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Jugend! Deutschland 1918-1945
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Tagebuch Heinz Wild (1945)

Dieses Tagebuch stellte der 1928 geborene Heinz Wild dem NS-Dokumentationszentrum im Jahr 1999 kurzzeitig zur Verfügung. Damals bestand leider noch nicht die Möglichkeit, auf schnelle und finanzierbare Art und Weise gute Reproduktionen anzufertigen. Daher liegen hier lediglich herkömmliche schwarz-weiß-Kopien des Lagertagebuchs vor. Die Reproduktionen werden im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln im Bestand „KLV“ aufbewahrt. Die im Tagebuch erwähnten anderen Schriftzeugnisse („Lagerheft III“ oder „Westwall-Erlebnisse“) sind leider nicht erhalten.

Außerdem überließ Herr Wild folgende Erinnerungen an seine Jugendzeit:

„Dienst im Jungvolk/Hitler-Jugend

Eintritt in das Jungvolk am 20.4.1938. Antreten war Mittwochs und Samstags.

Vor allem wurde durch Mülheim marschiert. Anfangs hieß es noch: Links durchtreten, das wurde Ende 1938 jedoch abgeschafft. Das Jungvolk wurde verächtlicherweise „Schritt-HJ“ genannt.

Gesungen wurden Marschlieder, die wir bereits in der Volksschule gelernt hatten:

Die blauen Dragoner, sie reiten
Aus grauer Städte Mauern
Ein Heller und ein Batzen
Argonnerwald um Mitternacht
Graue (-braune-) Kolonnen ziehen in der Sonnen
Unsere Fahne flattert uns voran
Es zittern die morschen Knochen, bei diesem Liede ist erwähnenswert, dass wir im Refrain nur singen durften ... heute „hört“ uns Deutschland und nicht „gehört“

Vor jüdischen Geschäften und da, wo Juden wohnten, sangen wir
„Und die Juden ziehen dahin, daher
Sie ziehn durchs rote Meer
Die Wellen schlagen zu
Die Welt hat Ruh.

Wenn wir mit Fahne oder Wimpel marschierten, mussten die Passanten die Fahne/den Wimpel grüßen. In jedem Jungzug oder Fähnlein befanden sich immer einige Rabauken, die den Männern, die nicht grüßten, den Hut vom Kopf schlugen.

Bei den Heimabenden – meistens hatten wir kein Heim – war von politischer Bildung keine Rede. Wer sollte uns auch bilden? Die Führer waren gleichaltrig und genau so politisch unerfahren, wie wir selbst. Es wurden Geschichten erzählt und immer wieder gesungen:

Heilig Vaterland, in Gefahren
Vorwärts, vorwärts schmettern die hellen Fanfaren

Nur Marschieren und Singen war auf Dauer uninteressant, und ich verdünnisierte mich oft an der nächsten Straßenecke, bis ich mich schließlich im Fanfarenzug anmeldete. Ich bekam eine Fanfare ohne Mundstück. Das musste man sich selbst kaufen; Preis 1,50 RM. Das Geld bekam ich nicht. Originalton meiner Mutter: „Wann Do för die blose solls, dann sollen die och dat Mungkstöck bezahle.“

Also machte ich nach dem Befehl: „Zum Spiel auf“ die eleganten Bewegungen mit, und tat so, als ob ich spielen würde. Nachdem ich meine Mutter ‚weich geklopft‘ hatte, machte es mir große Freude, das Fanfarenblasen zu erlernen.

1939 wurde ich Hordenführer und 1940 Oberhordenführer, 1942 wurde ich dann in die Hitler-Jugend übernommen. Ich meldete mich zum HJ-Streifendienst. Dort wurde zur Auflage gemacht, dass wir uns später freiwillig zur Waffen-SS melden müssten und diese Meldung im H-J. Ausweis vermerkt werde. Als Zeichen der Zugehörigkeit zum Streifendienst trugen wir eine schmale Armbinde mit der Aufschrift „HJ-Streifendienst“ und an der HJ-Mütze eine weiße Kordel. Streifen im eigentlichen Sinne haben wir nie gemacht.

Ausweiskontrollen durften wir erst nach der Wochenschau machen. Wir mussten nämlich kontrollieren, ob sich unter 14- bzw. 18-Jährige Filme ansahen, die für derartige Altersgruppen nicht zugelassen waren. Wir haben jedoch niemanden rausgeworfen und nahmen die Kontrollen zum Anlass, uns selbst die Filme anzusehen, und dazu noch kostenlos.
1942 und 1943 wurden wir über die Pfingstfeiertage in die Jugendherberge nach Altenberg geschickt. Wir sollten dort, am Altenberger Dom, Ansammlungen der „Bündischen Jugend“ verhindern. Zusammenkünfte allerdings haben wir nie gesehen.

