint war.
Rückblickend beschäftigt mich immer wieder die Frage, wie es zu alledem überhaupt kommen konnte. Wie konnten bei den letzten freien demokratischen Wahlen 1932 so viele die NSDAP wählen? Es waren doch genügend Anzeichen für die zu erwartenden Machenschaften vorhanden. Schließlich zogen SA und SS doch seit 1923 pöbelnd durch Deutschland. Als der Diktator einmal die Macht hatte, war es wohl für ein Gegensteuern zu spät. Auch wollten viele das Unrecht nicht wahrhaben.
Ich erinnere mich an einen Besuch Hitlers in Köln. Ein einziges Fahnenmeer, kein Gebäude, ja kein Fenster ohne Schmuck und Hakenkreuzfahne. Vor der Hauptpost eine riesige Menschenmenge, dicht an dicht. Die SA hatte Mühe, die Straße freizuhalten. Als Hitler im Auto vorbeifuhr ein - nicht endenwollendes - Geschrei „Heil, Heil, Heil!“ - Nach dem Krieg war kaum jemand "dafür" oder „dabei“ gewesen.
Ich war dabei. Als Junge begeistert von den Ideen und dem Geschehen eingenommen. Nach und nach wurden die verbrecherischen Tatsachen der Nazi-Zeit immer deutlicher. Die damit einhergehende Ernüchterung war sehr, sehr bitter.
So wurde ein ganzes Volk betrogen. Wir Kinder um unsere Jugend, viele, allzuviele um ihr Leben.
Die heutige Jugend sollte aus der Geschichte lernen und hellwach sein, wenn - aus welcher Richtung auch immer - diktatorisch absoluter Gehorsam und Unterwerfung für vermeintlich höhere Ziele gefordert werden. Die eigene persönliche Freiheit im Denken und Handeln ist dann sehr schnell dahin.
Die folgenden - tabellarisch aufgeführten - Erinnerungen haben sich mir besonders aus der Kriegszeit eingeprägt:
Die KLV-Zeit:
- Günter Lindemann verliert durch einen Bombenangriff seine Eltern (Köln-Kalk, Mitte 1943).
- Lehrgang an der Gebiets-Führerschule in Grundlsee (September 1944)
- Erste Berührung mit einem KZ-Häftling in Handschellen der SS
- Teilnahme an mehreren Wehrertüchtigungs-Lagern in Braunau (Winter 1944/1945)
- Einberufung zur HJ-Kompanie Braunau mit "rührendem Abschied" durch Dr. Acker (Unser Kompanieführer droht jedem mit Erschießen, der auch "nur einen Schritt" zurückweicht; er selbst - auch KLV-Lagerleiter aus Mauerkirchen - "verschwindet" nach Einmarsch der Amerikaner und Sprengung der Innbrücken mehrfach (!)).
Die Kölner Zeit:
- Volksschullehrer Burkert (vgl. Trapp, a.a.O., S.50): mit Ohrfeigen und schlechten Noten "aus der Kirche" und ins "DJ" / "Gottgläubige" haben in allem Vorteile
- Erinnerungen an Parteiveranstaltungen (z.B. Gauredner Schmigalle, Verleihung des Mutterkreuzes)
- Aufnahmeprüfung für die NAPOLA; trotz guten Abschneidens: Chancen hatten nur Söhne von Parteifunktionären
- Bekannte meiner Eltern tragen auf einmal den Judenstern. Meine Mutter hilft ihnen und wird bei der NSDAP angezeigt. "Mit Rücksicht auf ihren Sohn und strammen Hitler-Jungen Herbert" wird sie nur verwarnt.
- Einsatz nach Luftangriffen, Löschen und Bergen von Verletzten und von Hausrat (vgl. Peter Crome, Köln im Krieg).
- Verleihung des KVK II Kl. o.S.“
Einleitung
Am 25. März wurde es nun endlich o-keh, daß wir nach der Ostmark in K.L.V. fahren würden.
Endlich nach langen Vorbereitungen konnten wir „endlich" im April starten. Und jetzt sind wir hier.
Am 17.4.1943 morgens sind wir hier eingetrudelt. Natürlich wollten wir unser Lager hochbringen. Also mußte man auch eine Lagerchronik bauen. Hier ist sie.
Wenn wir nun heute unsere Lagerchronik beginnen wollen, sind wir uns vollkommen darüber klar, daß nicht jeder „x" beliebige Tineff hineingeschrieben wird, sondern nur alles solche Sachen und Erlebnisse, die wirklich welterschütternd und –bewegend sind.
Also wollen wir nun unsere Einleitung beschließen und der Lagermannschaft das Wort lassen.
Geretsdorf, zur Zeit der Mitternachtssonne.
„Sie sind da!"
Dieser, alles in sich bergende Ausruf erschütterte am 17. April des Jahres 1943 das ganze Dörfchen Geretsdorf. „Sie sind da!" Wer war denn nun eigentlich da? 28 Jungen aus dem schönen Köln am Rhein waren heute in Geretsdorf eingetroffen und hatten im „Gasthaus Zollner" eine wunderbare Unterkunft gefunden.
Wenn nun so ein biederes Bäuerlein eine Bäuerin traf, so hieß es dann: „Sie sind da!", nämlich jene Kölner Jungs. Mancher schaute mit Mißtrauen auf die Neuankömmlinge, aber bald schon verflog die Zurückhaltung und die Bauern waren unsere besten Verbündeten. Unsere Lagereltern, Herr Zollner und Frau Zollner, sowie Kathi, unser „Major domus" im Bereich der Küche, waren nette liebe Leute und sind es auch noch. 4 Tage sind wir nun schon hier im Lager Zollner, und es gefällt uns immer besser. Vor dem Hause fließt ein Bach, die Mattig, und eine Wassermühle rauscht uns Abends in den Schlaf. Kaum 9 km von Geretsdorf liegt Braunau am Inn, die Geburtsstadt unsres großen Führers, daran der Inn, der alte Grenzfluß der Deutschen, wo hie der Adler 1 Kopf und da der Adler zwei
Köpfe im Wappen hatte.
In dieser Gegend durften wir uns nun 6 Monate aufhalten. Wer sollte sich da nicht freuen?
[Abb.:] Unser Lager
Das Lager liegt inmitten von Feldern, Hügeln, Wälder und Bächen. Also das richtige Gelände für einen Jungen.
[Abb.:] Das richtige Gelände für einen Jungen
So ist es kein Wunder, daß keiner Heimweh hat , oder sonst über etwas klagt. Alle sind zufrieden, denn alles ist da und außerdem steht unser Volk im 4. Kriegsjahr.
„Auf gen Braunau!"
Wir waren kaum 2 Tage hier, da sollten wir schon nach Braunau kommen. Groß war die Freude als der L.M.F. mit der Nachricht kam. Das wäre ja märchenhaft schön. Aber am 19.4., am Vorabend des Führergeburtstages, fahren wir mit dem „Mattigexpreß" nach Braunau. Die ganze Stadt ist herrlich geschmückt. Vor dem Führerhaus stellen wir uns auf. Der Gauleiter Pg. Eigruber und Bannführer Hellwagner sprechen zu uns. Dann werden die jüngsten des Jungvolks aufgenommen. Es ist ein feierlicher Moment. Am Mittag haben wir Freizeit. So haben wir Muße, uns das kleine Stadtchen genauer anzusehen. Der Inn erregt unsre besondere Aufmerksamkeit. Einige gehen nach Simbach ins „Altreich" hinüber.
Leider müssen wir um 5 Uhr schon wieder zurückfahren.
Die Erinnerung beschäftigt sich noch lange mit Braunau. Wir werden wohl noch mehrmals hinkommen! Hoffentlich?
Ostern!!
Schwül sind die Maiennächte in Oberdonau, ja, es scheint etwas in der Luft zu hängen. Und langsam kommt es auch heraus. Ostern! Ostern fern der Heimat, ohne Ostereier und Osterhasen aber mit herrlichem Maienwetter und, sogar Karsamstag schon mit Schulfrei!
Schon der Karsamstag bringt eine morgendliche Freizeit mit sich. Herrlich ist es dem Stumpfsinn der vier Mauern zu entweichen, denn ein Haus ist da für regenreiche Tage, dann mag die Muße ihr Haupt verhüllen, doch singen die Vöglein, dann hält es keinen am gastlichen Herd. Im Übrigen geht der Karsamstag herzlich ereignislos vorüber, aber dann naht der Ostersonntag. Träumt nicht mancher nachts von Ostereiern? Von bunten Festtagsfreuden?
Nun, wenn es auch keine Ostereier gibt, denn diese hat man mit Mehl und Milch zusammen zu einem Kuchen zusammengeschustert.
Festtagsfreuden gibt es in rauhen Massen. Und zwar bringen uns die Mahlzeiten diese wahrhaft lucullischen Freuden.
„Regulus" von Prinz von Schönaich-Carolath bringt uns in der Lektürestunde in echt österliche Stimmung. Denn Schule muß sein, frei nach Lagerleiter Naumann. – „Alles Gute kommt von oben", so heißt es schon in Urzeiten bei Schiller, doch das beste am Ostersonntag kam von unten, von der Lagerküche. 7, sage und schreibe 7 Gänge werden uns aufgetischt, wir schwimmen in Fleisch, Fett, Wahrlich, Gott Bachus konnte nicht fröhlicher sein und zechen, wie wir essen konnten. Wir fühlten uns wie Gott in Frankreich und waren lustig und guter Dinge.
Nach etlicher Zeit schreiten wir zum Kaffee- bzw. Kracheltrinken. Wir werden noch einmal gründlich satt, und dann startet ein Ausmarsch. Mit dem Nachbarlager geht es gemeinsam in den Wald. Ziel- und planlos. Hinein in den schönen Nachmittag. Kurs: der Nase nach.
Von hochgelegenen Stellen aus kann man die Alpen sehn. Ein überwältigendes Bild bot sich unseren Blicken. Grau und zerklüftet ragten sie weit, weit in der Ferne auf, die gewaltigen Berge, die die geheime Sehnsucht von allen waren. Weitaus die meisten sahen das das erste Mal, und viele trugen sich mit den Gedanken auch einmal dorthin zu gelangen.
Nach einiger Zeit gelangten wir nach Neukirchen. Da ereignete sich am Wegesrand noch ein besonderes Ereignis. Müde von Hitze, Staub und Wandern hatten wir uns malerisch am Wege gelagert. Einige waren ins Dorf gegangen und hatten sich die Umgebung etwas näher angesehen. Im Straßengraben, lässig gegen einen Telegrafenmast gelehnt, saß der LM.F. Nun haben die Telegrafenmasten des Großdeutschen Reiches so allerhand Tücken. Eine davon ist diese: Laut irgendeiner Verordnung und gegen Fäulnis und Ungeziefer sind die unteren Teile der Telegrafenmasten mit Teer bestrichen. Nach einem Naturgesetz pflegt nun Teer, wenn er längere Zeit der prallen Sonne ausgesetzt ist weich zu werden, was ausgerechnet bei diesem Mast der Fall war. Infolgedessen zeigte sich, als der LMF. sich erheben wollte, diese Tat mit technischen Schwierigkeiten verbunden, die Jacke klebte. Und wer schon einmal an Pech geklebt hat, der kann ermessen, mit welcher Intensivität eben dieses Pech zu kleben pflegt.
Durch dieses Erlebnis ein wenig aufgerappelt, traten wir den Rückzug an. Trauernd betrachtete der LMF. noch oft seine gute Jacke. Doch auch er kam über den Schmerz, und von nun an trug er dieses Stück Modell unter dem Namen „Kampfjacke" doppelt so stolz.
Zu Hause angekommen, gab es noch einmal ein festliches Essen. Nach der Mahlzeit gingen alle noch ein wenig ins Freie. Der schöne Tag sollte aber schließlich nicht eher ausgehen, als bis noch ein kleines Unglück geschehen war. Wie gesagt fließt vor dem Lager die Mattig. Eine wenig stabile Brücke führt neben vielen anderen, jedoch mindestens stärkeren Brücken herüber. Gerade über diese Brücke gingen nun, um sich auf dem anderen Ufer noch ein wenig die Beine zu vertreten, oder aus sonst einem wenig stichhaltigen Grund 2 Jungen des Lagers. Plötzlich lösten sich 2 der ohnehin schon morschen Bretter aus dem Gefüge. Mit Hallo und 80 Sachen sanken die beiden in die kalte Flut. Schnell war das feste Land wieder gewonnen, und da der Schaden nicht sehr erheblich war, ging bis zum Zapfenstreich weiter noch alles gut. Auch später stellten sich keine weiteren Folgen dieses Abenteuers ein. Gott sei Dank!
1.Mai !
Schon früh am Morgen scheint die Sonne in den Schlafsaal. Scharf gellt der Pfiff durch die Stille. „Alles raus aus den Betten!" Gleich geht es frisch raus und dann mit 180 Sachen zum Waschen. Nach dem Kaffeetrinken gibt es eine tolle Überraschung. 1. Startet heute abend ein bunter Abend, und 2. fällt die Schule aus.
Am Morgen starten wir zu einem Ausmarsch größeren Stils mit allen Schikanen. Heiß brennt die Sonne vom glasklaren, wolkenlosen Himmel. Das ist wichtig für uns. Geländedienst und andere Aufgaben beschäftigen uns vollauf, und schnell geht der Morgen vorbei. Auf dem Heimmarsch, der uns durch das weite Mattigtal zum Lager zurückführt, grübeln wir schon eifrig über unseren Stücken vom Bunten Abend. Unsre Schritte werden immer länger, bis wir das Lager vor uns sehen. Hastig nehmen wir das Mittagessen zu uns. In der Bettruhe überlegt man noch fieberhaft. Dann geht es los.
Der Rummel beginnt. Es ist unser erster „Bunter Abend" und daher ist unsere Aufregung begreiflich. Der L.M.F. fungiert als Regisseur, beruhigt nervöse Schauspieler und feuert temperamentarme an. Den größten Wert legen wir vorerst auf die Kostümierung. „Dat andere kriege mer später." Wir lachen uns in Wahrheit regelrecht krumm, als dieser wichtige Faktor endlich zu unserer Zufriedenheit ausgefallen ist. Unser Programm zerfiel, nachdem es fertig war, in 3 Teile. Jungenschaft I hatte „Weiberfastnacht". Jungenschaft II hatte „Inselreich" und Jungenschaft III hatte „Brokarde" [Schreibweise unsicher]. Diese trockenen Wörter besagten einfach die Titel der zu erwartenden „Scharaden". In der Tat war der Erfolg verblüffend. Zwergfellerschütternd! Jeder eifrige und neutrale Beobachter sprach nun der I. Jungenschaft den Preis zu. Die Scharade „Inselreich" war die beste des ersten erfolgreichen Bunten Abends gewesen.
Bannsportfest
Am 19. Juni 1943
Nach dem wir recht und schlecht den R.S.W.R. im Lager durchgeführt hatten, zum Teil unter sehr tollen Bedingungen, hatten wir auch eine ganz schöne Punkt-Zahl erreicht. Der beste Wettkkämpfer hatte 216 Punkte. So war es ganz natürlich, daß wir zum Bannsportfest nach Braunau mußten . Der Einladung des Bannführers folgten wir natürlich mit Freuden. Denn es ist immerhin ein prickelndes Gefühl mit andern seine Kräfte zu messen. Voll Erwartungen und mit vor Stolz geschwellter Brust fuhren wir los. Es kam uns allen so vor, als müßten wir unbedingt die Besten werden. Die Zurückbleibenden sahen natürlich die Sache ganz anders, aber, so wie wir gebaut waren. Wir waren alle blühende Optimisten.
In Braunau sahen wir erstmal die „Konkurrenz" an. Wir wurden schon merklich kleiner, aber getreu dem Wahlspruch, daß da, wo ein Wille ist, auch ein Weg sei, griffen wir unsere Disziplinen an. Wir schlugen mit 80 Sachen die Beine um die Ohren, warfen nie erreichte Meter und sprangen wie die Känguruhs
und endlich sahen wir unser Ziel vor den Augen. Aber, o Traum meiner Jugend. Ebenfalls ein K.L.V.-Lager, welches den Insassen zur größeren Bequemlichkeit Glatzen verpaßt hatte, eben dieses Lager schien uns unsere Illusionen zu verderben. Aber wir waren als Erste mit dem Sport fertig, und eine schwache Hoffnung lebte in allen wieder auf. Am anderen Tag, einem Sonntag, sollte
dann in Braunau die Siegerehrung stattfinden. Als wir aber am nächsten Morgen erwartungsvoll anrückten, fielen uns die Kinnladen herunter. „Die Siegerehrung fällt wegen Regens aus!" Wegen Regens? Wir waren platt. Wegen so ein paar Tropfen! Könnte man vielleicht nicht doch noch? Aber da biß die Maus keinen Faden mehr ab. Wir mußten doch wieder abziehen. Da war nichts zu machen. Betrübt rückten wir ab.
