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KLV-Lagertagebücher Walter Kronenberg (1942)

Der im Mai 1929 geborene Walter Kronenberg besuchte in Köln die Aufbauzüge für Jungen in der Burgunderstraße. Er nahm an zwei KLV-Verschickungen teil, über die er dem NS-Dokumentationszentrum 1999 Folgendes berichtete:

Im Mai 1942 war die erste Verschickung nach Oberschlesien ins Lager 1 in Carlsruhe bei Oppeln („Villa“ Therese), später kam ich in das Lager 2, eine Skihütte im Gluchowatal in den Beskiden, und zuletzt ging es in das Lager 3 in Weichsel an der Quelle der Weichsel (25 km), Haus Bisa.

Die Verschickung erfolgte freiwillig, jedoch auch um im Klassenverbund zu bleiben, aber mit schriftlicher Einwilligung der Eltern.

Der Kontakt zu Eltern, Verwandten und Freunden erfolgte brieflich. Die Briefe wurden nicht kontrolliert - außer im Krankenhaus in Weichsel durch die Rote-Kreuz-Schwestern.

Das Verhältnis zwischen Lagerleiter (Lehrer) und Lagermannschaftsführer war in allen Lagern gut. Bestimmend war der Lagerleiter. Politisch waren unsere Lehrpersonen neutral. Es wurden höchstens die Wehrmachtsberichte erörtert.

Ende November 1942 fuhren wir mit unserem Lehrer Dr. Acker nebst Familie (Ehefrau und zwei Söhne) zurück. Der Rücktransport erfolgte - wie die Hinfahrt - per Reichsbahn.

In der Kinderlandverschickung beeindruckte mich nach anfänglichem Heimweh und Befangenheit, die Kameradschaft und wieder der Gemeinschaftssinn. Ich bin kein Einzelkind, habe aber im Lagerleben gelernt, mich in die Gemeinschaft einzuordnen, aber auch meine Meinung zu vertreten.

Die zweite Verschickung in ein KLV-Lager erfolgte Ende August 1943 nach Oberbögendorf bei Schweidnitz in Niederschlesien. Der Grund war, dass unsere Schule beim Großangriff auf Köln am 29. Juni 1943 vollkommen zerstört worden war. Wir hatten noch kurze Zeit Unterricht bis zu den Sommerferien in der Schule Spichernstraße. Als es dann hieß, es geht wieder in ein KLV-Lager, war es für uns eine Selbstverständlichkeit. Wir kannten uns alle gut aus der ersten Verschickung, und die Klasse sollte zusammenbleiben. Gleichzeitig fuhren auch die Jungens der A- + B-Klasse mit uns, wir waren die C-Klasse. Für unsere Eltern war es wohl ein außerordentlich schwerer Entschluss, die Einwilligung zu geben. Welche Eltern trennen sich schon freudig von ihrem Kindern mit der Ungewissheit des Wiedersehens, denn der Bombenkrieg zeigte sich mehr und mehr von seiner brutalsten Seite.

In Oberbögendorf waren wir in einem alten Schloss untergebracht. Unsere Schlafräume waren im I. und II. Obergeschoß und je nach Größe mit 10, 12, 15 bis über 20 Jungen belegt. Für Kleidung und Wäsche standen für je vier Jungen ein Schrank mit vier Wäsche-Fächern und seitlichem Kleiderteil zur Verfügung. Was nicht in den Schrank ging, musste im Koffer bleiben. Die Lageruniform war wie die Winteruniform beim „Deutschen Jungvolk“ ausgeführt, jedoch in braunem Stoff wie beim Reichsarbeitsdienst.

Die Rückkehr aus dem Lager Oberbögendorf in Niederschlesien war in der Woche vor Ostern 1944. Unter äußerst schwierigen Umständen schafften es zwei Klassenkameraden und ich, über Breslau, Frankfurt/Oder, Berlin, - gepfercht in Fronturlauber-Zügen der Reichsbahn - nach Köln zu kommen.

Meine Familie befand sich bei meiner Rückkehr in Ruttscheid, ein kleiner Ort zwischen Oberpleis und Ittenbach im Siebengebirge. Wir waren in Köln in der Genterstrasse im Juli 1943 ausgebombt worden und hatten mit dem Rest unserer Habe dort Zuflucht gefunden.

 

Während seiner ersten Verschickung legte Walter Kronenberg – wie sein Mitschüler Rolf Acker – ein Lagertagebuch an, in dem er Raum für zahlreiche Fotografien ließ, die aber leider nicht mehr eingefügt wurden. Außerdem führte er ein „Fressbuch“, in dem er für jeden Tag akribisch die Zusammensetzung des Mahlzeiten festhielt. Beide Hefte stellte er dem NS-Dokumentationszentrum 1999 kurzzeitig zur Verfügung. Damals bestand leider noch nicht die Möglichkeit, auf schnelle und finanzierbare Art und Weise gute Reproduktionen anzufertigen. Daher liegen hier lediglich einige weniger gute Farbabbildungen und ansonsten lediglich herkömmliche schwarz-weiß-Kopien der Dokumente vor. Sie werden im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln im Bestand "KLV" aufbewahrt.