Das Mülheimer Rheinufer, besonders der Kohlplatz, war 1943/44 ein Treffpunkt der – wie man uns sagte – Edelweißpiraten. Sie würden dort verbotene Lieder singen und in Opposition zur HJ stehen. Wenn wir in geschlossener Form dorthin marschierten, waren sie bereits vorgewarnt und verschwunden. Ebenso erging es uns bei Streifen in Deutz, wo der Luftschutzbunker am Helenenwall als Treffpunkt galt.

Am 20.4.1943 wurde ich zum Kameradschaftsführer und ein Jahr später zum Scharführer befördert und am 17.7.1944 mit der Führung einer Gefolgschaft beauftragt. Unser Heim befand sich in der Lindenstraße. Geleitet wurde der Streifendienst vom Gefolgschaftsführer Gustav Ganss. Er wohnte damals in der Jahnstraße, wurde dort ausgebombt und zog mit Frau und Kind in die Lindenstraße. Sehr oft habe in den Sohn, der als Säugling in einem Weidenkörbchen lag, bei Fliegeralarm in den Luftschutzkeller getragen.

Meine Tätigkeit beim HJ-Streifendienst endete mit der Einberufung zum HJ-Stellungsbau (Schanzarbeiten am Westwall).

Arbeit adelt den Mann
das Kind aber adelt die Mutter

Aufgrund dieses „Tischspruches“ erhielten wir 1943/44 den Befehl Schwangere zu grüßen. Diesen Befehl habe ich nur 1 Mal ausgeführt, denn als ich mich vor einer Schwangeren aufbaute, die Hacken zusammenschlug, den rechten Arm zum Gruß erhob und ‚Heil Hitler‘ brüllte, da hat die mir eine geknallt, so dass mir Hören und Sehen verging. Seitdem war ich in dieser Hinsicht Befehlsverweigerer.

Brandwache in öffentlichen Gebäuden

Im allgemeinen waren diese Gebäude des nachts leerstehend. Man konnte sich bei der Stadt Köln als Brandwächter bewerben. Ich kam 1943 an die Berufsschule Deutz-Mülheimerstr. 148 in Köln-Deutz. Die „Besatzung“ bestand aus 4 Personen. Wir erhielten pro Nacht 2.- RM und freie Dienstfahrscheine für die Straßenbahn.

Als die Schule Brandbomben abbekam, haben wir noch während des Luftangriffes mit den Löscharbeiten begonnen; konnten auch Unterrichtsmaterialien und Schulmöbel vor den Flammen retten. Wegen meines hervorragenden Einsatzes – so der Oberbürgermeister der Stadt Köln (Dr. Winkelnkemper) – wurde mir am 30. Januar 1944 das Kriegsverdienst 2. Klasse verliehen.

Ernteeinsatz

1. Sommer 1941 in Freital bei Dresden

Mehrere KLV-Lager waren im Einsatz. Wir mussten Johannisbeeren pflücken. Jede Lagermannschaft erhielt einen großen Pappkarton, in dem innen eine Skala angebracht war. Die einzelnen Striche waren mit RM-Beträgen markiert. Hatten die Beeren den 1. Strich erreicht, so bekam die Gruppe 0,20 RM usw.

Als Kölner Stadtjugend hatte keiner von uns „Pflückerfahrung“ und brachten lediglich 1,20 RM zusammen, wogegen die Lager aus ländlichen Gegenden es auf mehrere RM brachten.

2. Sommer 1941 in der Nähe von Dresden-Hellerau

Wir mussten Kartoffelkäfer sammeln. Geld gab es hierfür nicht. Beide Male wurden wir aber bestens verpflegt.

Kriegshilfsdienst der deutschen Jugend während der Sommerferien 1942

Man hatte die Wahl zwischen Straßenbahnschaffner und Brief- bzw. Paketzusteller. Ich entschied mich für die Zustellertätigkeit und arbeitete vom 28.6.-25.7.1942 beim Postamt Köln-Mülheim. Bruttoverdienst 97,92 RM. Zusätzlich gab es Trinkgeld. Besonders spendabel waren Soldatenfrauen, die von ihren Männern aus Russland Sonnenblumenöl geschickt bekamen. Das Öl befand sich in Konservendosen, die zugeschweißt waren.