An einem Regentag, die ganze Lagermannschaft saß im Tagesraum beim HJ.-Dienst, öffnet sich plötzlich die Tür, und herein tritt der Lagerleiter. Eine an sich alltägliche Angelegenheit, aber jetzt hatte er einen Bogen und las vor: „Da Ihre Lagermannschaft auf dem Bannsportfest als Beste abgeschnitten hat, nimmt sie am Gebietssportfest in Ried teil. Heil Hitler gez: Hellwagner"! Bums der Knall. Zack, das saß und wir auch. Ein Krach, auf die Tische, auf die Bänke, unter Tische und Stühle und dann ein Geschrei, daß man meinte, die Fenster
gingen in Scherben. Aber schließlich kriegten wir uns doch wieder ein. Ganz nüchtern stellten wir dann anschließend fest, daß wir bereits den 8.7.1943 hatten. Eigentlich sollten wir morgens schon in Ried gewesen sein. Aber leider, leider – die Einberufung kam zu spät.
Wir hatten aber unsren Sieg und das war ja schließlich für uns die Hauptsache.
1. Sieger
Braunau/Inn
1943
Salzburg
Seit langer Zeit ging im Lager das Gerücht, daß wir in nächster Zeit einmal nach Salzburg fahren sollten. Im Unterricht wurde schon darauf hingewiesen. Salzburg, das ja auch den Namen „Mozartstadt" trägt, kehrte in unseren Gesprächen immer wieder.
Endlich, am 30.Juni war es dann soweit. An einem verhangenen, regnerischen Tag zogen wir los. Vom Hauptbahnhof Mauerkirchen fuhren wir über Steindorf nach Salzburg.
Unter Anleitung unserer Lehrer besichtigten wir die Stadt. Unser Schritte lenkten wir vorzugsweise zu solchen Gebäuden, die das Stadtbild überragten und belebten, und zwar in zweifacher Hinsicht, 1. durch ihren äußerlichen Eindruck und 2tens durch ihren Wert.
Am meisten gefiel uns noch der Dom
und dann die Hohensalzburg.
Am Mittag besichtigten wir dann auch die Hohensalzburg, während ein anderer Teil nach Hellabrunn hinausfuhr. Vom Schloßturm hatten wir einen herrlichen Ausblick auf die ganze Stadt dies- und jenseits der Salzach.
Auch unseren Lehrpersonen gefiel die Stadt außerordentlich. Unsere Photoamateure machten eine Reihe Aufnahmen, die leider wegen des schlechten Wetters nicht alle gelangen.
An dem alten Zunftbrunnen, der Pferdeschwemme vorbei, besahen wir uns das Theatermuseum, zwar nur von außen, aber man mochte seinen alten Inhalt ahnen. Leider mußten wir die Stadt allzu schnell wieder verlassen. Der Abendzug führte uns wieder in unser Lager zurück.
Dort erfuhren wir dann, daß der Lalei [Lagerleiter] bei einem Terrorangriff totalgeschädigt war.
Die Großfahrt nach Wien
Ein Gerücht schwebte eines Tages durch das Lager. Irgendwo war es aufgetaucht. Man munkelte und tuschelte hin und her. Endlich eines Abends sprach der Lagerleiter den lange gehegten Verdacht aus. Als Höhepunkt des K.L.V.-Jahres 1943 organisiert die Dienststelle K.LV. in Linz an der Donau eine Großfahrt nach Wien! Tosender Beifall bricht los. Hurra, bravo, toll, pfundig, kess, zackig. Ausrufe aller Schattierungen werden laut. Lange können wir die Nacht nicht schlafen.
Gleich am nächsten Tag beginnen langsam aber sicher die Vorbereitungen für die kommende Fahrt. Dem einen fehlte noch dies und dem anderen das, aber in echter Kameradschaft wurde auch diese Sache geschaukelt. Die letzten Tage schlichen nur so vorbei. Aber endlich war es dann doch soweit. Am nächsten Tag, dem 18.August, sollte die Großfahrt losgehen. Früh mußten wir am Abend ins Bett,
denn der nächste Tag würde ausgeschlafene Kerle brauchen. Am anderen Morgen riß uns schon früh um 3 die Pfeife des Lagerleiters aus dem Schlaf. Erst ein wenig verschlafen, dann aber hellwach, ziehen wir uns an. Schnell noch einen kleinen Imbiß im Eßraum, und dann verlassen wir bei tiefer Dunkelheit das Lager. Die Stunden der Bahnfahrt rinnen wie im Fluge vorbei.
In Linz wird dem Gebietsbeauftragten Stammführer Pleininger gemeldet und gleich darauf geht es in 6er Reihen durch die Stadt unserem K.L.V.-Sonderdampfer „Johann Strauß" zu. Wie die Seeräuber kommen wir uns vor, als wir über die Planken an Bord entern.
Gleich darauf lichtet das Schiff die Anker und in schneller Fahrt entschwindet Linz bald aus den Augen. Wir sind zum Teil alle zum 1.Mal an Bord eines Schiffes und die Stimmung ist natürlich entsprechend. Aus unseren rauhen Seemanns-
kehlen steigen sturmdurchpeitschte Lieder und verleihen dem Ganzen einen romantischen Rahmen. Wie die ollen Seebären tummeln sich die Jungen und fühlen sich schon als Kommandanten auf eigenen Einheiten.
Aber nicht nur der Dampfer, nein, auch die Gegend, die wir jetzt durcheilen, erregt unsere Aufmerksamkeit. Unsere Augen bleiben immer wieder an Schlössern und Türmen haften, die vom Ufer herübergrüßen. Um die Mittagszeit legen wir in Grein, einem hochgelegenen Ort an der Donau an. 2 weitere Lager gesellen sich zu uns und fort geht die Fahrt. Wie einst die Nibelungen den Strom hinabzogen, so ziehen wir heute der alten Habsburger Residenz entgegen, von der lange das Schicksal der deutschen Dinge abhing.
Unterdessen sorgen die Lager schon für die weitere Belustigung. Fröhliche Lieder und heitere Anektoden schlagen die Zeit tot und das Essen zwischendurch hebt uns
auch wieder. Mit gutem Appetit hauen wir ein, und unsere Laune ist einmalig.
Bald nach dem „Backen und Banken" kommt das ehemalige Kloster Melk in Sicht. Es kündet erstmal die Hälfte der Strecke Linz-Wien an und außerdem sieht man so ein herrliches Bauwerk immer gern. Zuerst sieht man es kaum hinter den Baumen des Ufers. Aber hinter einer Wegbiegung taucht es dann ganz auf. Als eifriges Ziel unserer Fotoamateure wird es öfters auf die Platte gebannt, und um die Lagerchronik zu zieren. Aber nicht lange halten wir uns auf. Rings tauchen die Hänge der Wachau auf. Bald muß Wien in Sicht kommen. Aber noch lange windet sich die Donau durch das enge Tal bis wir endlich am späten Abend Wien erreichen. Nach einem kurzen Marsch erreichen wir die große Feikeschule, die für den Wiener Aufenthalt unsere Wohnung sein sollte.
Früh am Morgen weckt uns ein schmetterndes Trompetensignal. "Alles raus aus den Betten". Gleich geht es runter zum Waschen. Nach dem Morgenappel wird unser Tagesziel bekannt gegeben. Wir sollen heute morgen die Stadt besichtigen.
Am Nachmittag werden wir das Schloß in Schönbrunn besuchen. Wir freuen uns natürlich sehr. Ein freundlicher Führer führt uns durch die Stadt. Von dem Schloßplatz gehen wir aus. Wir sind natürlich sehr neugierig, denn an alles legen wir aber unseren Kölner Maßstab an. Wir wollen mal feststellen, welche Stadt schöner ist.
Unser erster Gang führt uns zum Rathaus, daß mit seinem 11m hohem Turm über das Weichbild der Stadt aufragt. Der eiserne Mann auf der Spitze ist 7 m hoch. Im großen Rathaussaal fand im März 1938 die Proklamation des Führers vor den Vertretern der Stadt statt. Ganz besonders zieht uns der riesige Leuchter an, der von nur einem Halteseil gehalten wird.
Von dem Rathaus lenken wir unsre Schritte zum Stefansdom. Schon von ferne sehen wir den einen Turm zum Himmel ragen. Durch enge, winklige Gassen, die uns an die leider nun zerstörte Kölner Altstadt erinnern, eilen wir zum Dom. Neben dem Rest des nicht fertiggestellten 2ten Turmes ragt der vollständige wie ein Finger zum Himmel, ein Zeichen deutscher Schaffenskraft und deutschen Geistes. Vorbei an dem Ministerium des Reichsleiters von Schirach führt uns der Weg zur Staatsoper und zum alten Palast der Habsburger.
Am Karlsplatz entern wir dann die U-Bahn, um uns nach Schönbrunn zu begeben. Im Schloßgarten, den wir nach gar nicht langer Zeit erreichen, essen wir erst zu Mittag. Dann können wir den herrlichen Wagenpark
und die Burg besichtigen. Unser nächstes Ziel ist der Biergarten im Schloß, den wir uns ganz besonders gut ansehen. Zwar kann man nicht den Biergarten mit dem Kölner vergleichen, aber es gefällt uns sehr gut. An einem Brunnen werden noch schnell ein paar Aufnahmen verbrochen, dann geht auch dieser Tag leider so schnell zu Ende. Mit einem frischen Lied rücken wir zur U-Bahn ab, die uns schnell zur Feikeschule bringt.
Todmüde sinken wir ins Bett. Aber in unsren Träumen beschäftigen wir uns noch lange mit der herrlichen Stadt.
[Abb.:] Schönbrunn, Sommersitz des Kaisers
LMF Paul Udelhoven und LMF Bruno Walter
Lagermannschaft Zollner
Schon früh sind wir am anderen Morgen wach. Heute soll es in den Prater gehen. Das hebt die Gemüter und verscheucht den Schlaf. Gleich träumen wir schon von wüsten Erlebnissen und Abenteuern.
Also, ran an ‘s Speck! 4 Uhr! Der Rummel geht los. Die Buden werden geöffnet, und mit einem frohen Lied erscheinen wir an Ort und Stelle. Als erstes Vergnügen mit 80 Sachen auf die Hochschaubahn. Mit stukaartiger Geschwindigkeit geht es durch Täler und Hügel. Wir jauchzen und quietschen vor Vergnügen. Ein einmaliges Vergnügen. Dann zerren wir uns auf das Riesenrad. Ein weiter Blick über die Stadt bietet sich uns dar. Wir müssen in Gedanken an Köln, das die Amys so zerdroschen haben.
Da unser Schiff einen Maschinenschaden hat, fällt unsere Rückreise Samstags flach, und wir müssen bis Montagmorgen bleiben. Am Samstagabend veranstalten die Lager auf dem Hof der großen Schule einen Bunten Abend-Wettbewerb. Wir führen unsren „Perlentaucher" auf, eine zugkräftige Scharade, die wir im Lager schon einmal aufgeführt haben.
Als die Zeit für uns herangekommen ist, ist die Dunkelheit schon hereingebrochen, und die provisorische Bühne wird mit Lampen aller Art erleuchtet. Aber wir sind trotzdem gut in Form, und legen alles rein.
Nach allgemeinen Zeugenaussagen haben wir dann im Wettbewerb als Beste abgeschnitten. Wir freuen uns natürlich sehr, aber im Geheimen hatten wir es ja erwartet.
Am nächsten Morgen geht’s um 5 Uhr schon auf. Nach den letzten Arbeiten geht es im Eilmarsch zum Schiff, das an der Reichsbrücke schon auf uns harrt. Noch schnell einen Blick zurückgeworfen zu der Stadt, wo es so schön war, dann geht es fort. Ruhig gleitet das Schiff durch die Fluten der Heimat zu. Unsere Großfahrt hatte ihr allzufrühes Ende gefunden.
Dachdecken!
Es war gar nicht lange, bevor wir im Lager angekommen waren, das einem Bauern in der Nähe von Geretsdorf eine Scheune abgebrannt war. Als er nun eben diese Scheune mit vieler Mühe wieder aufgebaut hatte, fehlte es ihm an Kräften sie zu decken. Der Bauer hatte wohl mal irgend etwas von einem K.L.V.-Lager gehört, und so kam er eines Tages zum Lagerleiter mit der Bitte, er möchte einige Jungen haben zum „Schindeln aufi geben". Nach anfänglichem Zögern sagte der Lagerleiter zu, und am Mittag gingen wir „Schindeln aufi geben".
Es war eine sehr große Scheune, und laut Aussagen des Dachdeckers gingen etwa 12000 Ziegel dabei drauf. Das kümmerte uns aber recht wenig, und mit frischem Mut griffen wir den Kram an. Am Stück gingen die Ziegel von unten über die Leiter aufs Dach hinauf. Ganz oben saßen die Längsten, und der Ruf „Von hier aus kann ich meine Heimat sehen" löste allgemeine Heiterkeit aus.
Am Abend bekamen wir gutes Essen und dann schieden wir befriedigt von der Stätte unseres Wirkens.
Ein paar Tage ging das so durch, dann hatten wir die Scheune gedeckt, und wir wurden in Ehren entlassen. Wir aber hatten bei den Bauern wieder einen Stein im Brett. Sie sahen uns ganz freundlich an, und wir fühlten uns ganz stolz als „unsere" Scheune fertig dastand und das erste Korn eingefahren werden konnte. Der Bauer war auch ganz froh, da er nun sein Korn sicher lagern konnte. Nun, da diese kleine Begebenheit hier erzählt ist, mag sie zeigen, was dabei herauskommt, wenn 25 echte Jungen einmal feste zupacken.
Lebt wohl, es wär so schön gewesen.
Eines Tages kommt mit der Post die schon lange befürchtete Schreckensbotschaft „Der L.M.F. wurde eingezogen". Bums, da stand es schwarz auf weiß, gestempelt und mit Unterschrift. Da biß die Maus keinen Faden mehr ab. Eine Sentimentalität beschlich uns alle, und das Lager erschien uns verödet und stumpfsinnig. Scheu schlichen wir herum, gereizt und bösartig. Alles war uns gleichgültig, denn alles das fiel jetzt auseinander. Der L.M.F., die Seele des Lager mußte weg. Wir kamen nicht drüber. Langsam aber sicher sind wir deshalb drunter hergekommen.
Am nächsten Morgen um 5 Uhr zieht er los. Leider darf nur einer mit zum Bahnhof gehen. Das ist ja stur, im höchsten Grade. Alle Mann hoch wären mit gelaufen.
Nun ist er weg. Hoffentlich schreibt er uns mal, und was noch besser wäre, hoffentlich sehen wir ihn nochmal wieder.
Im Lager geht alles seinen alten Gang
Ernteeinsatz
Noch vor gar nicht so langer Zeit hatten wir einem Bauern beim Scheunendecken geholfen, und das schien sich rundgesprochen zu haben. Schon nach einiger Zeit sprachen einige Bauern bei uns vor, in der Absicht sich einige Jungen zum Ernteeinsatz zu holen. Gerne folgten wir diesem Auftrag, zumal solche Arbeit den meisten von uns noch ganz ungewohnt war. Ja, es war doch wunderschön den Weizen einzufahren, Garben zu binden, oder einen vollen Wagen abzuladen. Freilich kostete es auch manchen Schweißtropfen, aber das nahmen wir so über die leichte Schulter. Im großen und ganzen sprechen alle heute noch gerne und mit Begeisterung von der Zeit der Getreideernte. Als aber das Getreide gut eingefahren war, und eine längere Zeit mit Geländespielen und Baden in der Mattig totgeschlagen worden war, gab es erneuten Einsatz, Kartoffelernte. Die Abende wurden nun schon nebelig und kälter, aber das störte uns keineswegs, mit frischem ausdauernden Mut dabei zu sein. Ganze Wagen von
Kartoffeln sind durch unsere Hände gegangen, ein Beweis unseres Fleißes. Der Schlachtruf: „Klaubts, Klaubts Erdäpfi! Buabn!" erscholl mehr als einmal über die Fläche des Feldes. Müde ging es nach jedem Erntetag ins Lager, und meistens wurde der Dreck durch eine förmliche Wasserschlacht und dem Gott sei Dank wasserdichten Waschraum beendet.
Allerdings ist es auch schon vorgekommen, daß die Wasserschlacht des Waschraums ganz wüst ausartete, aber wer wollte denn auch von sich behaupten, daß er nicht auch schon einmal?... Jedenfalls sorgte der L.M.F. mit „Stubendienst" und anderen Scherzartikeln immer wieder für Ruhe.
Feldpost
Der erste Brief vom L.M.F.
Cottbus, den 3.9.43
Lieber Günther! Kameraden!
