Suchen & Finden
Jugend! Deutschland 1918-1945
Editionen zur Geschichte
Didaktik & Schule
Inhalt
Baum wird geladen...

KLV-Lagertagebuch und "Aufsatzbuch" von Lotte Porschen (1944/45)

Die im Januar 1931 geborene Lotte Porschen besuchte in Köln die Volksschule Adamstraße. 1943 nahm sie an einer KLV-Verschickungen in das KLV-Lager „VillaGinskey“ in Hammer am See teil.

Über Ihre dortigen Erfahrungen verfasste Frau Urbat, wie sie seit ihrer Heirat heißt, für das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln im Jahr 1999 folgenden kurzen Bericht:

Meine Lagerzeit vom 9. Mai 1943 - 11. Dezember 1945

Im April 1943 erzählte mir eine Klassenkameradin von einem Lagerleben ohne Fliegeralarm mit einer sympathischen Leiterin. Da meine Mutter keine Bedenken hatte, mein Vater war seit dem 1. September 1939 an der Front, sagte ich zu, für ein halbes Jahr freiwillig ins Sudetenland nach Hammer am See zu fahren. Unsere Lagerleiterin hatte 40 Mädels aus verschiedenen Schulen angeworben. Am 9. Mai ging die Reise los (Einzelheiten habe ich in meinen Aufsätzen niedergeschrieben).

Das Klima im Lager war harmonisch. Es war wie eine große Familie. Wir hatten mit unseren Angehörigen stets Verbindung, konnten Briefe schreiben und empfangen, - ohne Zensur. Besuche von Eltern und Geschwistern waren erlaubt. Im Februar 1944 wurde unser Aufenthalt auf allgemeinen Wunsch verlängert.

Der Schulunterricht war normal, die Verpflegung gut und reichlich. Lagerleiterin, Lehrerin und LMF verstanden sich gut. Es wurden gemeinsame Entscheidungen getroffen.

Auf den drei Remontegütern und bei deutschen Bauern leisteten wir Kriegseinsatz. So blieben wir bis zum Kriegsende. An eine Rückführung war schon die letzten Monate nicht mehr zu denken, weil niemand mehr zuständig war. Nach dem Zusammenbruch wurden alle Sudetendeutschen mit 30 kg Gepäck ausgewiesen. Ganze Kolonnen Soldaten kamen von der Front zurück, die wir teilweise noch mit Getränken versorgten, obwohl sie von den letzten Tieffliegern beschossen wurden. Wir hörten von KLV-Lagern, die einfach aufgelöst wurden und die Schüler sich selbst überließen. Wir beschlossen, nur gemeinsam die Heimreise anzutreten. Unser Lager mussten wir räumen, fanden dann Unterkunft in den verlassenen Bauernhäusern im Nachbarort Audishorn. Da wir für die Tschechen auf den Gütern arbeiten mussten, auch bei tschechischen Bauern, litten wir keine Not.

Nun hatten wir keine Verbindung mehr mit der Heimat. Wir durften keine öffentlichen Anlagen, Parkanlagen, Schwimmbad etc. mehr betreten. Wir trugen weiße Armbinden und durften ab 19.00 Uhr die Häuser nicht mehr verlassen. Unsere Lagerleiterin fuhr zu Verhandlungen einige Male nach Prag, um mit der dortigen Regierung über unsere Rückführung zu verhandeln. Anfang Dezember hatte es geklappt. Wir fuhren in das ...-Lager nach Pilsen. Nach einigen Tagen konnten wir endlich in stark beschädigten Zügen die Heimreise antreten. Sie dauerte drei Tage.

Unsere Rückkehr war am 11.12.1945. Unsere Lagerleiterin sorgte dafür, dass jeder seine Familie fand. Ich war die Letzte, da unser Haus zerstört war, und meine Familie sich im Harz aufhielt.

 

In Hammer am See fertigte Lotte Porschen ein Lagertagebuch an und führte zugleich ein „Aufsatzbuch“, in das während der KLV-Zeit verfasste Schulaufsätze Eingang fanden. Beide Dokumente stellte sie dem NS-Dokumentationszentrum 1999 kurzzeitig zur Verfügung. Damals bestand leider noch nicht die Möglichkeit, auf schnelle und finanzierbare Art und Weise gute Reproduktionen anzufertigen. Daher liegen hier lediglich einige weniger gute Farbabbildungen und ansonsten normale Schwarz-weiß-Kopien der Quellen vor. Sie werden im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln im Bestand "KLV" aufbewahrt.