Nach den Ferien habe ich sonntags freiwillig Briefe ausgetragen. Vom Amt gab es dafür 3,65 RM. Von dienstverpflichteten Frauen hingegen, bekamen wir 5. RM. Sie waren froh, sonntags frei zu haben. Damals waren 5. RM für uns viel Geld. Die billigste Kinokarte kostete damals 0,50 RM

Kriegsbetreuungsleiter (KBL)

Die Aufgabe des KBL übernahm ich 1943 und hatte die Pflicht den eingezogenen Kameraden Briefe zu schreiben, damit das Band Front-Heimat nicht zerrissen wurde. In der Verwandtschaft und bei Bekannten sammelte ich Zeitschriften und Illustrierte und schickte sie an die Front. Über Päckchen freuten sich unsere ehemaligen Kameraden ganz besonders. Ein reger Postverkehr entstand.

Schlimm waren allerdings die Nachrichten: Für Führer, Volk und Vaterland gefallen. Diese Nachrichten häuften sich besonders nach der allierten Invasion, denn viele von uns waren in der Normandie – hauptsächlich in Caen zum Einsatz gekommen, in der 12. SS-Division Hitler-Jugend.

Vormilitärische Ausbildung

- kein WE -; kein RAL-Lager!

1. Ski-Kursus Fischen i. Allg. Wannenkopfhütte
   Kosten 5.- RM. Auf Antrag auf 2.- RM ermässigt
   Die Ski-Ausrüstung wurde am Ort gestellt.

2. Reit- und Fahrkursus 1943
   Pol-Kaserne. Raderthal-Raderberg?
   Damals Endstation der Linie 7

Besonders in Erinnerung ist mir die Schleiferei seitens der Pol.-Offiziere. Wir hatten uns Sporen gekauft und traten damit an.
„Wollt ihr uns die Pferde versauen?“ so ein Ausbilder. Hinlegen – auf usw. Zur Strafe erst einmal an 6 Abenden Stalldienst.

3. Schießausbildung am K 98
   1944 in Troisdorf. Schießanlage der Reichsbahn.
   HJ-Schießabzeichen in Silber erhalten.

Wehrertüchtigungslager = WE     Ausbildung = Wehrmacht - Reichsausbildungslager = RAL   Ausbildung = Waffen-SS

Als Angehöriger des HJ-Streifendienstes = Nachwuchsorganisation der Waffen-SS wurde ich für 2 x von je 3 Wochen in ein RAL eingezogen: 1943 nach Eipel, Kreis Pardubitz in Böhmen und Mähren, 1944 nach Freusburg bei Wissen/Sieg.

Die vormilitärische Ausbildung endete mit einer Abschlussprüfung. Man erwarb den „K-Schein“. Hierzu mussten Kenntnisse u. a. in Gelände- und Kartenkunde, in Kompasskunde, im Meldewesen und Tarnung, im Entfernungsschätzen und Spähertätigkeiten vorhanden sein. Nebenbei wurden Prüfungen für das HJ-Leistungsabzeichen - Sport – abgehalten.

Die Ausbildung stand unter dem Motto: Gelobt sei, was hart macht. Kniebeugen mit vorgehaltenem Karabiner. Laufen – hinlegen. Laufen – hinlegen. Das ging einem natürlich an die Nerven.

Ich kann mich erinnern, dass ein Kamerad neben mir beim Robben stöhnte: Wir können stolz darauf sein, dass wir auf dem Kasernenhof unter der SS-Fahne geschliffen werden.

Gelegenheit macht Diebe

Die Dienststelle des Bannes 53 befand sich in der Kamekestraße. Von dort aus wurden die Einberufungsbescheide für die Wehrertüchtigungs- und Reichsausbildungslager verschickt. Es handelte sich hierbei um eine vorgedruckte Blanko-Doppelkarte, (Postkartengröße) in der man handschriftlich den Bestimmungsort und die Dauer der Ausbildung vermerkte. Der anhängende Teil galt als Fahrausweis der RB – Deutsche Reichsbahn –. Auch hier brauchte man nur Abfahrt- und Ankunftsort handschriftlich eintragen.