Nun, wo ich schon einige Tage den feldgrauen Rock anhabe, will ich die kurze Mittagspause dazu ausnutzen, um Euch schnell ein Lebenszeichen zu geben. Nach der schauerlichen Heimreise und nach dem sich anschließenden "Urlaub" von zwei Tagen bin ich hier zu den Panzergrenadieren vom Regiment „Großdeutschland" eingerückt. Ich kann Euch sagen, hier ist wenigstens noch was los. Ihr könnt Euch ja denken, daß ich stolz bin, bei solch einem Eliteregiment zu sein. Zwar haben wir eine doppelt so schwere Ausbildung als bei den anderen Waffen, doch dafür tragen wir ja auch auf dem Ärmel das Wort „Großdeutschland" – Wie steht es denn noch mit unserem Lager Geretsdorf? Habt Ihr inzwischen einen neuen Lmf. bekommen? Ich will hoffen, daß alles in alter Tradition und Ordnung weitergeht. Wenn es mal nicht nach der Nase geht, dann denkt mal an die Soldaten. So, nun muß ich schließen. Die Pfeife des F.v.D. ruft. Herzliche Grüße von Euerm Lmf.
(Grenadier Paul Udelhofen 4 [unleserlich] Komp. Grenadier Ers. Regiment „Großdeutschland")
Wir basteln
Im Rahmen der K.L.V.-Spielzeugaktion setzten wir uns auch ran, um unsere Mengen Spielzeuge zu schaffen. Nach vielerlei Organisationsschwierigkeiten klappte endlich der Laden. Wir arbeiteten grundsätzlich nach eigenen Plänen und fuhren auch ganz gut dabei. Holz und Farben hatten wir vorläufig genug. Handwerkszeug bekamen wir von Braunau, also, ran mit 80 Sachen. Neben Hampelmännern entstanden viele Eisenbahnen, als Erinnerung an die Wienfahrt ein Riesenrad, Autos, Pferde und viele andere schöne Sachen die alle durchaus in der Lage waren ein Kinderherz glücklich zu machen, was ja für uns die Hauptsache war.
25.September!
Der Reichsjugendführer in Braunau/Inn
Am 25.September:
Was war los? So fragte einer den anderen. Der Reichsjugendführer sollte Braunau besuchen. Natürlich wollten wir hin. Aber ein Befehl des Jungbannführers rief uns ohnehin. Es war ziemlich schlechtes Wetter, als wir morgens nach Braunau zogen. Aber das schreckte uns keinesweg ab.
Zackig marschierten wir durch Braunau zum Aufmarschplatz. Vor dem Führerhaus stellten wir uns auf. Fanfarensignale tönen auf. Der Reichsjugendführer kommt. Brausende Hurrarufe grüßen ihn, der heute als Vertreter des Führers in Oberdonau weilt. Nach seiner Rede ersticken die Fanfarensignale im Gebrüll und Hurrageschrei der Menge. Schon muß der Reichsjugendfüher wieder weg. Wir hatten uns aber neue Richtlinien geholt, mit denen wir weiter streben.
Unsere Spielzeugausstellung
Nachdem wir noch lange Zeit unverdrossen gebastelt haben und wirklich schöne Gegenstände entstanden sind, wollen wir als Höhepunkt unserer wirkllich fruchtbringenden Tätigkeit eine kleine Ausstellung aufziehen.
Im Eßraum werden 5 Tische zurechtgemacht, wo wir all unsre Spielzeuge aufbauten. Jedes Kinderherz mußte sich aus den Angeln winden. Auf einem Tisch waren die Friedenswerkzeuge aufgebaut.
Wieder auf einem anderen fand man sämtliche Kriegsgeräte alter und neuer Schattierungen. Von der ältesten Ritterburg bis zum modernen Fernkampfgeschütz ist alles vertreten. Es ist wirklich gut, und wir möchten uns selbst hinstellen und zu spielen anfangen.
Kurz vor dem Abendessen erscheinen die Geretsdorfer mit ihren Kleinen und Kleinsten die sich mit blanken Augen all die Herrlichkeit ansehen. Mancher Wunsch wird da laut, und das Christkind merkt sich so Verschiedenes. Der Tisch mit all den furchtbaren Kriegswerkzeugen ist ständig umlagert. Da wir alle so zuschauen wie sich die Kleinsten freuen, stellen wir uns ganz still und leise eine Liste unserer Geretsdorfer Kleinkinder auf. Am nächsten Tag, als das ganze Dorf nur von der schönen Ausstellung im Lager erzählt, setzen wir uns dran, um all die geheimen Wünsche die wir am Rande aufgeschnappt haben, zu erfüllen. Gerade jetzt im 4. Kriegsjahr wollen wir bemüht sein unseren Kindern das zu geben, was sie nun lange entbehren müssen.
Dorfabend in St.Georgen
Schon von jeher waren Bunte Abende unsere Stärke gewesen. Um so größer war unsere Freude, als uns von der N.S.D.A.P unseres Aufnahmeortes die Ausführung eines Kulturabends übertragen wurde. Endlich einmal etwas richtiges. Natürlich war es uns klar, daß wir da nicht irgendeinen Lagerzirkus machen konnten. Also begann ein emsiges Überlegen zur Zusammenstellung eines geeigneten Programms. Auch nachdem dieses vollendet worden war hörte die Arbeit nicht auf nun begann das Einüben der Stücke. Aus den möglichsten, weitaus mehr aber aus den unmöglichsten Stücken wurden passende Kostüme und Requisiten geschaffen. Auf alten Verdunkelungsrollen entstanden malerische Kulissen.Alles in allem müßte der Abend, nach den Vorbereitungen zu rechnen unbedingt ein großer Erfolg werden. Der 12.12.43, der ereignisreiche Tag war herangekommen. Schon am andern Tag hatten wir alle notwendigen Sachen in den Gasthof Hürlinger, den Ort unseres Wirkens geschafft. Nun stieg der Abend. 2 „Vorstellungen" wollten wir geben. Eine für die Kinder, und abends eine für die Erachsenen.
Schon eine Viertelstunde vorher war der Saal brechend voll.Wir trafen die letzten Vorbereitungen. Die Einleitungsrede wurde geschwungen. Der Abend sollte unter dem Motto: „Der Edle kennt seine Heimat und kämpft für ihre schönere Zukunft" stehen. Ein Lied des Nachbarlagers begrüßte die Zuhörer. Ein Sprechchor sprach von den Schönheiten der Heimat. Dann kam unsere Hauptnummer. Ein Vortrag brachte die Zuhörer in die entsprechende mittelalterliche Stimmung. Ein Stück aus dem berühmten Schauspiel Goethes, Götz von Berlichingen kam nun zur Aufführung. Die Belagerungscene zeigte die Hochherzigkeit Götzens. „Auf, auf Kameraden aufs Pferd"... erklang das Lied in der Pause. Dann folgte die Sterbescene. Götz stirbt gebrochenen Herzens, von der Umwelt, von den Menschen verkannt. „Der Tod reit‘auf einem kohlschwarzen Rappen". – Das Stück geht zu Ende. Brausender Beifall lohnt den Schauspielern ihre Anstrengung. Noch einmal tritt ein Sprechchor auf. „Eisern ist der Schritt der Zeit".
Dann folgt der lustige Teil des Abends der besonders den Kindern gefällt „Im schönsten Wiesengrunde" bringt die Stimmung wieder zur Heimat. Polternd und mit viel Humor, Witz und Frohsinn ging der „Zechpreller" über die „Bühne". Schließlich und zu guter Letzt kommen hier ein biederer Wirt und dessen Angestellter um
ihr gutes Geld. An einzelnen Stellen können sich die Zuhörer einfach nicht mehr halten. Dann lachte und quietschte der ganze Saal, ein Ansporn für die Spieler, die immer neue Lachsalven entfachten. Noch ein Schlußlied, der Lagerleiter hielt eine abschließende Rede, und die Leute gingen, zwar nur ungern, aber höchst befriedigt aus dem Saale. Auch die abendliche Vorstellung, bei der fast nur Erwachsene anwesend waren, ergab einen vollen und großen Erfolg. Wir hatten nicht nur Freude gegeben, sondern auch selber unsere Freude daran gehabt. Sonst hatte der Abend aber noch einen schönen Erfolg, 800 RM wurden dem Roten Kreuz zugeführt.
Noch ein Paar Freuden der Vorweihnachtszeit.
„Vorfreude ist schönste Freude", so sagt schon ein altes Sprichwort. So ist es auch in der Vorweihnachtszeit. Mit vielen kleineren Freuden ist die Vorweihnachtszeit gewürzt, gleichsam als Meilensteine, die an der Straße liegen, die zur Weihnachtszeit führen. Eines dieser kleinen Feste ist das Fest St.Martin, das im Rheinland seit alters her gefeiert wird. So beschlossen auch wir Jungen einen solchen Brauch im fernen Lande nicht aussterben zu lassen. Ein geschäftiges Treiben begann im Lager. Ahnungslos sagte der Lagerleiter „Gute Nacht", ging, der Ld..?drehte das Licht aus. Da – als eine Viertelstunde vergangen war, hörte man auf einen leisen Pfiff hin, leises Gemurmel und das Quietschen der Bettgestelle. Sekundenlang blitzte eine Taschenlampe auf in deren Schein sich ein gespenstiger Zug beleuchtet fühlte. Die Tür ging auf. Ein Streichholz flammte, da noch eins, dann brannten 2 Kerzen.
Diese Kerzen aber steckten in ausgehöhlten Rüben, die zu diesem Zweck auf lange Stangen mit weißen Nachthemden montiert waren. 10 Mann in langen, weißen Nachthemden folgten den beiden „Köbessen". Alle andern Jungen hatten sich in dunkle Decken gewickelt, so daß sich unter dem Schein der beiden Kerzen ein komischer Zug durch den Flur bewegte.
3 – 4 erklang es leise, dann ertönte es im Chor: „Sankt Martin, Sankt Martin" und danach: „der hellige ?inter Mäthes"! und so fort, bis der Lagerleiter erst verstört, dann aber mit allgemeiner Heiterkeit aus seiner Behausung erschien. – Mit Wohlgefallen sah er sich die Sache an, da erscholl ein Prasseln und Knistern, - was war das? Eine merkwürdige Helligkeit eine merkwürdige Hitze, und ein schon nicht mehr merkwürdiger, nein schon unerträglicher Geruch wurden von einem in der Ecke stehenden,
von unseren Chemikern selbst fabrizierten Feuerwerkskörper ausgeströmt. Es krachte und blitzte, das es eine wahre Wonne war. Dann aber rissen wir Tür und Fenster auf, um frische Luft zu schöpfen. Ja, so ein Schwefel + Kohlenstoff Gemisch hat es in sich, das mußten wir mit eigener Nase erfahren. Aber es war ja halb so schlimm. –
Durch die allgemeine Heiterkeit beeinflußt, ließ sich auch der Lagerleiter bewegen, eine umfangreiche „Kamellenverteilungsaktion" durchzuführen, die mit vollkommener Befriedigung beider Teile endigte. –
Am andern Tage führten wir die Sache „en gros" auch im Dorfe durch. Wir ernteten Äpfel, getrocknete Birnen und andere Scherze bez. w. Kleinigkeiten. Der Hauptspaß kam aber noch. In Burgkirchen lebte ja das Nachbarlager mit uns in einer alten, allerdings scherzhaften Fehde. Im Eilmarsch legten wir nun die Strecke von Geretsdorf nach Burgkirchen zurück. Und dann brach der Sturm los. Wir hasteten, krampfhaft bemüht das Lachen und den Lärm zu verbeißen. Wir rissen die Tür auf. Erschreckt fuhren die längst in den Betten und in süßer Ruhe liegenden Burgkirchener auf. Ein Schrei: „Die Geretsdorfer" Dann brach unter gespenstischer Beleuchtung eine wüste Schlägerei aus, die jedoch mit allgemeiner Befriedigung endete.
Beglückt zogen wir nach Hause und legten uns ins Bett mit dem Gefühl, mal wieder auf einen tollen Gedanken auf eine tolle Idee gegen den Stumpfsinn gekommen zu sein. Aber noch eine Freude harrte unser in der schönen Vorweihnachtszeit.
Der „Krambus" sollte zu uns kommen. Voll spannender Erwartung saßen wir alle unten im Eßraum. Eine längere Zeit vergeht. Unaufhörlich singen wir Lieder. Da rasseln Ketten vor der Tür. Herein tritt mit würdevoller Miene St.Nikolaus, begleitet von dem tobenden Krampus und einem Pelzverbrämten Diener. Lange hält man uns unsere Sünden vor, jeder wird mit rußigen Fingerabdrücken bestraft. Dann werden süße Kleinigkeiten verteilt. Noch ein paar Lieder dann verläßt der Krampus uns wieder, denn „er hat ja noch viel zu tun".
Dem war noch etwas anderes voraufgegangen. Am Nachmittag hatten alle Jungen, je zwei und zwei ihre Partner in kleinen lustigen Gedichten „durch den Kakao gezogen". Eine kleine Belehrung blieb bei allen hängen.
Noch vieles andere brachte uns die schöne Vorweihnachtszeit. Wir hatten uns einen Adventskranz gebastelt, schön mit bunten Bändern verziert und mit dicken Kerzen darauf. Traulich brannten abends die Lichter am Kranz und wir sangen schöne alte Weihnachtslieder zu den Klängen einer Zither. Weihnachtsgeschichten wurden vorgelesen.- Im Zimmer des Lagerleiters stauten sich die Pakete, auf denen vermerkt war: "Erst Weihnachten zu öffnen" und mancher träumte von den darin verborgenen Schätze. – Fleißig wirkte Frau Neumann, die Frau des Lagerleiters mit dem Küchenpersonal in der Küche. Plätzchen, Lebkuchen, Gott weiß, was da alles entstand. Immer kürzer wird die Zeit bis Weihnachten. Schon brennen 1-2,3 Kerzen am Adventskranz. Bald wird die 4. brennen. Bald – Bald, ja „Vorfreude" ist wirklich die schönste Freude."
Weihnachten!
Lange Zeit nachher erzählten wir uns noch vom Krampustag und all den anderen Freuden aber es verblaßte doch alles in der Erwartung auf das baldige Weihnachtsfest. Eifrig wurden die Vorbereitungen getroffen, jeder mußte mit machen und alles lief auf höchsten Touren. Das ganze Lager stand Kopf und wurde von oben bis unten gefegt und gesäubert. Frau Zollner schrubbte den Tagesraum, putzte die Fenster und bereitet alles vor. Alles blitzte und funkelte schließlich vor Sauberkeit. Das ganze Lager strahlte schließlich vor Sauberkeit und dann kam der hl.Abend heran
Schon kurz nach dem Mittagessen hat die Lagermannschaft Ausgang, damit das Christkind ungestört arbeiten konnte. Einen Tannenbaum hatten wir schon
vorher organisiert.
So stand der weiteren Ausschmückung nichts mehr im Wege.
Auf mit weißen Laken bezogene Tische bauten wir geschmackvoll Kerzen auf, und dann hatte das Christkind freie Bahn. Geheimnisvoll polterte es im Tagesraum, und eine gespannte Stimmung herrschte überall. Langsam schlich die Zeit vorwärts und draußen rieselte langsam und leise der Schnee. Aus der Küche stiegen weihnachtliche Düfte und manchem stiegen Erinnerungen auf, wie es am heiligen Abend immer zu Hause gewesen war. Es wurde 7 Uhr, der L.M.F. pfiff zum Essen. Wunderbar stand das Essen vor uns, aber kaum einer hatte Appetit, denn jeder wartete erwartungsvoll auf das Zeichen zum Hinaufgehen.
Endlich war es so weit.
Leise stiegen wir die Stiegen hinauf. Aus dem Tagesraum fiel ein warmer Lichtschein in den Flur, und ein Weihnachtslied schwang leise durch den Raum. Dann treten wir in den Tagesraum. In der einen Ecke steht wunderbar geschmückt ein kleiner Baum in seinem zauberhaften Lichterglanz. Doch dann schweifen die Blicke über die reichbedeckten
Tische, jeder seinen Namen suchend. Aber zuerst gedenken wir Alle unserer Lieben daheim, die jetzt mit ihren Gedanken sicher bei uns weilen. Unsere Gedanken schweifen zu unsren tapferen Helden draußen an den Fronten, die jetzt im Schützengrab en bei Kälte und Schneesturm unsere schöne deutsche Heimat schützen. In einer kleinen stimmungsvollen Weihnachtsfeier steigen liebliche Erinnerungen in uns auf. Anschließend hebt ein eifriges Suchen an. Kleine Päckchen von daheim, Liebesgaben von Bekannten stehen jetzt im Mittelpunkte des Interesses. Geschenke werden bewundert und herumgezeigt. An dem so reich beladenen Teller wird geschmaust und es herrscht eitel frohe Stimmung.
Endlich, kurz nachdem wir im Radio die Glocken unseres herrlichen Domes, der ja nun auch halbzerstört ist, gehört haben, ziehen wir es vor in‘s Bett zu wandern, den es sind mittlerweile 12 Uhr geworden.
Ein herrlicher Tag geht zu Ende, und mit einem seligen Gefühl schlafen wir ein.
Allzuschnell gingen die beiden anderen Feiertage auch vorbei und nun liegt unser schönes Fest schon wieder zurück. Aber noch immer kreisen unsere Gedanken um die schönen Tage.
„Es herrschte eitel frohe Stimmung.“
Cottbus 27.9.43
Lieber Günther!!!
Heute am 4. Sonntag beim Kommiß erhielt ich Deinen Brief. Es war gerade der günstigste Zeitpunkt, denn heute habe ich mal Zeit, einige Briefe zu schreiben. Ja, hier geht mir die Zeit viel schneller herum , wie einst bei Euch. Natürlich ist man hier den ganzen Tag auf Tour. Da kann man den LMF in höchsteigner Person auf dem Bauch herumkriechen sehen u.s.w. Ja, das muß man eben als Soldat auch. Sonst geht es mir recht gut. Du kennst ja meine Auffassung. Was macht denn das Lager noch? Ich möchte gern nochmal einen Einblick nehmen. Ich will hoffen, daß es noch immer so zackig hergeht wie einstmals. Also einen neuen LMF habt ihr noch nicht. Dann mußt Du den Laden schaffen. Wie sieht es denn sonst noch in Ober Donau aus? Langsam wird es ja kalt werden. Ich hoffe, bald etwas Genaueres zu hören. Oder hast Du mich schon über Bord gehängt? Oder ist es die [unleserlich - im Original farbig] ...?...Wie stehen denn die Aktien? Ja, ich möchte
nicht mal rüberkommen. Du Bursche!!!
Und was macht den Allah, der Pinsel! Dieser Kerl läßt doch gar nichts mehr hören. Ich denke, daß er auch bald mal was hören läßt. Wenn ich Euch zu Anfang nicht gleich schreiben konnte, müßt Ihr das verstehen. Hier bin ich nicht Herrr meiner Zeit. Morgens geht es ins Gelände (zwar auch als bei uns damals) und am Nachmittag geht es über den Kasernenhof. Man ist froh am Abend, wenn man sich in seine Flohkiste legen kann. Nach Zapfenstreich wirst Du kein Wort mehr hören. Es braucht kein U.v.D. mit Gebrüll hereinkommen. Also in Zukunft hoffe ich von Euch allen etwas zu hören. Ihr müßt nicht meinen, daß ich Euch vergessen hätte. Wenn ich so stramm in der Kompanie durch die Straßen ziehe, immer stur den Blick auf den Stahlhelmrand des Vordermannes, dann sehe ich manchmal so ein kleiner Pinsel im Braunhemd. Dann denke ich an die Zeit als HJFührer. Hoffentlich geht bei Euch noch alles klar.
Ja, Du schreibst auch von Italien. Ja, das war ja vorauszusehen. Für uns ist es militärisch kein Verlust. Inzwischen wirst Du das ja auch gemerkt haben. Man darf nur nicht locker lassen. Ihr könnt es ja gut aushalten. Wir werden nach Weihnachten in den Osten kommen. Du kannst Dir denken, daß ich stolz bin, bei der Elitetruppe des Heeres zu dienen. Ich kann Euch sagen, daß hier noch was los ist. –
Was machen denn noch alles die Kerls? Angefangen vom Flock, der alten Tomate bis Irle 1 + 2. Ja, es waren doch schöne Zeiten. Denkt Ihr auch noch an die Wienfahrt mit unserm großen Erfolg? Da habe ich doch gesehen, daß etwas in Euch steckt. Macht nur so weiter. Dann wird der Laden schon klappen.
Nun noch viele Grüße an Allah und Eidam (?), sowie an alle Kameraden! Auch viele Grüße an Fam.
Zollner und Frau Kody. Besonders herzliche Grüße an den Herrn Lagerleiter und seine Frau.
Also, ich bin mal gespannt. In alter Frische
Dein (Euer) LMF.
Anstatt am Rhein – an der Mattig daheim
Es sind stramme Jungens, die Geretsdorfer, ohne Zweifel. Was der „Hochwald"-Elternbrief da sah und hörte war so erfreulich und so beispielgebend, daß er dafür zur Anerkennung einen ganz großen Bericht machen will. Aber nicht nur zur Anerkennung allein. – Der „Hochwald" hat nämlich außerdem ein schlechtes Gewissen, denn er hat in seinem Bericht von der Großfahrt eine Scharade erwähnt, welche die „Burgkirchner" gespielt haben sollten. Wie konnte er nur! Ganz, ganz böse waren ihm die „Geretsdorfer" wegen dieses Schnitzers. Die Burgkirchner! Immer die Burgkirchner! Als ob das ein und dasselbe wäre. Nee, das lassen sie sich einmal nicht gefallen! – Also: es bleibt dem „Hochwald" nichts übrig, als sich zu entschuldigen und einmal die Geretsdorfer, die mehr können als eine tadellose Scharade spielen, so richtig vorzustellen..
Geretsdorf ist ein kleines Dörfchen, mitten drin ein Gasthaus namens „Zollner", in das am 17.April 25 Kölner Jungens einrückten. Das größere Burgkirchen, in dem es ebenfalls ein KLV.-Lager gibt, ist etwa 5 Minuten von Geretsdorf entfernt und die beiden Lager gehören insofern zusammen, als sie von den Lehrkräften beider Lager Unterricht erhalten. Daher die „Burgkirchner"; so etwas wie ein Sammelname gegen den die Geretsdorfer aber nun energisch Stellung nehmen. Die Geretsdorfer sind übrigens Aufbauzug und daß sie darauf besonders stolz sind, ist klar. Es gibt ja auch nur einige solcher Aufbauzüge im ganzen Reichsgebiet und wer sich Schüler eines solchen Zuges nennen darf ist ein Kerl, der etwas zu werden verspricht.
Nun aber zum Leben und Treiben im Lager „Zollner", das kein Schloß, auch keine Villa, sondern ein einfacher Landgasthof ist. Ob man denn da nicht etwas enttäuscht war, meinte der „Hochwald"? Wäre ja begreiflich, wenn man aus einer schönen Stadt kommt, die mancherlei Bequemlichkeiten bot, die man auf dem Lande vermißt. Ganz energisch haben die Geretsdorfer aber solche Zumutung abgelehnt; zur Verwunderung und nicht geringen Freude des „Hochwald"-Besuches. Nicht ein bißchen haben sie ausgeschaut nach Bequemlich- oder Unbequemlichkeiten, sondern nur eines gesehen – die herrliche, freie, schöne Gotteswelt. Nicht verbaut und nicht vermauert – sondern frei und weit. Wiesen –Felder – Wälder, soweit das Auge reicht. Ein Flüßchen nache dabei. Und das alles sollte ihnen nun für lange Zeit gehören. Sie sollten sich tummeln dürfen in dieser wundervollsten Freiheit, und sich abends ruhig in ihre Betten legen, wieder richtig schlafen dürfen. Die Kölner waren zufrieden, mehr brauchten sie nicht.
Die Einheimischen hatten natürlich keine Ahnung, wie befriedigt die Jungens diese ländliche Umgebung zur Kenntnis nahmen und die Verständigung ist bekanntlich – bei den ungleichen Dialekten – am Anfang gar nicht so leicht. Aber sie sind sich im Laufe der Zeit schon näher gekommen, die Kölner und die Innviertler und heute sind sie ein Herz und ein Sinn. Daß die Buben so wacker bei jeder Arbeit zugriffen, hat auf die schwer schaffenden Landleute allerhand Eindruck gemacht. Die Jungens waren aber nicht nur bei allen Erntearbeiten dabei, sie haben Einsatz geleistet wo immer man sie brauchte und keine Arbeit gescheut. Einmal halfen sie einem Bauern aus großer Verlegenheit. Eine Scheune war abgebrannt. Sie war endlich glücklich erneuert worden, aber nun fehlte es an Kräften sie zu decken. Da haben die Geretsdorfer sich aufgemacht und 12 000 Stück Ziegel angereicht. Auf diese Weise war die Arbeit schnell geschafft und die Achtung vor den fleißigen Helfern stieg gewaltig.
Ein anderes Blatt erzählt von Kulturarbeit, die durchaus beachtlich ist. Z.B. die Spielzeugaktion. Was die Geretsdorfer gebastelt haben, zeigte nicht nur den Fleiß, sondern auch von erfinderischen Köpfen. Ganz vielgestaltig waren die Dinge, die im Lager „Zollner" entstanden. Da gab es eine Bauernstube, die sich sehen lassen konnte, ein Riesenrad zur Erinnerung an die Großfahrt, es gab Möbelwagen und Tanks, eine niedliche Uhr, eine Windmühle, hämmernde Zwerge, ein Ringelspiel. Unmöglich alles aufzuzählen. Eine glänzende Idee war die Ausstellung, welche abschließend gemacht wurde und die bei den Einheimischen große Bewunderung hervorrief. Im Tagesraum waren vier
Tische gedeckt worden. Jeden der Tische kennzeichnete eine Figur, aus Sperrholz angefertigt, von besonderer Größe und gleichsam symbolisch für das ausgestellte Spielzeug. Der erste Tisch: Krieg. Ganz große Burg, eine Menge Soldaten darin. Um sie herum alles was dazu gehört: Tanks, Kanonen usw. Ein friedliches Bild auf dem nächsten Tisch: die Gänsehirtin inmitten der passenden Tierwelt. Auf dem dritten Tisch ein Jäger. Um ihn die Meute, Hasen auf der Flucht. Auf dem vierten Tisch ein großer Bahnhof. Zu diesem gehörten alle die vielen modernen Verkehrsmittel. Daß diese Ausstellung Eindruck machte, ist kein Wunder und daß die Kinder sehnsüchtige Augen machten. Der Weihnachtsmann scheint dies bemerkt zu haben, denn er hat sich daraufhin einige schöne Sachen für die Geretsdorfer Jungen ausgebeten. Selbstverständlich haben die Jungen auf das hin erst recht wieder einen „Stein im Brett", wie man hierzulande sagt, wenn jemand es versteht, sich die Menschen geneigt zu machen.
Der „Hochwald" ist immer noch nicht am Ende seines Berichtes. Er weiß auch von einem Kulturabend, den die Geretsdorfer über Einladung der NSDAP in St.Georgen gaben. Übrigens haben da auch die Burgkirchner mitgewirkt und je zwei Lieder und Gedichte vorgetragen. Die eigentlichen Träger der Veranstaltung, die am 12. Dezember stieg, waren aber die Geretsdorfer. Der erste Teil des Abends stand unter dem Motto: „Das schöne Deutschland. Es gab da einen Sprechchor zu diesem Thema, dann sangen einheimische Mädchen das „Mattiglied", worauf die Burgkirchner ihre Vorträge zum Besten gaben. Der zweite Teil hieß: „Das eiserne Deutschland". Zwei Szenen aus dem „Götz von Berlichingen" bildeten den Hauptinhalt. Ein Junge sprach erst eine Einführung, dann folgte die Belagerungsszene auf Jaxthausen, nach den Lied: „Wohlauf Kameraden...", mit dem die Szene abschloß, folgte die Sterbeszene, die mit dem Lied: „Durch Flandern reitet der Tod.." beendet wurde. Wiederum befaßte sich ein Sprechchor mit dem Thema des zweiten Teiles, worauf ein dritter, heiterer Teil folgte. Beim Lustspiel der „Zechpreller" gab es ein nicht endenwollendes Gelächter. Sowohl die ernsten als auch die heiteren Darbietungen waren ganz auf der Höhe und trugen den Jungen stürmischen Beifall ein. Daß sie in kürzester Zeit wieder ran müssen, steht bereits fest. Nun sagt mal: klappt hier der Laden oder nicht? Der „Hochwald" meint jedenfalls, daß die Geretsdorfer ganz „auf Draht" sind und im Jahre 1944 nur so weitermachen sollen.
Winterfreud´
„Ganz tolle Sache! Mann guck doch mal raus. Es schneit. Hurra, o toll, toll!
So ging das eines Morgens im Lager los, als das so lange erwünschte und ersehnte weiße Etwas endlich vom Himmel fiel.
Kaum das die Schule aus war, hingen wir draußen. Schneebälle fauchten durch die Luft, und mancher betastete im Geheimen seine blauen Flecken. Bald lag unser Lager unter einer dichten Scheedecke und Doppelfenster und andere Scherze traten in Aktion, um die grimmige Kälte abzuhalten.
Nachmittags gabs im H.J. Dienst und in der Freizeit tolle Schneeballschlachten. Schlitten wurden im Dorf entliehen und ein herrliches Leben lief vor uns ab. Der Lmf. lieferte
sich folgendes.
Ein gewisser eiserner Schlitten, der im Ruf stand, besonders gut zu laufen, war gerade frei. Er schwingt sich drauf und zwar in Bauchlage. Es war nun ganz schnell die Bahn ziemlich glatt geworden und so gondelte der gute Mann mit 80 los. Wie üblich wirft man sich kurz vor dem Weg vom Schlitten. Aber diesmal war es wirklich ein arg „Kurzer", wie der Fachmann sich ausdrücken würde, und so saust er, dem Gesetze der Physik folgend, daß da vorschreibt, „daß ein in Bewegung befindlicher Körper so lange in Bewegung bleibt, bis er durch eine Kraft in den Zustand der Ruhe versetzt wird", in eben dem selben 80 Sachen Tempo weiter, und brummt mit seinem harten Schädel gegen die freundlich sich ihm entgegenstemmende Wand des Weges. Nun ja, wer den Schaden hat braucht für den Spott nicht zu sorgen. So auch hier. Er zog keinen „Kurzen" mehr. Ähnliche Scherze kamen noch oft vor und wirkten immer sehr belustigend. Aber vor Nachahmung wird gewarnt.
Doch nicht nur solche Aufgaben und Scherze gab es, sondern auch andere Kleinigkeiten. So hieß es zum Beispiel eines Morgens „Freiwillige vor zum Schneeschaufeln". Da war der Weg zum Lager verschneit, und das Fuhrwerk mit Milch und anderen Lebensmitteln konnte nicht durchkommen. St.Georgen, Forstern und Burgkirchen verschwanden als schwache Silhuetten im Schnee. Aber mit der Zeit wurde uns der Schnee doch lang, und als er endlich wegtaute waren wir ganz zufrieden.
Silvester!
Alle Dinge die auf dieser Welt sind, kommen und gehen. Alles ist vergänglich. So auch das Jahr 1943 das wir jetzt zu Grabe trugen. Aber nicht das etwa eine sentimentale Stimmung herrschte. Mitnichten. Ausgelassen und lustig schlugen wir uns den ganzen Tag herum
Am Abend platzte dann die Bombe. Ein lustiger Abend im Kreise der Lagermannschaft sollte das für uns so ereignisreiche Jahr beschließen. Frau Zollner sorgte auch mit allerhand Kunstwerken aus ihrem Reich, daß die Stimmung in die Höhe stieg. Ein kleines lustiges Stück brachte schon endlose Lachsalven. Dann ging es fort. Ein Schattenspiel mit Dr. Eisenbart wurde zwerchfellerschütternd aufgenommen. Eine tolle Stimmung. Endlich wurde es feucht. Gläser wurden geschüttelt, Flaschen geschwenkt, Propfen knallten, und feuriger Wyski mit Chrachel immitiert perlte in den Gläsern.
Wie echte Kölner lachten wir uns furchtbar tot.
Ein Scherz jagte den andern! Langsam verann die Zeit. 10 Uhr, 11 . Wir merkten es gar nicht, die Stimmung hatte den Höhepunkt überschritten. Ernste Gespräche über das vergangene, hoffnungsfrohe Reden über das kommende Jahr hatten jetzt das Vorrecht. 12 Uhr. Wir gehen runter in den Eßraum und setzen uns an das Radio. Wir hörten die Domglocken und dann lauschten wir der Neujahrsbotschft des Reichsjugendführes, der zu der deutschen Jugend sprach. Kurz nach Schluß der langen Rede hieß es dann „Fertig machen zum Zapfenstreich!" Tief schliefen wir bald in das neue Jahr hinein.
„Mit Mann und Roß und Wagen!
Es regnete schon ein paar Tage. Dementsprechend war unsere Stimmung. Schlimmer konnte es nach unserem Ermessen gar nicht mehr kommen. Kurz nach dem Mittagessen kommt der Lagerleiter in den Tagesraum. Sein Gesicht ist ziemlich ernst, und wir machen uns auf allerhand gefaßt. Er gibt dem L.M.F. ein Schreiben und sagt nur: „Vorlesen"!
Der L.M.F. schnappt sich den Wisch. Da verdüstert sich auch seine Miene. Was ist denn das bloß für ein Unglückszettel?
Langsam liest er vor:
Das K.L.V.- Lager Gasthof Zollner Od/48 wird ab sofort mit dem K.L.V.-Lager Od/47 Gasthof Schabetsberger in Burgkirchen zusammengelegt. Lagerleiter ist Dr.Acker!
Heil Hitler!