Irgendwie ergab sich die Gelegenheit einen Packen solcher Bescheide zu klauen. „Organisieren“ wie man damals sagte. Fortan machten wir Spritztouren – von Samstagnachmittag bis Sonntagabend – nach Düsseldorf, Münster, Berlin, Leipzig und Dresden. Das beliebteste Ziel war im Jahre 1944 das unzerstörte Dresden. Wir füllten uns die Karten gegenseitig aus; schließlich musste man ja für zu Hause ein „Alibi“ haben.“

 

Über die unmittelbare Nachkriegszeit berichtete Heinz Wild am 13. November 1978 in einem Brief an Gerhard Dabel: „

Auch ich hatte es nach dem Kriege recht schwer. Als ich von Bad Tölz zurückkam, stand ich als 17-Jähriger allein. Mein Vater war gefallen und meine Mutter mit unbekanntem Ziel evakuiert. Ich fand sie erst ein Jahr später. (…) Im Beruf kreidete man mir meine HJ-Zeit sehr an. Betriebsräte, die gleichzeitig in der Entnazifizierung tätig waren, sorgten mit allen Mitteln dafür, dass ich die noch nicht abgeschlossene Lehre aufgab. Ich schlug mich daraufhin als Hilfsarbeiter am Bau durch. Von 1953 an ging es dann aufwärts. Abendschulbesuche verhalfen mir dann eine richtige Existenz aufzubauen. Jetzt bin ich seit fast 20 Jahren in einer großen privaten Krankenversicherung beschäftigt.“

 

 

 

 

Heinz Wild
Köln-Mülheim
Bunker Berg. Gladbacher [Straße]

1945

Annemie

1. Januar 1945

Prosit Neujahr! Das neue Jahr hatte begonnen. Die ganzen Stuben in dem Bunker waren in dem Hauptraum versammelt. Man wünschte sich ein frohes neues Jahr. Die Feier war herrlich. Jedoch voriges Jahr 1000 x besser, aber man hilft sich eben aus. Ein Glück, daß wir im Bunker sind, denn draußen strömen schon wieder die Menschen in den Bunker herein. Es ist Großarlarm. Um 3.00 Uhr gingen wir schlafen. Alle waren leicht angeheitert. Wir hatten noch Wein aus unserer alten Wohnung. Auch Starkbier gab es. Um 9.00 schon stand ich wieder auf und der Bretzel, den uns Frau Knümann gebacken hatte, wurde angeschnitten, der letzte Rest Bohnenkaffee von der Weihnachtssonderteilung wurde getrunken. Bis zum hochfeierlichen Mittagessen ging ich durch das völlig zerstörte Mülheim spazieren, auch unsere ausgebrannte

Wohnung wurde mit einem Besuch geehrt. Mittagessen wie voriges Jahr, außer dem Sekt nach Tische. Nachmittags war Fliegeralarm und ich schrieb einen Brief an meine Annemie, die ich leider nicht besuchen konnte, weil den ganzen Nachmittag Großalarm war. Abends mußte ich meinen Koffer packen, denn ich fahre ja morgen um 14.30 nach Podiebrad. So verging der früher so schöne Tag ganz müßig. Im Radio war abends herrliche Musik und nach dem Nachrichtendienst legte ich mich schlafen.

Dienstag 2.I.

Letztes großes Packen. Nichts darf vergessen werden. Ich mußte noch zum Bäcker, Brötchen abholen, denn wir fahren zuerst bis Dresden und da muß man eine schöne Marschverpflegung mitnehmen, damit man nicht unterwegs verhungert. Der Zug fährt um 16.15, also müssen wir um 14.30 abgehen, denn Straßenbahnen fahren ja keine mehr. Wir sind auf Lastautos angewiesen, aber man kann sich nicht auf die verlassen. Um 14.20 kommt mich ein Kamerad

abholen und bis dahin muß ich fertig sein. Die Mutter ist ja so besorgt. Die Marschverpflegung ist fertig und wird verstaut, was doch in so einen Brotbeutel alles hineingeht. So, jetzt kann Günther kommen, ich bin reisefertig. Von Bahnhof Deutz müssen wir nach Düsseldorf und von da aus erst geht´s weiter nach Dresden. Eine schöne Fahrt. Der Abschied von den Eltern ist herzlich, in 3 Wochen bin ich ja schon wieder zurück. Der Zug hatte gut in Düsseldorf Anschluß. Sogar Sitzplätze bekamen wir. Zu unserer Überraschung war auch eine Schönheitskönigin im Abteil. Schon bald hatten wir uns angefreundet und diese Freundschaft war von Nutzen, die Mutter nämlich war eine starke Raucherin und sie unterließ es keinmal, uns eine Zigarette anzubieten. Das Mädel jedoch erwies sich als eine Klette, gerade jetzt wo es dunkel wurde, als auch der Spenderin, also ihrer Mutter, die Zigaretten alle wurden, ließ ich von der schönen Fee. Ich versuchte dann zu schlafen, wurde aber mehrmals durch das Einsteigen anderer Reisender geweckt.

Mittwoch 3.I.

Das Rattern der Räder hält noch an, immer noch befinden wir uns im Zug. Schlafen kann man nur wenig. Ich verspüre schon Hunger und greife

zum Brotbeutel. Ein Brötchen schmeckt einem nachts im Zug immer gut, das mußte ich auch feststellen, darum nahm ich auch noch ein weiteres zu mir. Ich schlief wieder ein. Plötzlich gab es einen Ruck, ich erwachte. Komisch, es war draußen schon hell. Günther war schon wach. Wie mochte ich aussehen? Bestimmt verschlafen. Der Tag verging langsam. Ich hatte noch einen Kriminalroman bei mir und las ihn aus. Abends um sieben Uhr liefen wir in Dresden Hauptbahnhof ein. Die Klette war schon in Leipzig ausgestiegen. Es war schon dunkel, und so gaben wir zuerst unser Gepäck ab, und dann wuschen wir uns gründlich. Dann galt unser erster Weg der Telefonzelle. Leider hatte Frau Räbner kein Zimmer mehr frei, so mußten wir uns eben so durchschlagen. Dresden ist noch wie im Frieden. Mit der Straßenbahn fahren wir nach Neustadt und nehmen unser Abendbrot zu uns. Man kannte mich im Ratskeller und so bekamen wir gute Portionen. Von 23.00 Uhr an spielt im Wartesaal für Wehrmacht Kino. Wir gehen hinein, aber den Film kennen wir schon, und so begannen wir wieder zu schlafen.

Donnerstag 4.I.

Ich werde wach und staune, wo bin ich? Langsam erinnere ich mich wieder. Es ist 3.00 Uhr. Bis 4.00 Uhr halten wir uns im Wartesaal auf und fahren Straßenbahn bis 8.00 Uhr. Immer von Endstation zu Enstation. In der Pension waschen wir uns und trinken Kaffee. Dann gehen wir in die Stadt, um Einkäufe zu machen. Nachmittags gehen wir ins Kino und sehen "Die goldene Fessel" sowie "Seinerzeit zu meinerzeit". In einem richtigen Federbett, das wir seit September nicht mehr kannten, sind wir um 23.00 Uhr schnell eingeschlafen.

Freitag 5.I.

Der zweite Tag in Dresden verging so wie der erste. Wir sahen die Filme "Glück bei Frauen" mit Heesters und "Jonny stiehl Europa". Abends waren wir im Sarrasani. Das Programm war nicht berühmt. Die Hochseilnummer jedoch war hervorragend.

Samstag 6.I.

Ein Tag war wie der andere. Ich lernte ein Kölner Mädel kennen und ging mit ihr in "Träumerei und Liebe". Ihre Adresse lautet: Hilde G..., Dresden A 1, Johannsistr. 14.

Sonntag 7.I.

Schon wieder saßen wir im Zug. Wir fahren nach Prag. Haben aber direkt Anschluß nach Podiebrad und fahren auch gleich weiter. Im Personzug Prag - Podiebrad lerne ich Fritzchen, eine KLV-Unterführerin kennen. Wir fahren absichtlich eine Station zu weit und so verbringe ich mit ihr 2 Stunden in einer einsamen Bahnhofswirtschaft. Die Ankunft im Lager war nichts Besonderes. Wir bekamen ein Zimmer angewiesen. Am anderen Tag sollte für uns der Dienst losgehen.

Montag, 8.I. bis Sonntag 21.I.

siehe Lagerheft III [nicht erhalten]

Montag 22.I.

Prag-Hibernerbahnhof. Wir haben 4 Stunden Aufenthalt. Es ist Nacht. Auf dem Bahnsteig, ebenfalls wartend, sehe ich die Filmschauspieler Grethe Weiser, Elisabeth Flickenschildt, Aribert Wäscher und einen Unbekannten. Für uns

ein Erlebnis. Morgens kommen wir in Dresden an, abends geht die Fahrt weiter. Wir holen unsere Sachen in der Pension ab. Sehen noch den Film "Philharmoniker" und abends geht die Fahrt nach Leipzig weiter. 8 Stunden. Die Amerikaner hatten den Bahnhof angegriffen.

Dienstag 23.I.