Unterschrift (unleserlich)
Bums, da saß es. Keiner sagt einen Ton. Leise standen wir auf. Dann dröhnten Haus, Gegend und Ort wider von
unserem Geschrei.
Proteste wurden erhoben, geflucht, gewettert und geschimpft. Wir waren vollkommen deprimiert. Aber da war nichts zu ändern. Befehl ist Befehl.
Jeder wollte gleich nach Hause fahren, aber endlich war man dann soweit, daß die Vernünftigsten sich schon mit der Tatsache abgefunden hatten, daß wir unser schönes Lager nun verlassen mußten. Am 17.1. waren wir 9 Monate da, und gerade am 17.mußten wir umziehen. Es war einfach zum bebaumölen [?]. Ganz Tolle packten schon ihre Koffer. Es ging los. Eisern, stur wie Panzer nahm nun alles seinen Gang. Beim nächsten Bauern liehen wir uns einen Handwagen und dann fuhren die Ersten ihre sämtlichen Klammotten ins andere Lager, das Gott sei Dank nicht weit weg im Nachbarort lag. Wie transnistrische Auswanderer kamen wir uns vor. Langsam aber sicher machten wir
unser Lager leer.
All das, was wir in langer Arbeit im alten Lager erarbeitet hatten, nahmen wir soweit es ging, mit hinüber. Wir hatten alle ein ausgesprochenes Gefühl für Tradition, und so schleppten wir alles mit. Am 15. Abends konnte man mit Schiller deklamieren „Öde und leergebrannt ist die Städte, wilder Stürme rauhes Bette".
Am 16. Januar fuhren wir dann mit einem großen Leiterwagen noch 8 Bettgestelle und 1 Spind hinüber. Mit jedem Stück, das unser uns so lieb gewordenes Lager verließ, wurden wir trostloser, und gingen, finstere Verwünschungen gegen den der Schuld dran war im Herzen tragend, herum.
Wer der arme Mann war, wußten wir selber nicht.
Als einzigstes und letztes Zeichen flatterte noch unsere Fahne, an die wir so manchen wenngleich auch kleinen Lorbeer geheftet hatten. Aber als ob sie wüßte, das sie nun in andere Hände überging, hing sie schlaff vom hohen Mast herunter, den in 13 m Höhe der K.L.V.-Adler zierte. Unseren Fahnenplatz mußten wir [unleserlich].
Am anderen Tag sollten wir endgültig umziehen.
Es war an einem Sonntag den 17.1.1944
Unsere gute Frau Zollner und ihr Personal legte uns zum Abschied nochmal einen einzigartigen Abschiedsschmauß, das sich die Wände bogen. Wir erkannten das natürlich dankend an.
Zum letzten Male teilte uns der Lagerleiter Bonbons aus. Am Mittag hatten wir nochmal Ausgang bis 6 Uhr. Nachdem Abendessen hieß es scheiden. Zum letzten Mal waren wir zur Flaggeneinholung angetreten. Langsam sank unsere Fahne . Zum letzten Mal. Unser Lager in Geretsdorf war zu Ende.
„Kopf hoch" Johannes!
Im Flur verabschieden wir uns von der Familie Zollner, die uns so viel Gutes erwiesen hat, und von Frau Kathi. Manches Auge wird feucht, und wir wenden uns ab. Der Abschied fällt uns doch schwer.
Langsam ziehen wir durch die Nacht dem neuen Lager zu. Leb wohl, Geretsdorf.
Erinnerungen an Geretsdorf
Lagerleben: schönes Leben!!
[Abb.:] Die Lagermannschaft
Fröhlicher Gesang an der ???
„Gib ihm Saures!“
Der Schlafsaal
Geländedienst und Lagerleben!
[Abb.:] Ausmarsch ins Gelände
Ein guter Erfolg: 4 Eimer Waldbeeren
„Pst“
„Wie du mir, so ich Dir!“
Im Wald und auf der Heide
Lagerchronik des KLV-Lagers Schabetsberger OD/47
Burgkirchen, am 17.I.44
Die Lagermannschaft
Günther Pöltgebn
Einleitung
Nun haben wir die letzten Beziehungen zu dem Vergangenen abgebrochen. Nach alter Tradition werden wir nun drangehen, unser neues Lager genau auf Tour zu bringen, wie unser Altes.
Die Lagerchronik werden wir natürlich weiter führen. Alles weltbewegende und markerschütternde „hinein"! Mist und Tineff „raus"! Sie soll uns später ein schönes Erinnerungsstück sein, an die Zeit, die wir hier in Oberdonau verbracht haben. In gemeinsamer Arbeit mit dem Burgkirchener „Traditionlager" wollen wir uns nun ranmachen.
Mal sehen was dabei raus kommt.
Burgkirchen, am 20.1.44
Die Lagermannschaft
W. Adolfs, Rud. Acker, H. Bonn, Bruner, G. Kuhlen, G. Pöltgen Lmf.
Große Schnitzeljagd!
Lange war mal wieder kein Schnee gefallen. Also kam er nun in Haufen. Es schneite tagelang, wochenlang. 2 Wochen hatte es nun geschneit. Fast ¾ m lag auf den Feldern der Schnee. Am ersten Tag, an dem es nicht schneite, unternahmen wir eine tolle Schnitzeljagd. Eine Gruppe von Jungen liefen vor und zeichneten überall Viisitenkarten in den Schnee. Täuschen war natürlich erlaubt. Wir zurückbleibenden Söhne machten uns auf allerhand gefaßt. Mit einer Stunde Verspätung rückten wir aus. Wie alte Sioux-Indianer schlichen wir den Spuren nach. Oftmals verloren wir sie. Dann hatten wir eine Fehlleitung entdeckt und mußten noch mal zurückgehen und von vorne den Anfang suchen. Stundenlang schlugen wir uns über die Schneefelder vorwärts. Sackgassen wurden entdeckt. Nur unsere Füchse entdeckten wir nicht.
Na wartet, Euch kriegen wir auch noch. Ein Trupp war nach einem kleinen Vorstoß in‘s Niemandsland auf eine doppelte Fährte getroffen. Wir folgten nun dem Weg, der uns quer zur Ursprünglichen Richtung auf die Straße führte. Schnurgerade brauchten wir nun nur noch den Pfeilen nachzugehen die überall im Schnee leuchteten. Eine kleine Finte erkannten wir früh genug und fielen nicht drauf herein. Es dauerte auch gar nicht lange, als wir die Gesuchten auf den Höhen eines Steinbruchs entdeckten. Schnell waren wir bei Ihnen und dann ging es wegen der schnell einfallenden Dunkelheit Tempo nach Hause. Unsere anderen Gruppen waren einen weiten Irrweg gelaufen und mußten unverrichteter Dinge heimziehen.
Strömt herbei, ihr Elternscharen
Im Rahmen der K.L.V. schuf der Führer zu Beginn des Jahres 1943 die K.L.V. Elternbesuchszüge. Jedes K.L.V.Lager im Reich hatte nun Gelegenheit, einmal im Jahr einen Elternzug zu empfangen.
Wir hier im Gau Oberdonau waren nun schon über unsere Zeit hinaus fast ein Jahr hier, und so kam es denn, daß auch zu uns ein Elternzug kam. Am 4.März sollte unser großer Tag sein.
Aber getreu allem Papierkrieg verschob sich die Ankunft auf den 19. Und dann auf den 22.März.
22.März sollte nun der eigentliche Tag sein, an dem nun der große Schlag steigen sollte.
Eifrig wurde alles vorbereitet. Tannengrün wurde geholt. Schilder wurden gemalt und eifrig alles ausgeschmückt .In der Nacht schneite es wieder ganz tüchtig. Am anderen Tag ging es nun raus. Mit Schlitten und anderen Sachen fuhren wir an die Bahn.
Aber o , Enttäuschung.
Morgens kamen sie nicht an. Also wieder zurück.
Am Mittag, endlich kamen sie um 5 Uhr mit dem Zuge an. Mit lautem Hurra und Tamtam wurden sie begrüßt, und dann im Triumpfzug ins Lager geführt. Alles glänzte und strahlte, und war alles toll ausgeschmückt.
Zum Abendessen saßen wir dann alle im großen Eßraum zusammen. Mit gutem Appetitt hielten auch die Eltern mit. Der Lagerleiter begrüßte dann erstmal unsere lieben Gäste.
Nach dem Abendessen unterhiielten wir uns dann noch lange Zeit mit den Eltern. Dann hieß es auch schon „fertig machen", denn am nächsten Tage sollte unser großer Lustiger Abend starten. Voller Erwartung ging es in die Falle.
Am anderen Morgen schneite es wieder vom Himmel hoch. Der größte Teil der Lagermannschaft probte für den Abend. Der Rest war mit den Schlitten rausgefahren und brauchte erst zum Mittagessen zurück zu sein.
Langsam verrann die Zeit. Im Tagesraum wurde tüchtig gearbeitet. Endlich war es so weit. Es konnte losgehen
6 Uhr. Erwartungsvoll saßen unsere
Gäste da.
Ein tolles Programm rollte ab. Von der Scharade bis zum guten Witz war alles vertreten.
Das eingelernte Stück „August als Ehestifter" rief wahre Lachsalven hervor und der Lagerleiter saß auf seinem Stuhl und lachte, daß man meinte er möchte nicht mehr aufhören. Am Schlluß unseres Bunten Abends sangen wir unser Heimatlied „Ich möch zo Fooß no Kölle jan"
Nach den Aussagen unserer Eltern zu urteilen war der Abend sehr gut. Die Hauptsache das es ihnen gefallen hat. Leider mußten die Eltern am nächsten Morgen schon wieder fahren, denn der Transport wartete nicht.
Alle Mann hoch war die ganze Lagermannschaft angetreten als wir Alle zur Bahn zogen. Manches Auge wurde feucht als der Zug abfuhr, aber im Kreise der Kameraden kam man leichter darüber weg. Auf dem Rückweg lachte man schon wieder.
Eine schöne Zeit war wieder vorbei.
Heute erhielten wir die traurige Nachricht, daß unser L.M.F. im Osten den Heldentod gestorben ist:
[Text der Todesanzeige:]
Schmerzerfüllt geben wir bekannt, daß nun auch unser geliebter jüngster Sohn, unser sonniger Bruder, Schwager und Neffe
Grenadier
Paul Udelhofen
Im Süden der Ostfront, am 17.Februar 1944 im Alter von 18 Jahren sein hoffnungsvolles Leben für das Vaterland geopfert hat. Er folgte seinem Bruder Hans, der am 25.Februar 1943 im Osten den Heldentod erlitten hat.
In tiefem Schmerz:
Valentin Udelhofen und Frau Berta geb.Weber.
Gertrud Schmitz geb.Udelhofen
Hildegard Udelhofen
O.-Gefr.Willi Udelhofen
Uffz. Jakob Schmitz
Rheinbach den 16.März 1944
Das feierliche Seelenamt für den lieben Gefallenen wird gehalten am Mittwoch, den 22.März 1944, morgens 9 Uhr in der Pfarrkirche zu Rheinbach. Zweites Seelenamt am Donnerstag, den 23.März 1944,7.50 Uhr.
Erinnerungen an unseren LMF
Große Wienfahrt August 1943
KLV marschiert
[Abb.:] Auf der Wienfahrt
In Schönbrunn
Auf dem Schiff
Hochwasser
Es dauerte gar nicht lange, als es endlich anfing zu tauen. Tagelang hatten wir darauf gewartet, denn der Schnee wurde langsam zuviel und er stand uns bis zum Hals. Endlich begann er nun wegzutauen. Mit wachsender Ungeduld sahen wir dem langsamen Vorgang zu, begierig endlich mal wieder auf die Wiesen und in den Wald gehen zu können.
Als es endlich nun soweit war, sollte uns eine tolle Angelegenheit flach auf die Nase legen.
Eines Morgens wurden wir von einem eigentümlichen Rauschen wach. Bei der Flaggenparade blickten einige schon verstohlen in die „rauschende" Richtung. Was konnte das nur sein? Nach dem Kaffee war Freizeit und schon war alles in alle Winde verstreut. Bald darauf lief dann die erste Botschaft ein.
„Hochwasser"
Jeder sauste nun so schnell wie möglich zum Hochwasserort. Die Mattig war
stark über die Ufer getreten, und hatte weite Landstriche tief überschwemmt. Ganze Häusergruppen standen inmitten großer Wasserflächen, und die Bäume ragten nur noch mit den Kronen aus dem Wasser.
Unsere „Quös" stapften natürlich mitten im Wasser herum. Mit einem Backtrog gondelten einzelne Rabauen auf den vereinzelten Riesenseen herum.
Aber nicht nur Mist und Fez wurde gemacht, sondern auch andere Sachen packten sie an. So halfen sie beim Anlegen von Notstegen und beim Ausheben von Wassergräben. Die Straße nach Burgkirchen war vollkommen überschwemmt und nur die Bestiefelten und barfußlaufenden konnten die Strecken passieren. Tagelang stieg das Wasser noch bis es in der Nacht von Ostermontag auf Dienstag den Höchsten Stand erreichte. Am Abend des Ostermontag, es regnete vom Himmel hoch, kam plötzlich die Dorfschul-
lehrerin zum Lagerhalter, und berichtet mit sorgenvoller Miene. das im Keller der nahen Schule schon das Wasser stünde. Ganz genau wurde nun das Steigen und Fallen beobachtet und als das Wasser gegen Abend doch weiter stieg, hieß es [unleserlich] der Keller des Lagers müßte ausgeräumt werden.
Schnell runter mit der [unleserlich] ...tagskleidung. Rein in das Turnzeug [unleserlich] dann ging es mit vereinten Kräften ran. Kistenweise wurden Kartoffeln, Äpfel und andere Lebensmittel und Konservenbüchsen aus dem immer feuchter werdenden Keller herausgetragen und in Schuppen untergebracht …
[... mehrere Zeilen nicht leserlich ...]
mit gutem Appetitt ging es zum Essen.
Am anderen Morgen stand der Keller einen halben Meter unter Wasser. Besser zu früh als zu spät.
Ein Jahr K.L.V.
Wir näherten uns in der letzten Zeit immer mehr einem gewissen Tag. Im Allgemeinen haben die Tage nichts Besonderes, aber der kommende Tag war nun ein ganz besonderer Tag.
Es war der 17.April.
Manchem stieg da eine dumpfe Erinnerung auf. 17.April? Ach Mensch ist doch klar! Weißt Du noch? Damals und so tönt es bald durcheinander. Ja, nun wissen es alle, die bisher stumpfsinnig wie jeden anderen den Tag betrachtet hatten.
Am 17.April 1944 waren wir
1 ganzes Jahr,
genauer 366 Tage in K.L.V. Das war mindestens ein Grund zum Feiern, zum wenigsten aber des Anstreichens im Kalender wert. Da eine ganze Reihe Eltern anwesend waren, und wir es auch für nötig hielten, wurde der Tag festlich aufgezogen. Daß wir trotzdem 3 Stunden Schule hatten regte uns weiter schon gar nicht mehr auf. Unsere Gedanken kreisten nur um das 1. ganze Jahr.
Gegen 4 Uhr begannen wir mit dem Budenzauber.
Das ganze Lager war im Eßraum versammelt, und harrte der Dinge die da kommen sollten.
Ein kleiner lustiger Vortrag bringt uns die richtige Stimmung. Lustige Lieder, Heimatwitze und andere Scherze tragen mit zur guten Stimmung bei.
Ganz besonders freudig wird eine sich daran anschließende Verlosung begrüßt.
Einen ganzen Hut voller Lose reicht der Lagerleiter herum, und ganz allein und vorsichtig wählt nun jeder sein Los.
Atemlos öffnet es nun jeder. Dann beginnt die Verlesung. Da kommen viele schöne Sachen zur Verteilung, Briefpapier, Kämme, Knöpfe, Radiergummi, Notizblocks und andere Sachen. Aber jeder ist mit seiner Wahl zufrieden. Aber wie alles vergeht auch der Tag schnell, und bald heißt es wieder fertig machen.
Wir aber hoffen, daß wir unser zweites K.L.V. Jahr ebenso gut herumkriegen, wie unser erstes.
18.4.1944
Burgkirchen
Rheinbach, den 10.4.44
An den Lager.m.Führer
u. Lagermannschaft
K.L.V.Lager Burgkirchen.
Für Ihre und der Lagermannschaft übermittelte innige Anteilnahme, hat uns tief bewegt. Wir danken herzlich dafür. Sie können sich denken, was wir an Paul verloren haben. Es ist unfaßbar für uns, dass der grosse, tapfere Junge, nie mehr zu uns zurück kehren wird. Als Andenken sende ich dem Lager ein Bild als Soldat, und einen Totenbr...?....Leider besitze ich keine mehr, hätte gerne für jeden Jungen einen beigelegt
Daß Sie alle mit uns empfinden und trauern, empfinden wir tröstend.