Wir befinden uns im Zuge Leipzig - Köln. In Bebra fährt der Zug nicht weiter. 15 Stunden Aufenthalt, dann geht erst der nächste Zug nach Köln. Günther und ich entschließen uns, nach meinem Bruder, zum Guppi zu fahren. In Fulda hatten wir wieder Aufenthalt. Unser Koffer mit meinen neuen Schuhen wurde auf der Gepäckaufbewahrung gestohlen.

Mittwoch 24.I.

Würzburg. Bald werden wir am Ziel sein. Wird Guppi erstaunt sein. Ich P.Z. [!] schaue ich nach Gabi, finde sie aber nicht. Schade! Ich hätte sie gerne noch mal gesehen. Ob sie schon verheiratet ist? Seit Pfingsten ist ja auch eine lange Zeit. Abends kommen wir in Kröttenbach an. Guppi war sehr überrascht, aber auch die ganze Familie Schröder. In der alten Kammer, wie damals mit

Hans, habe ich geschlafen. Das Abendbrot war gut. Sogar Schinken gab es. Schwer erschöpft von der langen Fahrt schliefen wir bald ein.

Donnerstag 25.I.

Ich fahre mit Guppi nach Öttingen und kaufe ihm Unterwäsche. Mittags essen wir im "Goldenen Hirsch". Auf der Rückfahrt lerne ich Gertrud kennen, die aus Boich beim Bauer Ott evakuiert ist. Ich bringe sie nach Hause und sie läßt meine Abschiedsgesten über sich ergehen. Glücklich gehe ich nach Hause.

Freitag 26.I.

Die Tage vergehen nur langsam. Tagsüber fahre ich mit Guppi Schlitten.

Samstag 27.I.

Auch dieser Tag vergeht sehr trüb. Bis 11.00 Uhr habe ich geschlafen. Furchtbar einsam ist es in so einem Dorf und dann im Winter. Abends treffe ich mich mit Gertrud.

Sonntag 28.I.

Es ist der letzte Tag hier. Gott sei Dank. Der Abschied von Guppi fällt mir schwer, er weint fürchterlich. Von Gertrud geht es besser. Schon sitzen wir wieder im Zug, fahren Würzburg entgegen, alles liegt schon wieder weit hinter uns. Das ganze, noch unzerstörte Würzburg winkt uns.

Montag 29.I.

"Die Frau meiner Träume". Das war ein Film. Die Musik, also einzig. Schau nicht hin, schau nicht her; in der Nacht ist der Mensch nicht gern nicht alleine; ich warte auf Dich, Du bist das Glück für mich. Einfach, tolle Lieder. Das war das Richtige für nach so einem Dorfleben. Jetzt war man wieder Stadtmensch und ... Kavalier. Auch Traummusik war herrlich!!! Man konnte wirklich gut bei träumen und schlafen.

Dienstag 30.I.

Fahrt nach Fulda. Koffer ist und bleibt verschwunden. Eine richtige Gemeinheit, uns armen "Totalausgebombten" das letzte Gut noch zu stehlen. Von Frankfurt bis Köln auf LKW´s durchgeschlagen.

Mittwoch 31.I.

Ankunft in Köln. Endlich wieder daheim. Meine Mutter war sehr erfreut über die Eier und das Mehl.

Donnerstag 1.II. bis Montag 5.II.

Bunkerleben in Köln. Immer ist Fliegeralarm. Man kann sich kaum aus dem Bunker herauswagen. Morgens muß ich für Wasser sorgen. Am Sonntag war zum ersten Mal Kinovorführung im Bunker. Alles war vorhanden, der große Raum war überfüllt. Das erste Mal seit dem 28. Oktober wieder Kino in Mülheim. Das kann man in den Kalender schreiben. Dr. Crippen an Bord. Montag erhalten wir auf dem Gebiet unseren Marschbefehl nach Reichenberg ins Sudetenland. Im Dombunker treffe ich Hans, meinen besten Freund Hans, dem ich seit dem Westwall-Rückzug nicht mehr gesehen habe, wieder. Wir hätten uns sehr viel zu erzählen. Das Schicksal war uns sehr hold und so mußten wir zusammen nach Reichenberg.

Dienstag 6.II.

Schon wieder Abschied von Köln. Diesmal ging die Fahrt nach Dresden schneller. Im Zuge lernte ich zwei "Neue" kennen. Im Tunnel wurde es sehr spannend. Schade, dass Gisela in Erfurt ausstieg. Es wäre bestimmt noch spannender geworden. Aber auch so wurde es noch ganz nett, nämlich meine Nachbarin erwies sich auch als ganz angenehme Person. Sie verstand was vom Handwerk. Leider war sie etwas dick. Ich konnte mich hinter ihr verstecken. Schließlich kamen wir in Dresden an. Müde und ausgehungert.

Mittwoch 7.II.

Ich zeige Hans die Stadt Dresden mit noch all ihren Schönheiten. Abends sahen wir uns das Sarrasani - Februar - Programm an. Am Bahnhof abends, als wir weiter fahren wollten, erfuhren wir, dass unser Zug ausfällt. Also mußten wir ein Nachtquartier suchen, fanden aber keins. War alles von Flüchtlingen besetzt. Im Wartesaal stand ein weiblicher Posten. Einfach nicht auszudenken, die in Ruhe zu lassen. So fing ich mit

ihr einen "Visternöll" an. Es wurde auch ganz spannend, besonders, als wir beide die sog. Frau im P... suchten. Ich gab ihr mein Edelweiß als Andenken an die schönen Stunden und bekam von ihr ein seidenes Halstuch. Der Abschied fiel schwer. Sie weinte bitterlich am Bahnhof und konnte sich kaum von mir trennen. Das arme Mädel, sie tat mir aufrichtig leid.

Donnerstag 8.II.

Nach einer 6 stündigen Fahrt kommen wir in Reichenberg an, ein wunderschönes Städtchen. Mir hat es auf den ersten Blick gefallen. Wir meldeten uns sofort auf dem Gebiet und hier teilte man uns mit, dass Aly (Bannführer) verreist sei und erst in 5 Tagen zurückkäme. Wir sollten uns in der Jugendherberge einnisten und uns gute Tage machen. Uns war das natürlich nicht angenehm. Zuerst schliefen wir uns aus, wir hatten ja so lange nicht mehr geschlafen. Bald war alles in tiefem Schlummer.

Freitag 9.II.

Um 8.00 Uhr ist allgemeines Wecken. Auch wir Kölner müssen uns bequemen. Wir frühstückten in der KWV - Gaststätte. (o.M.) Dann geht es auf, um die Stadt zu besichtigen. Es wurden auch Kinokarten für 3 Vorstellungen gekauft. Mittags gingen wir in den Ratskeller essen. Anschließend Kaffeetrinken im Rathauskaffee. Diese beiden Lokale wurden als "Stammkneipen" ausgemacht. Marken empfingen wir für 7 Tage. Nachmittags

gingen wir in: "Die falsche Geliebte" und "Konzert". Beides zwei echte Filme. Mädels hatten wir noch keine kennengelernt. Aber sehr hübsch waren sie durchweg alle.

Samstag 10.II.

Der zweite Tag in Reichenberg. Wie gestern. Essen, Kino und Schlafen. Wir haben ein Leben, wie die Fürsten. Man merkt gar nichts vom Krieg. Wir sahen die Filme: "Der Täter ist unter uns" und "Wiener Blut". Auch einige Mädels lernte ich mit Hans zusammen kennen. Es waren aber noch Kinder, wir ließen sie bald laufen.

Sonntag 11.II.

Auch wieder wie gestern. Im Kino Adria sahen wir "Wiener Blut" mit unserer "neuen" Bekanntschaft. Die Uniform macht viel aus. Melitta ist sehr anhänglich, also gut für Sonntags. Nachmittags sahen wir den tollen Film: "Auf Wiedersehen, Franziska". Brachte Melitta nach Hause. Die ersten Zärtlichkeiten.

Montag 12.II.

Ausgang mit Melitta. Liebesgeständnisse am laufenden Band. Sie spricht mit ihren 16 Jahren wie eine 20- jährige. Sie will sich mit mir verloben. Ehe ich mich versah, hatte ich einen Ring am Finger. Ich sagte, sie sei verrückt, sie aber störte sich nicht, gestand mir ihre Liebe. Das Kind! Sie wurde sogar aufdringlich. Es war der letzte Abend. Sie wolle immer auf mich warten, bis an ihr Lebensende. Die Verrückte!! Schließlich wollte sie mir noch täglich schreiben und ich erklärte ihr, dies sei Postüberlastung. Sie wurde wütend, beruhigte sich aber schnell und machte ihre Liebeserklärungen weiter, schließlich wurde es mir zu dumm und ich ließ sie einfach stehen. Sowas hatte ich noch bei keinem Mädel gemacht. Verdient hatte sie es ja. So ein Kind. 16 Jahre und so verrückt.

Dienstag 13.II.