Ihre Familie V. Udelhofen
[Text des Totenzettels:]
Zum frommen Gedenken an den Grenadier Paul Udelhofen
Er war geboren am 19.Dezember 1925 in Rheinbach, als jüngster Sohn der Eheleute Valentin Udelhofen und Berta geb. Weber. Seit dem 1.Sept.1943 Soldat, kam er am 29,.Januar 1944, im Süden der Ostfront , zum Einsatz. Daselbst fand sein hoffnungsvolles Leben, am 17.Februar 1944, allzufrüh seine Vollendung. Von jungem, frischem Geist beseelt, folgte er dem Rufe des Vaterlandes, seinen auch im Osten gefallenen Bruder als leuchtendes Vorbild vor Augen. Er war der Stolz und die Freude der Eltern und Geschwister, die sich in stillem Schmerz dem unerforschlichen Ratschluß Gottes beugen. Fern der so sehr geliebten Heimat, wurde er auf dem Heldenfriehof Rosnoje zur letzten Ruhe gebettet.
Führers 55. Geburtstag
Wieder einmal, nun schon das zweite Mal in unserer K.L.V.-Zeit nahte sich Führersgeburtstag. Natürlich war es für uns eine Selbstverständlichkeit, daß wir an diesem Tage in das nahe Braunau fuhren.
Der weit überfüllte „Mattigexpress" brachte uns dann auch am Morgen des 20. April gut in die Geburtsstadt des Führers. Viele andere K.L.V.Lager waren noch vertreten, aber klein die Anzahl derer, die schon im Vorjahr den Geburtstag unseres Führers hier verlebt hatten. Darauf konnten und waren wir auch stolz und marschierten mit geschwellter Brust als Glied einer endlosen Marschkolonne. Das Ziel war zuerst Simbach,
wo der Gebietsführer eine Ansprache an uns hielt. Auf dem Marsche zum Geburtshause des Führers versuchte nun ein Marschblock den anderen mit dem Singen zu übertrumpfen. Unser L.M.F. hielt es jedoch für besser auf der Brücke nicht singen zu lassen, da sonst wohl die Brücke durch unseren bahnbrechenden Gesang unter unseren Füßen zusammengebrochen wäre. (Bitte nicht wörtlich zu verstehen!) Nun, am Führerhaus angekommen, stellten wir uns zu einer kurzen Feier zusammen. Nach einer Rede des stellvertredenden Gauleiters wurden die Zehnjährigen in die H.J. aufgenommen. Wiederum formierten sich alle H.J. Einheiten und nun begann der große Propagandamarsch durch das festlich geschmückte Braunau. Nun erst gelangte es erst richtig an die Öffentlichkeit,
was es bedeutet, ein Jahr in K.L.V. zu sein. Jetzt zeigten wir, daß wir nicht nur in der Schule sitzen und „brüten" können, sondern daß wir auch marschieren und singen konnten, das sagten uns die zusagenden Gesichter der Ritterkreuzträger, die die Straße säumten. Straff aufgerichtet und immer wieder ein neues Lied auf den Lippen, gelangten wir dann schließlich (an der Hinterfront des Führergeburtshauses) an. Erst jetzt begann die eigentliche Geburtstagsfeier. Unser Gauleiter Pg. Eigruber dankte noch einmal dem Führer im Namen des Gaues für seinen einmaligen Einsatz dem Volke gegenüber. Durch seine Ansprache stärkte der Gauleiter allen noch den starken Glauben an den Führer und auch an den Sieg! Ein solcher Tag wird wohl allen von uns unvergeßlich bleiben.
R.S.W.K.
Lange vorher schon hatten die Vorbereitungen zum Reichssportwettkampf begonnen. Schließlich wollte ja jeder von uns ein Sieger werden und darüber hinaus sollte unser Lager ja, wenn auch nicht das beste, dann aber eines der besten Lager im Sporte sein. Tag für Tag übten wir uns in den drei Sportarten. – Endlich war der große Tag herangerückt, der 1.7.44, an dem der R.S.W.K. stattfinden sollte.
Frisch und munter ging‘s am Morgen aus den Betten. Nach dem Kaffee rückten wir dann, nachdem noch jeder mal seine Glieder einer Prüfung unterzogen hatten, geschlossen nach Mauerkirchen ab. Dort war uns der Sportplatz zur Verfügung gestellt, auf dem ebenfalls die K.L.V. Lager von Mauerkirchen und die einheimische Jugend den R.S.W.K. durchführten. Wir machten uns zuerst mit allen Hindernissen vertraut, und dann ging’s
los. Jeder gab sein Bestes, strengte sich an bis zum Äußersten, um immer wieder bessere Ergebnisse herauszuholen. Zuerst war das Springen an der Reihe. Hier schon bemerkte man einen gewaltigen Aufstieg im Vergleich zum vorigen Jahre. Von der H.J.Mannschaft sprang keiner unter 4 m , während der Beste von uns 5.20 m weit sprang. Ein gutes Ergebnis und befriedigt gings ans Laufen. Trotzdem die Laufbahn nicht gerade gut war, erzielten wir auch hier durch den immer mehr steigenden Eifer, ganz gute Ergebnisse. Verschiedentlich mußte man staunen, wo dieser oder jener solche schnellen Beine her bekommen hatte. Auch hier zufrieden, machten wir uns dann fertig zum Keulen- bzw.
Hier legten nun Verschiedene von uns ihre Hoffnung darauf, weil vielleicht bei den anderen 2 Sportarten ihnen irgendetwas im Wege war, z.B. Bein verknackst usw. Wie gesagt, rüstete man sich zum "letzten Kampf" und dann wohl mit letzter entsprechender Kraft gab es Leistungen, wo selbst der Betreffende in Staunen versetzt wurde. Bisher hatte unsere H.J.Mannschaft mit uns gekämpft, jetzt aber schieden sie von uns zum Schlagballweitwerfen. Ab und zu blinzelte einer von uns hinüber. Auch dort hörte man ganz angenehme Zahlen. 45 m, 50 m ja sogar 53 m weit wurde erzielt. Während bei uns ebenfalls das Werfen zu Ende ging, kam der R.S.W.K. zum Abschluß. Nicht gerade untätig waren wir zu diesem Erfolg gekommen. (Nebenbei sei erwähnt, daß der beste Keulenweitwurf 49 m betrug). Nach solchen großen Leistungen marschierten wir alle froh nach Hause und hofften wohl alle beim Bannsportfest ebenso gut, vielleicht noch besser abzuschneiden.
Zum zweiten Mal:
Bannsportfest
Vom 25.6. – 26.6.44
Nachdem wir auf dem Reichssportwettkampf ganz gut abgeschnitten hatten, wurden wir vom Bannführer Hellwagner auch zum Bannsportfest eingerufen. Mit hoffnungsvollem Herzen fuhren wir los. Wußten wir doch, was wir konnten, und das stärkte unser Selbstvertrauen.
Frühmorgens zogen wir ab in Richtung Braunau. Unser Logis war in einer mit Stroh ausgelegten Turnhalle. Dort luden wir erstmal unser Gepäck ab, um dann anschließend zum Sportplatz zu marschieren. Unsere Kleinen, die in einer D.J.Mannschaft starteten, mußten gleich ran. Wir hatten noch etwas Zeit, da wir erst Nachmittags zum H.J.Mannschaftskampf antreten mußten.
Gleich nach dem Mittagessen, daß wir in der Kaserne zu uns nahmen, ziehen wir zum Sportplatz hinaus. Gleich geht es ran.
Wir sind ganz gut in Fahrt.
Zuerst gehen wir zum Sprung. Da wir an eine verhältnismäßig schlechte Grube gewohnt waren, erreichten wir hier in der weit besseren ganz tolle Zählchen wie 5.30 m, 5 m, 4.90 m usw. Wir waren aber ganz zufrieden.
Genau wie im Sprung erreichten wir auch im Laufen ganz gute Leistungen. Auf keinem Training hatten wir das je erreicht, das wir jetzt erreichten.
Im Wurf, den wir kurz darauf hinlegten nahmen wir uns nochmal ganz besonders zusammen, galt es doch aufzuholen, was wir in den beiden anderen Disziplinen nicht erreicht hatten. Der weiteste war 49 m, der schlechteste Wurf 30 m. Das konnte sich sehen lassen.
Ganz gespannt erwarteten wir die Siegerehrung am nächsten Tag. Aber erst mußten wir Unterführer noch den Führerfünfkampf mitmachen. Leider waren wir in allen Sportarten nicht trainirt, so daß nur einer einen Preis erzielte.
Siegerehrung
Ganz gespannt warteten wir. Da endlich verlaß der Bannführer auch uns 2. Sieger H.J. Kurze Zeit. 2.Sieger K.L.V. dann noch 3 Einzelsiege. 1.Sieger Weitsprung, 2.Sieger 100 m Lauf, 5.Sieger Führerfünfkampf.
Heute zieren unsre Preise die Ehrentafel im Lager.
Gebietssportfest 1944
Stolz waren wir mit unseren Siegen heimgekehrt und hatten uns genügend bewundern lassen. Als aber eines Tages ein Junge des Lagers nach Braunau fuhr, kam er mit einer Nachricht zurück, die wenigstens uns beteiligte Knaben auf die Nase legte.
Unsere drei besten Lagersportler sollten zum Gebietssportfest nach Wels einberufen werden. Das legte uns um.Voriges Jahr hatte ein widriges Geschick uns die Sache vor der Nase verbaut, und jetzt sollte es klappen. Das war ja direckt Gottvoll. Eines Tages kam der Einberufungsbefehl mit dem Fahrschein.
Voller Optimismus gondelten wir los Wir wußten zwar nicht ob wir Aussichten irgendwelcher Art hatten, aber trotzdem. Wir wollten das Kind schon schaukeln.
Und wirklich. Als wir uns mit 80 Sachen in Wels ausgetobt hatten, hatten wir unseren Erfolg in der Tasche. Jeder brachte einen Preis mit und das besagte genug. Aber nicht nur die bisher bekannten Disziplinen
traten in unseren Gesichtskreis.
Zwei von uns hoffnungsvollen drei Sportlern machten auch noch den Wehrsport-Fünf-Kampf mit. Der Wehrsportfünfkampf stellt sich zusammen aus 1. 18 km Marsch. 2 Entfernungsschätzen, 3. Geländekunde. 4. Schießen. 5. Keulenwerfen mit Gepäck. 6. Keulenwerfen ohne Gepäck. 7. 200 m Hindernislauf. Er ist berechnet für 17-18-Jährige (1926-27). Wir waren 29er und hatten am Morgen den Reichssportwettkampf noch mitgemacht. Wir waren dementsprechend müde als wir am Abend, hundemüde und von der Sonne ausgeglüht, in das Stroh fielen. Für uns war es immerhin ein Training und eine nicht zu verachtende Leistung. Wer das bezweifeln möchte, soll es mal nach, oder besser vormachen.
Nach 4 Tagen Gebietssportfest kehrten wir dann in unser Lager zurück. Vom Bannführer bekamen wir ein paar Tage später unsere Siegerurkunden, die ihm der Gauleiter überreicht hatte.
Wir waren beteiligt am 1.Sieg der D.J.Mannschaft Braunau, und 2mal am 2. Sieg der H.J.-Mannschaft Braunau. Der Bann 540 Braunau am Inn hatte insgesamt 11 Siege errungen, davon 3 Mannschaftssiege. Es war das erstemal, daß Braunau als Sieger genannt wurde.
Alt-Aussee
Der L.M.F. und auch der Lagerleiter hatten schon davon gesprochen, daß der Beauftragte für die KLV in Oberdonau O-Stammführer Pleininger, den Lagern im Kreis Braunau eine tolle Sommerüberraschung versprochen hatte. Lange kauten wir daran herum, ohne indes etwas erraten zu können. Der L.M.F. spannte uns aber nicht lange auf die Folter, sondern erzählte kurz, daß man in landschaftlich schöneren Zeilen Oberdonaus Austauschlager für die Lager geschaffen hat, die in landschaftlich nicht so schönen Gegenden lagen.
Nun ja, das ließ sich hören, und und wenn es uns auch noch passierte, Ja, wir würden nicht "Nein" sagen. Nun, nach Baum? Und am Gebietssportfest traf dann im Lager die Nachricht ein, daß wir am 1. August nach Alt-Aussee Kries Gmünden für 14 Tage
verlegt werden sollten.
Die letzten Tage vergingen in eifrigen Vorbereitungen. Dort wurden noch die letzten Klamotten geflickt, Schuhe geputzt und Uniformen in Ordung gemacht. Langsam rückt nun unser Stichtag immer näher heran. Langsam steigt aber auch bei uns die erwartungsvolle Stimmung. Hoffentlich ist es bald soweit. Wir können es kaum erwarten. Auch plötzlich aufkommender Sturm und Regen können unsere Laune nicht mehr verderben. 31. Juli. Mancher geht bald aus den Nähten. Es lebe die Vorfreude. Aber zuviel ist auch ungesund. Am Abend fährt nach Braunau noch ein Eilbote, um noch ein paar wichtige Sachen zu erledigen. Das war dann auch die letzte Handlung vor der Fahrt.
6 Uhr morgens Zapfenstreich "Alles raus aus den Betten", Zack, zack, mit Tempo , tempo sind wir fertig.
7 Uhr. Abmarsch. Ade Burgkirchen.
Um 8 Uhr fährt unser Zug.
Nun sind wir endlich unterwegs. Langweilig ist die Bahnfahrt, und deshalb wollen wir sie lieber verschweigen.
Um 3 Uhr treffen wir in Bad-Aussee ein. Es regnet vom Himmel hoch und bald sind Koffer und Pimpfe klatschnaß.
Da wir keine Gelegenheit haben, mit einem Gefährt unser Koffer zu transportieren, müssen wir sie anfangs schleppen. Doch Dank der Mitarbeit des Lalei. Rektor König von "Enzian" bekommen wir einen Handwagen, auf dem wir die letzten 6 km unsere Koffer transportieren können. Es regnet noch immer Bindfäden und bald sind wir durch und durch naß. Aber das macht uns nichts aus. Stur wie Panzer ziehen wir unsere Bahn. Der Asphalt glänzt in allen Farben. Endlich kommt das Lager, welches hoch am Berg liegt in Sicht. Der hohe Jarstein reckt sich dahinter stolz in den Himmel.
Endlich sind wir nach abenteuerlicher Fahrt ans Ziel gelangt. Warmes Essen taut uns man wieder auf, und bald geht es ins Bett.
Anderen Morgens besichtigen wir erstmal die "loca", da heißt es auch schon "Freiwillige vor". 2 Mann müssen ins Dorf. Eine ganz gesunde Beschäftigung. Unser Aufenthaltsort ist das ehemalige Berghotel und jetzige K.L.V.-Lager "Panorama". Hoch am Berg gelegen hat man einen weiten Blick über das Ausseer Tal mit dem herrlichen See und dem Lofer, der uns so gerade gegenüber liegt. Sehnsüchtig schauen wir wohl oft zum wolkenverhangenen Gipfel empor. Könnten wir doch nur mal hinauf.
Wie im Fluge vergehen die ersten, leider verregneten Tage. Wir sind mit Heimarbeiten, Lesen, Schreiben und allerhand anderem ausgefüllt. Aber auch das wird sich, so Gott will, ändern.
Nach ein paar Tagen kommt auch der Lagerlehrer nach, mit ihm, zur allgemeinen Freude, "Schönes Wetter" und dann noch zur Freude des Hauptlagerleiters, Herr Zündorf, der Vater eines Jungen und dritter Mann zum Feierabendskat.
Im großen und ganzen schlägt das Wetter ganz um, und ein herrlicher Sonnenschein folgt dem Regen. An einem der nächsten Tage unternehmen wir einen Rundgang um den See. Über Alt-Aussee, am Lofer vorbei, führt uns der Weg, immer am Seeufer vorbeilaufend zur Seewiese. Dort wird gerastet, und wir treiben uns am Seeufer und an den Motorbooten, die auf Strand gezogen sind, herum. Aber auch die Zeit vergeht wie im Fluge, und bald streben wir wieder am See vorbei, in dessen Spiegel sich schon die Strahlen der untergehenden Sonne brechen, dem nahen Lager zu.
Am Samstag, wir beabsichtigen einen Abstecher zum Potschenpaß zu machen, kommt plötzlich eine umwälzende Mitteilung. Der L.M.F. pfeift in allen Fluren den Befehl aus: "Lagermannschaft in Sommer-Dienstanzug vor dem Lager antreten!" Eine wilde Fragerei hebt an, aber stur wie ein "Tiger" gibt der L.M.F. den Befehl und ist wieder weg.
Eine Viertelstunde später stehen wir in Uniform angetreten.
"Heute Mittag um 4 Uhr ist unten im K.L.V.-Lager "Pension Grill" Bunter Abend. Wir sind auch eingeladen. Macht Euch entsprechend in Ordnung, um ½ 4 rücken wir ab!"
Wir sind natürlich sehr gespannt. Ganz anständig singend und straff ausgerichtet marschieren wir unter Trompetengeschmetter in Grill ein.
Der Bunte Abend nimmt nun seinen Lauf, und wir sind gewiß angenehm enttäuscht, als wir am Abend abrücken müssen.
Am kommenden Sonntag steht ein Ausflug nach Grundlsee auf dem Dienstplan. Anfangs waren wir nicht sehr erbaut, aber mit dem Hinblick auf die Landschaft und ihre Reize wurden wir mitgeholt. Außerdem befand sich in Grundlsee die K.L.V.F.A.-Schule. Die mußte man natürlich gesehen haben. Also gingen wir mit.
Am Fuß des Tressenstein entlang zogen wir wie die Juden in der Wüste, einer hinter dem anderen. Auf und ab, durch das Tal, dann sich wieder am Berg hinziehend zogen wir auf dem nächsten Umweg zum Grundlsee. Die Trisslwand mit ihrer mächtigen Silhouette lag nun linkerhand, während zur Rechten der Rötling sich in den Himmel reckte. Der Hauptlagerleiter Hundhausen stellte uns freundlich Himbeerwasser zur Verfügung, und zeigte uns die Gegend. Es gefiel uns ganz gut, und jeder, der mal in das F.A.-Lager
kommt, kann wohl zufrieden sein. Unser Aufenthalt wurde dann in weitem Maße zu Wanderungen und zum Schwimmen ausgenützt. Endlich wurde er dann von einem Aufstieg auf den Loser gekrönt. Quietschvergnügt kletterten wir auf dem Loser herum. Von oben sah die Welt wesentlich anders aus, und deshalb hinterließ auch dieser, unser erster Aufstieg einen tiefen Eindruck auf uns. Allzuschnell vergehen die restlichen schönen Tage. Die Sonne scheint schön hoch vom Himmel, als wir am 15.VIII. mit Gepäck und Trara wieder abziehen. Das gemeinsame Trio des Küchenpersonals blickte uns noch mit gemischten Gefühlen nach. "Gott sei Dank" ? oder "Leider"? Uns ist es gleich. Wir kehren aber mit frischem Mut
in unser Lager zurück.
Es lebe ein gesunder K.L.V.-Alltag im eigenen Lager! Denn: ob im Osten oder Westen, in der Heimat ist`s am besten.
Im Schwimmbad
Nun waren wir schon bald eine Woche von Alt-Aussee zurück, und noch immer ist herrlichstes Wetter. Heiß brannte die Sonne vom wolkenlosen Himmel, und mancher Schweißtropfen wurde heimlich weggewischt.
So waren wir alle sehr angenehm enttäuscht, als am nächsten Samstag Schwimmen auf dem Dienstplan stand. Zwar mußten wir, um ins Schwimmbad zu gelangen, einen fast 9 km langen Weg bewältigen. Das schreckte wohl einige ab, aber alle anderen wollten doch mit.
Im Eilmarschtempo zogen wir über die im Sonnenglast liegende Landstraße gen Braunau.
Die nächsten Umwege wurden gemacht, und so dauerte es dann rund 1 ½ Stunden, bis wir in Braunau eintrudelten. Stramm marschierten wir das letzte Stück durch die Stadt, wie das sich ja für ein anständiges K.L.V.-Lager gehört. Bald tauchten wir im Gewühl der zum Schwimmbad strömenden Massen unter. Schnell waren die Eintrittskarten-Formalitäten erledigt. Der Bademeister
weist uns eine Wehrmachtskabine an. Wie fühlen wir uns als künftige Vaterlandsverteidiger.
In rasendem Tempo ziehen wir uns aus und um. Husch, husch unter die Brause, und dann im Kopfsprung hinein.
Gleich hängen wir um die Schwimmer und die Sprungbretter. In den mannigfachsten Arten schnellen wir ins Wasser. Da sieht man Salto, Überschlag, Schwalbe oder Flügelsprung, Hecht und einfache Köpper, und dann von den Nichtschwimmern Fußsprünge oder "Stiefje [?]", wie wir sie nennen. Daneben sieht man Langstreckenschwimmer, und solche, die in überaus belustigender Form Lebensrettungsversuche machen, so daß das ganze Bad schmunzelt. Unsere Nichtschwimmer machen trotz ihres "Nichtschwimmenkönnens" tapfer "Stiefje" in das tiefe Wasser. Einer übt den Kopfsprung vom "Zuckerhütchen", indem er die Hände über dem Kopf faltet, bevor er in das Wasser "jumped". Andere lassen sich von einem der Großen kopfüber vom 3 m-Brett halten, um dann im Kopfsprung ins kühle Naß zu schießen. Das macht Spaß.
Unsere ganz großen Kanonen fliegen ganz toll vom 3 m-Turm ins Wasser. Man leistet sich auch da ganz gute Sprünge: Hecht, Schwalbe, Salto vorwärts und vieles andere. Zwei versuchen auch den Auerbacher, einen viel bewunderten und gar nicht so leichten Sprung. Einer fällt wegen zuwenig Schwung auf den Bauch, und der Zweite mit zuviel Schwung auf den Rücken. Aber man läßt sich nicht verblüffen, denn es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, deshalb auch keiner vom 3 m-Brett. Nur nicht verblüffen lassen.
Aber nicht nur geschwommen wird, sondern Begeisterte spielen auch Tischtennis, andere sonnen sich, und wieder andere planschen munter im Wasser herum. Lustig balgt man sich auf den Wiesen. Aber bald ist es Zeit zum Zug zu eilen. Wir aber können sagen: Im Schwimmen sind wir ganz auf der Höhe!
Als Ehrenformation der H.J.
Nach den anfänglich so günstigen Stellungen unserer siegreichen Wehrmacht galt es und gilt es in der letzten Zeit nurmehr unsere Anfangserfolge und darüber hinaus, unser Land und unser nacktes Leben zu verteidigen. Um dieser gewiß sehr hohen Aufgabe gerecht zu werden, brauchen wir Freiwillige, viel Freiwillige. So strömten auch am 3.September und vorher viele Kriegsfreiwillige aus dem Kreis Braunau zu den Fahnen. Unser Lager hatte die schöne Aufgabe bekommen, bei der am 3.September stattfindenden Feier in Braunau als Ehrenformation der Hitler-Jugend aufzutreten.
Wir waren immerhin sehr stolz auf unseren Auftrag, denn es war doch kurios, daß man als Ehrenformation ein Kölner K.L.V.-Lager kommandiert.
Jedenfalls fuhren wir am 2.September nach Braunau. Eine kleine Arbeit galt es noch
zu erledigen, dann meldeten wir uns beim Bannführer. Für den Abend hatten wir Freizeit, und da noch die Sonne schien, und es den ganzen Tag sehr warm war, gingen wir schwimmen. Es war sehr schön und hat auch keinem geschadet. Um 9 Uhr war Zapfenstreich, und bald lagen wir in den harten Kasernenbetten fest im Schlaf.
7 Uhr morgens. Wir mußten uns schwer sputen, denn um 8 Uhr sollte die Feier angehen. Kurz wurde noch einmal alles geübt, dann innerhalb von 5 Minuten noch eine vorher nicht angesagte Strophe gelernt. Jetzt klappte alles. Mit der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens der H.J. an einen verdienstvollen Feldwebel und einstigen H.J.-Führer wurde die Veranstaltung begonnen.
Der Kreisleiter sprach zu den jungen Freiwilligen des Jahrganges 1928 und gab ihnen ihre Parole mit. Der Standortführer und Standortälteste der Wehrmacht, ein Hauptmann, nahm die Kriegsfreiwilligen dann in die Gemeinschaft des Heeres auf. Die Nationalhymne und das Horst-Wessel-Lied krönten die Feier, die dann mit dem Sieg-Heil auf den Führer und Obersten Kriegsherrn endete.
Wenn überall die Haltung so ist, wie hier im Kreis Braunau, müssen wir siegen.
Burgkirchen, am 7.9.1944
"Der Bannführer
Braunau am Inn, 5.Sept.1944
An den
KLV-Lagerleiter Dr.Acker
Burgkirchen
Betreff: Einsatz Ihres Lagers in Braunau
Für Ihre persönliche Unterstützung anläßlich der Kriegsfreiwilligenkundgebung in Braunau möchte ich Ihnen nochmals herzlichen Dank sagen. Mein ganz besonderer Dank gilt aber den Jungen Ihres Lagers, die während der Kundgebung selbst den besten Eindruck hinterließen. Ich bitte Sie den Jungen nochmals meinen Dank und Anerkennung zu übermitteln.
Heil Hitler!
Hellwagner
Stammführer"
OD/47, hergestellt aus dem zähen, jahrhunderte-überdauernden Stoff der Tradition!
Lager OD 47 kämpft gegen Unsichtbare
Eine merkwürdige Überschrift, nicht wahr? Na ja, Überschriften sind manchmal recht seltsam. Der Grund zu dieser Überschrift war jedoch ein Anlaß, der gar nicht so merkwürdig war, der sogar ziemlich ernst genommen werden mußte.
Kurz und gut: Unser Lager bekam eines Tages den Befehl, zusammen mit den Jungen und Mädchen der Volksschule und mit den Jungen des Lagers Geretsdorf (OD 48) in sämtlichen Kartoffelfeldern der Gemeinde Burgkirchen nach Spuren, Anzeichen und Individuen des Kartoffelkäfers zu suchen.
Immerhin eine gar nicht so leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, das die Gemeinde Burgkirchen schon eine ziemliche Ausdehnung, reiche Bauern, und demzufolge also auch mindestens
einen ganzen Haufen von Kartoffelfeldern (natürlich bildlich gesprochen) hat.
Nun hieß es erst einmal Ordnung in die Geschichte zu bringen. Die beiden Lagerleiter und die Oberlehrerin der Volksschule besorgten das. Suchkolonnen wurden in großer Anzahl aufgestellt. Die Jungen unseres Lagers wurden, da wir in diesem Falle die ältesten waren (und natürlich noch sind), zumeist Gruppenführer.
2 Suchtage wurden eingerichtet. Schon früh am Morgen ging es los. Und nun stellten sich schon die ersten Schwierigkeiten heraus. Einige Gruppen hatten bis zu ihrem "Arbeitsgebiet" einen Anmarschweg bis zu 7 km Länge. Na ja, aber schließlich sind wir ja nicht aus Pappe, Zucker, oder was sonst in diesem Falle in Betracht käme. Herdenweise strichen wir durch die Felder. Jetzt kam das, was die Überschrift verschuldete, denn die Käfer waren wirklich unsichtbar. Keine Eier, keine Larven, keine Fraßstellen und keine Käfer. Nur ein trauriges Nichts. Unbeeindruckt und unverdrossen kämpften wir am anderen Tage weiter. Jedoch mit demselben Ergebnis.
Mancher Bauer fragte uns spöttisch, ob wir denn noch nichts gefunden hätten. Jedenfalls konnten sie ja nur froh sein, wenn man noch nichts gefunden hatte. In St.Peter im Innkreis soll er ja schon sein. Der macht ja einen tollen Vormarsch. Wir hätten ihn gerne in offener "Feldschlacht" besiegt. Aber er war und blieb ja unsichtbar. Aber es war wirklich besser so.
Herbst-SWK
Nach den Sommersportwettkämpfen galt es nun, die schönen Zahlen beim Herbstsportwettkampf zu halten und zu erhöhen. Am 9. und 10.9. stiegen auch bei uns die Wettkämpfe. Da unser Nachbarlager erst noch die Grube in Mauerkirchen in Ordnung machen mußte, liefen wir erst bei uns auf der Landstraße und warfen mit der Keule. Mancher war glatt vom Korken, als er sich nachdem im Lager seine Punkte ausrechnete, und feststellte, daß er nur so und soviel Punkte hatte. Den einen fehlten noch 70 - 100 Punkte, einem anderen noch 125, dieser mußte, um seine Punkte zu erhöhen 5.20 m springen und jener, wollte er 2 Punkte mehr haben wie im Sommer, 5,50.-
Manches Herz schlug bang, als wir am Samstag morgen nach Mauerkirchen zum Springen marschierten.
Verschiedene Lager sind noch vor uns an der Reihe, und wir haben Gelegenheit, uns den Platz mal anzuschauen. Konkurrenz haben wir keine, denn wenn wir uns die Leistungen von etwa 2,90 und weniger ansehen, müssen wir doch lachen.
Endlich nach langem Warten geht es uns an.
Unsere Kleinen sind ganz gut in Fahrt, und mancher sieht schon sein "Silbernes" blinken. Doch dann starten unsere Kanonen. Mit "80" fegt er heran, und dann atemloses Schweigen, verkündet der Messer, 5,50 – Wir brüllen vor Vergnügen. Dann der Nächste. Zack – 5.40, der Dritte 5,25, und endlich der Letzte 5,20. Fast alle haben ihre Sommerpunktezahl erhöht und erhalten somit die silberne Medaille. Viele hatten schon nicht mehr damit gerechnet. Aber nun ist die Freude doppelt groß. Mit stolz geschwellter Brust ziehen wir ins Lager zurück, mit dem Bewußtsein, ein Naht [?] hingelegt zu haben, daß es mal wieder gerauscht hat.
Von 19 Mann haben 17 das silberne Abzeichen bekommen. Eine ganze Reihe haben das Herbstsportabzeichen bekommen. Unsere 10 besten Sportler haben eine Gesamtpunktzahl von
2562 Punkten
also ein jeder etwa 256,2 Punkte. Da soll mal einer behaupten, wir seinen im Sport nicht auf der Höhe.
Soll mal ein Lager nachmachen.
Übrigens hatte die Sache noch ein übles Nachspiel. Auf Grund eines Artikels, den der Lmf. in unserer "Hochwaldzeitung" verfaßt hatte, beschwerte sich die Referentin für Leibesübungen beim Gebiet, Gretl Kaufmann, bei ihm und beschuldigte unser Lager der Unsportlichkeit. Aber in alter Tradition schreibt der Lmf. ihr einen höflichen, aber brutalen Brief. Das Ergebnis war, daß sich besagte Gretl Kaufmann auf einen Stuhl setzte und tief Luft holen mußte, um nicht vor lauter Wut zu platzen. Unsere Tradition hatten wir aber gewahrt. Von Unsportlichkeit konnte natürlich gar keine Rede sein.
Anhang!
Bei einem Schilager, Anfang 1945, trafen wir mit einer Mitarbeiterin dieser Gretl Kaufmann zusammen. Von dieser erfuhren wir von der "niederschmetternden" Wirkung unseres Briefes
........."und Frechheit siegt!"
Burgkirchen, am 31.8.
Das Lager hat mir viel Freude bereitet. Weiter so und immer daran gedacht, daß es jetzt auf die starken, gläubigen Herzen ankommt.
[Unterschrift]
Hauptbannführer
Ein großer Tag
Wir waren mit Inspektionen nicht gerade verwöhnt, und deshalb waren wir ganz vom Korken, als es hieß, der Gebietsführer sollte uns besuchen. Na, uns konnte es recht sein.
An einem Samstag kam der Hpt-Bannführer dann auch zu uns. Natürlich war alles auf Draht. Der Gebietsführer war sehr mit uns zufrieden, was obenstehende Worte ja genügsam beweisen. Leider mußte er zu früh wieder weg. Er überreichte dem L.M.F. noch eine Widmung, dann war er wieder weg. (Siehe Bericht im "Hochwald")
Der große Tag der Wehrertüchtigung in Braunau - oder: Gulasch
Überall im Reich wurden gestern die Wehrertüchtigungsübungen durchgeführt. Auch bei uns im Kreis Braunau startete dieses Ereignis. Wir, OD/47, sollten gegen die entsprechenden 28 Mann eines Landdienstlagers kämpfen. Weiße Kampfstäbe sollten unsere "Seelen" sein, schwarze Stäbe deren.
Als wir am Sonntag nach Braunau kamen, und zum ersten Male unsere Gegner sahen, wurde es uns ein [wenig] schummerig, denn das waren Brocken, gegen die selbst wir Lange klein aussahen. Als wir an einem der Längsten vorbeistriffen, äußerte derselbe gerade sehr treffend: "Jetz moache me Gulasch!" Uns konnte es Recht sein, und der Lange sollte seinen Gulasch haben.
Um 12.30 traten wir vor der neuen
Banndienststelle an. Uns wurden L.M.G.-Attrappen, Gewehre ohne Munition, Keulen und Schießscheibenständer ausgehändigt, die ersten drei Dinge zu unserer Verwendung, die anderen mußten wir abgeben. Dann marschierten wir zum Laach-Forst hinaus. Wir hatten die Aufgabe, ein Grabensystem von zirka 250 m Breite mit 28 Mann und 3 Soldaten zu verteidigen. Zu diesem Zweck standen uns 2 M.G. -Atrappen, 3 Karabiner, 3 Nebelkerzen und 20 Wurfkeulen zur Verfügung. Der Gegner griff mit ebenfalls 31 Mann an, und arbeitete mit Nebelhandgranten und Karabinern.
Bevor wir jedoch zum wilden Männer-Kampf schritten, wurden 8 Mann zum K.K.-Schießen eingeteilt. Es wurde stehend aufgelegt aus Panzerdeckungslöchern auf 12er Ringscheiben geschossen, die auf 50 m Entfernung gut sichtbar aufgestellt waren. Unser Karabiner schoß ziemlich genau. Die ersten zwei schossen sich ein, und von den nächsten 6 hatte keiner mehr
unter 30 Ringe. Insgesamt hatten wir eine Gesamtringzahl von 281 Ringen, das waren auf 8 Mann 35 Ringe im Durchschnitt. Damit waren wir Mannschaftssieger im Schießen, denn es gelang keiner Gruppe, dieselben Ringe zu erreichen.
Nun ging es aber zum Kampf. Flugs waren wir in 3 Gruppen zu je 5 Mann eingeteilt. Unsere Gruppe bekam den rechten Flügel angewiesen. Unser Führer, ein Gefreiter, überließ uns völlig freie Hand und so verteilten wir uns auf die Grabenabschnitte. Handgranaten wurden verteilt und Plätze angewiesen. Als wir getarnt in den Löchern lagen, hatten wir Muße, uns das Gelände einmal anzusehen. Eine etwa 500 m lange und etwa 250 m Breite tat sich vor uns auf. Da jagte uns ein schriller Pfiff hoch. Der Kampf begann.
An einem Grabenknick hatten wir unser L.M.G. aufgebaut. "Feuer frei" und dann schossen wir aus allen Knopflöchern, bis unsere "Klapper" glühte und der Karabiner dampfte.
Da sah man schon die einzelnen heranspringen. Allen voran der Lange. Jetzt gibt’s Gulasch. Doch kurz vor unserer Linie wichen sie vor dem heftigen Feuer aus, und stürmten im Mittelabschnitt in unsere Stellung, nachdem sie am Drahtverhau entlanglaufend, eine Lücke in demselben entdeckt hatten. Bei uns gab`s logisch nichts mehr zu tun, und dann ließen wir unsere Waffen Waffen sein, griffen unsere Kampfstäbe auf und stürmten los. Wie ein Sandsack knallte dort einer in einen Haufen Gegner, daß sich alles am Boden kugelte. Kurz aber rauh und herzlich war der Kampf an dieser Stelle. Im Sturm zum Brennpunkt. Nebelhandgranaten krachten immer noch im Vorfeld, aber so weit vom Schuß, daß man sie kaum hörte. Hier, in der Lücke des Mittel- und rechten Abschnittes, wollte sich der Lange ein Stelldichein geben. Aber zu einem Rendezvous gehören immer zwo, also sprang "Götz" ihm wie eine Katze an den Hals, daß
der "Dreimolschlagoubber" [?] wie ein Baum in den Graben krachte. Hei, da gings drüber, mit preußischer Gründlichkeit. Der Gulasch war ganz gut, denn wir waren für rheinische Küche. Aber auch der Lange war zäh, doch viele Hunde sind des Hasen Tod. Während dessen krachte aus dem Turm des Panzers, der im Mittelabschnitt als Befehlsstand diente, Schuß auf Schuß, und an einzelnen Stellen zogen sich vereinzelte Feinde leise zurück. Ganz verwundert waren wir, als wir feststellten, daß auf der Gegenseite die Kampfstäbe in den Schihosen getragen wurden. Aus Wut über diese "unfaire Art" gings noch saftiger her. Kurz entschlossen schnürte einer dem Gegner die Überfallhose auf und holte den Kampfstab heraus.
Da pfiff der Spielführer "Das ganze Halt".
Verstohlen musterten wir unsere Beute. 11 Kampfstäbe hatten wir dem Feind – weggeklaut.
Dagegen verloren wir nur 2 Kampfstäbe. Der Gegner zog gleich nach Spielende ab. Aber wir waren das schon bald berüchtigte letzte deutsche Bataillon auf dem Schlachtfeld.
Wir musterten unseren Gegner, der gewiß auch sein Bestes getan hatte, und dem man deshalb wohl die Unfairheit mit den Kampfstäben vergeben konnte, mit einem letzten, triumphierenden Blick. Der Lange sah ganz aus, als leide er an Appetitlosigkeit. Er hatte anscheinend zuviel von dem guten Gulasch bekommen. Stolz wie Toreros zogen wir heimwärts. Wir hatten mal wieder einen Pfundstag erlebt. Wenn das Gespräch in späteren Jahren nochmal darauf zurückkommt, werden wir bestimmt den Langen wieder Gulasch schmausend im Geiste vor uns sehen.
Eine Übung des H.J.-Schnellkommandos im Verband der Feuerlöschpolizei schloß dann den Tag zu einem schönen Erlebnis ab.
Wir helfen mit Vergnügen!
Nachdem auf dem Balkan einer um den anderen unserer ehemaligen Bundesgenossen abgefallen war, war es erforderlich, die im Territorium dieser Staaten wohnenden Deutschen rückzuführen.
Auch bei uns im Kreis Braunau sollten 1200 Volksdeutsche aufgenommen werden. Die Nachricht kam wie üblich ziemlich spät an, so daß es galt, sich anständig ranzuhalten, um die Aufnahmegelegenheiten fertigzustellen.
In alter Tradition wurde unser Haufen eingesetzt, um den Leuten in Braunau behilflich zu sein. Nachdem wir erst vor der Banndienststelle ½ Stunde unser Unwesen
getrieben hatten, glaubte man es nicht mehr verantworten zu können, wenn wir noch länger müßig herumständen. Also führte uns ein mit baumelden Schnüren behangener Scheich zum Adolf-Hitler-Platz. In der Mädchen-Hauptschule und der Knabenvolksschule waren eine große Anzahl Volksdeutscher einquartiert worden. Es waren Deutsche aus Serbien und Kroatien, die vor der Willkür der Kommunisten und Partisanen mit all ihrer Habe flüchten mußten. Unsere Arbeit war es, Strohsäcke zu stopfen und Betten aufzubauen. Wir hielten uns anständig ran, und waren auch ziemlich schnell fertig. Der Bannführer sprach anschließend noch zu uns, dann ging es heimzu.
2 Tage später kam dann auch bei uns im Standort ein Treck aus Serbien an. Also stopften wir wieder Strohsäcke und halfen den Leuten. Jetzt wollen wir uns mal ein wenig um sie kümmern.
Und immer wieder Ernteeinsatz!
Kaum waren solche Begebenheiten wie die Trecks vorüber, als auch schon wieder die Bauern kamen und Hilfe bei der Ernte haben wollten. Jeden Tag gingen eine ganze Reihe Kameraden zum Bauern. Da hieß es dann Kartoffelklauben, Rübenschneiden, Heuwenden, Rübeneinfahren, Äpfelklauben, Mostpressen u.a. mehr. Am Abend hub dann eine wüste Erzählerei an, wer es denn am schönsten gehabt hatte, und wo das Essen am besten gewesen sei.
Eines Tages kam dann auch ein Bauer, der 2 Jungen zum Dreschen haben wollte. Zum Dreschen! War ja knorke. 2 von den Großen mußten hin. Die Arbeit war schön, aber schwer. Am nächsten Tag gingen dann wieder 2 Mann hin, die ebenso zufrieden waren.
Als die Bauern alle ihre Ernte unter Dach und Fach hatten, waren wir natürlich stolz, als sie uns übereinstimmend sagten, daß sie mit uns zufrieden waren. Im nächsten Jahr werden wir, wenn wir noch hier sind, wieder feste mithelfen.
Nikolaus auf Großfahrt durch die KLV.Lager!
Wieder neigt sich das Jahr, und es zieht die Zeit herauf, wo Kinder leuchtenden Auges vor dem Lichterkranz der Adventszeit stehen und vom Christkind träumen.
In diesem Jahr schien Nikolaus etwas mehr Zeit zu haben, oder er mußte vor englischen Bombern Deckung nehmen; jedenfalls kam er höchst persönlich zu uns und hatte auch sein treues Anhängsel "Krampus", auch Ruprecht genannt, nicht vergessen.
Festlich, feierlich war der Tagesraum, als wir uns gegen Abend im Tagesraum zusammensetzen und auf den "Klös" warteten. Der L.M.F., der Schlot, war natürlich nicht da, der Kerl war wieder irgendwo auf Juch. Lange Zeit sollte es dauern, und der Nikolaus mußte durch etliche Lieder erst beschwört werden, bis endlich Kettengerassel und ein unmißverständliches Gebrumm darauf schließen ließ, daß er nicht mehr fern sei.
Bis er dann kam. Er hatte ein hohe Gestalt,
einen langen weißen Bart, und war ganz in weiße Gewänder gekleidet. Jede Schwäche und Fehler eines Jeden hatte er in einem kurzen Reim festgehalten.
Ruprecht sorgte mit seiner Rute genügend für Schwung, und die Stimmung war gut. Am Schluß seines Besuches teilte er noch einige Süßigkeiten für unsere Leckermäuler aus. Er war, wie Nikolaus selbst betonte, in diesem Jahr sehr arm, und außerdem hatten engl. Himmelspartisanen ihn noch um einen Großteil seiner Sachen gebracht. Als er sich wieder verabschiedete, um auf seinem Tier weiterzutraben, waren wir ganz zufrieden.
Kaum war er fort, als auch unser L.M.F., der sich gut gedrückt hatte, wieder da. Typisch!
Volkssturm, III. Aufgebot,
Heimatverteidigung West
In den Tagen, da ich Euch die Grundbegriffe des Soldatenhandwerkes beibringen konnte, habt Ihr mir nur Freude bereitet.
Besonders bewundere ich Eure Kameradschaft und Haltung.
Haltet auch weiterhin diese große Kameradschaft; denn sie ist es, die Euch in allen Lebenslagen zusammenhält.
Burgkirchen, 15.12.44
Hans Lehmann
z.Zt. Objg.
Diese wenigen Zeilen stammen von der Hand "unseres" Oberjägers. Wir haben ihn wohl alle in unser Herz geschlossen. Schon als wir ihn zum ersten Mal sahen…
Abteilung …. halt, Rührt euch, aufgehen. Ein merkwürdiger Verein war angerückt. Malerisch schlangen sich die Wolldecken um schwarze Uniformen. Noch malerischer sind die kleinen Köfferchen und Aktentaschen mit den wenigen Sachen, die man zu einem Bannausbildungslager benötigt. Aha, Bannausbildungslager. Dieselbe Überschrift hat auch sozusagen das Gebäude, vor dem die komische Formation halt gemacht hat. Jetzt aber kommt die Hauptnummer. Auf den Plan tritt eben besagter Oberjäger Lehmann. Und hat beim Anblick der militärischen Räumlichkeiten manchem das Herz noch gezagt, beim Anblick dieses lachenden Gesichtes vergehen alle Vorurteile. "Unser" Oberjäger frißt einen Spitz an uns und, ehrlich gesagt, auch wir haben einen an ihm gefressen. Noch am Abend werden wir durch sämtliche Stuben geschleppt und müssen als Vorbilder singen... singen...singen bis zur Vergasung, bis zur endgültigen Heiserkeit singen. Und, damit wir uns nichts einbilden, liegen wir öfters flach, kurz, - das Soldatenleben nimmt uns wunderbar in Empfang. 8 Tage vergingen wie im Flug.
Aus den Pimpfen von OD/47 wurde "die" Kameradschaft. Natürlich unter der Führung von Oberjäger Lehmann. Vielseitig war der Unterricht. Griffe kloppen, Panzernahkampf, Sport, Ausmarsch, Scharfschießen, - alles, was zu einer militärischen Grundlage gehört. Die Zeit ging zu schnell vorüber. Aber piepe, in kurzer Zeit rückt der nächste Lehrgang und wir können dann das wieder lernen, was wir Schlote ja doch längst wieder vergessen haben, den Umgang mit Waffen. – Durch den Abschied auf dem Bahnhof klangen köllsche Heimatlieder. Nach besonderem Wunsch des Oberjägers, der uns heiser nach Hause schicken wollte, als Andenken. Aber wir nahmen nicht nur die Heiserkeit, sondern noch viel anderes wieder mit in unser Lager, das danach mal wieder ein bischen zackiger wurde.
Weihnachten!
Zum 2. Male, wie oft haben wir das schon in unsere Chronik geschrieben. Zum 2. Male erlebten wir auch Weihnachten in der K.L.V. Wir wollen keine großen Worte machen, nicht viel reden von Festesfreude, die naturgemäß etwas gedämpfter war. Es war für alle wieder mal ein großes Erleben.
Hohe Nacht der klaren Sterne: Wieder packte uns der Zauber Deutscher Weihnacht. Diesmal ging es auch ohne Weihnachtspäckchen der Eltern. Manch einer wußte nicht, wo er seine Lieben jetzt suchen sollte. Es war eine traurige Weihnacht. Und hätten wir nicht die Gabe, auch dort, wo fast hoffnungslose Fälle vorliegen, etwas Stimmung zu zaubern, es wäre wohl noch trauriger geworden. So war alles zum Schluß doch noch gut und schön und so geworden, daß wir sagen konnten: Ein Weihnachtsfest und seine Stimmung hängt nur davon ab, wie man die Sache gestaltet, nicht aber, wieviel Teller Zuckerzeug man aufweisen kann.-
Und die letzte Seite nochmals lustig!
Ausblick
Braunau am Inn 31.V.1945
Lange haben wir unsere Chronik nun nicht mehr fortgeführt. Was in der Zwischenzeit alles geschehen ist, geht auf keine Kuhhaut. Es ist schnell erzählt, aber wie entscheidend war es für uns.
Angefangen vom II. Volkssturmlehrgang in Braunau, auf dem wir wieder 100% abschnitten, über das Schilager in Alt-Aussee, über den 3. Lehrgang bis zu dem entscheidenden 8.IV.1945. Am 8. meldete sich unsere Lagermannschaft geschlossen zu einer neu aufgestellten HJ.-Kompanie. 3 Wochen Ausbildung. Dann 3 Wochen Stellungsleben im Brückenkopf X. Schließlich, am 29.-30. April Kampf gegen die anrückenden Amis! Am 1. Mai Rückzug über den Inn unter dem Ariefeuer des Gegners. 2.Mai. Auflösung der Kompanie, das war der Tag. Am II.V. 1945 brach unsere alte Lagermannschaft, die zwei Jahre K.L.V. ohne einen geistigen Knax überstanden hatte, zusammen.
Am 3.Mai ging das Lagerleben in ein Nichts über. Wir zogen uns strategisch weit auseinander. Vielleicht auf Nimmerwiedersehen.
Am 8.Mai 1945, nach 5 ¾ Jahren härtester Kämpfe kapitulierte Deutschland bedingunslos. Untergegangen all das, für das wir 30 Jahre gelebt haben.
Unter die Vergangenheit ein Strich. Trotzdem!
Hoffentlich gelingt es uns, die Lagerchronik gut nach Hause zu bringen.
Braunau am Inn, den 31.V.1945
Günther Pöltgen
Herbert Neumann
Günter Lindemann
Inhaltsverzeichnis
Lagerchronik der KLV–Lagers Zollner
1. Einleitung
2. Sie sind da
3. Auf gen Braunau
4. Ostern
5. 1. Mai
6. Bannsportfest 1943
7. Salzburg
8. Großfahrt nach Wien
9. Dachdecken
10. Lebt wohl, es wär so schön gewesen
11. Ernteeinsatz
12. 1. Feldpost
13. Wir basteln
14. 25. September
15. Unsere Spielzeugausstellung
16. Dorfabend in St.Georgen
17. Freuden der Vorweihnachtszeit
18. Weihnachten
19. 2. Feldpost
20. Was der Hochwald zu uns sagt!
21. Winterfreud
22. Silvester
23. Mit Mann und Roß und Wagen
24. Erinnerung an Geretsdorf [Fotos]
Lagerchronik Schabetsberger
1. Einleitung
2. Große Schnitzeljagd
3. Strömt herbei, ihr Elternscharen
4. L.M.F. †
5. Erinnerungen an unsern L.M.F.
6. Hochwasser
7. Ein Jahr K.L.V.
8. Brief der Familie Udelhofe
9. Führers Geburtstag.
10. R.S.W.K.
11. Bannsportfest 1944
12. Gebietssportfest
13. Alt-Aussee
14. Erinnerungen an Alt-Aussee
15. Im Schwimmbad
16. Als Ehrenformation der H.J.
17. OD/47 kämpft gegen Unsichtbare
18. Herbstsportfest
19. Ein großer Tag
20. Gulasch oder: Der große Tag der Wehrertüchtigung in Braunau/Inn
21. Wir helfen mit Vergnügen
22. Und immer wieder Ernteeinsatz
23. Nikolaus auf Großfahrt
24. WE-Lager-Zeit, schöne Zeit (Volkssturm, III. Aufgebot)
25. Weihnachten
26. Abschluß, finish
Braunau/Inn
31.V.1945
Günther Pöttgen