Wir wollten in der Frühe um 4.00 Uhr weiterfahren. Aber es war doch etwas zu früh. So gingen wir noch 2 x ins

Kino. Einen Heesters Film "Es fing so harmlos an" und "Das war mein Leben". Ich lernte die Frau eines SS Obersturmführers kennen und ging mit ihr ganz groß aus. Sie war aus dem Rheinland und höchstens 25 Jahre. Außerdem hübsch und fein und ziemlich klein. Hans mußte zum Bannführer und erfuhr, dass er nach Karlsbad komme, also leider nicht mehr mit mir nach Johannisbad. Ich soll dort als Hauptlagermannschaftsführer und Hans und noch 3 Mann als Lagermannschaftsführer.

Der Abschied von Hans war herzlich. Ich ließ ihm meine Tarnjacke.

Mittwoch 14.II.

Ich habe Geburtstag. 17 Jahre. Dieses Jahr hatte ich wenige Gratulanten, von Geschenken will ich gar nicht sprechen. Wir fahren nach Trautenau und erfahren, dass das Lager in Johannisbad noch nicht zusammengestellt ist. Wir sollen bis zu unserem Einsatz nach Petzer. Wir gehen in "Die Jungfern vom Bischofsberg". Am Bahnhof warten wir 2 Stunden lang auf den Zug, der nicht kommen will. BDM Mädels verschaffen uns ein herrliches Privatquartier für die Nacht. Wir schlafen herrlich.

Donnerstag 15.II.

Wir fahren nach Petzer und melden uns bei dem Hauptlagerleiter, der schickt uns nach Grossaupa in ein prima Lager. Wir leben als Gäste. Abends gehen wir schon in "Ein schöner Tag".

Freitag 16.II.

Das Leben geht weiter. Essen ist prima. Den ganzen Tag sind wir auf den Brettern. Bei der Schlittenfahrt habe ich mir das Gesicht stark verbrannt. Ullr gibt es hier in Massen zu kaufen. Auch andere Kleinigkeiten. Holzteller, Armbänder, Halsketten, usw. Ich erfahre, was Ullr eigentlich heißt:

Unser Leben lenke Rübezahl.

Samstag 17.II.7

Wir baden uns und machen eine Sch-H-Maske. Abends sehen wir "Meineidbauer". Übe Fingerfertigkeiten bei einer Kindergärtnerin aus.

Sonntag 18.II.

Fange meine Westwall - Erlebnisse an zu schreiben. Soll ein Kriegsheftchen geben oder etwas für die "Junge Heimat". Es heißt "Mit 15 Jahren das EK II". Am ersten Tag schrieb ich 6 Seiten. Bin todmüde und falle bald ins Bett.

Montag 19.II.

Sina aus der Küche ist auch nicht übel, das mußte ich auch feststellen. Eigentlich ein ganz hübsches Kind. Gehe mit ihr auf den Speicher, um Wäsche zum Trocknen aufzuhängen. Es wird spannend und sie wird "ironisch". Mit dem Roman habe ich viel Arbeit. Ist gar nicht so einfach. Abends bemale ich meinen Holzteller mit einem Schutzpatron.

Dienstag 20.II.

Ich muß zur Kammer kommen und meinen Lebensmittelabendschein abgeben. Empfange eine neue Winteruniform mit Braunhemd. Morgen müssen wir zur Bohnwiesbaude, dem LMF in seinem schweren

Dienst helfen.

Mittwoch 21.II.

Bohnwiesbaude liegt herrlich. 1600 m hoch. Der Weg war schwer mit unserem ganzen Gepäck. Ich habe sofort in ein Mädel vernarrt. Martha heißt sie. Kann aber keinen werden. Meine Parole heißt jedoch: Abwarten. So wahr ich Heinz Wild heiße, die wird erobert. Mit der Zeit läßt es sich schon machen. Mohnblütentee. Martha heißt [?]. Vom Angesicht sehr hübsch, auch die Figur läßt nichts zu wünschen übrig. Alter zwischen 17 und 20 Jahre, ist schwer zu schätzen in dem Alter und bei der Schönheit. Habe noch nicht mit ihr gesprochen.

Donnerstag 22.II.

Der erste Angriff ist gelungen. Wir fahren zusammen nach Petzer ins Kino. Martha, die Lagerleiterin (übrigens auch jung und hübsch), und noch eine. Ich mache meine erste Schlittenpartie. Ein Weg von 7 km immer bergab. Begeistert kam ich unten an, das Kino war "ausverkauft". Wir fuhren noch mit dem Rodel. Ich konnte jedoch wieder nichts erreichen.

Freitag 23.II.

Ein trüber Tag. Morgens fuhr ich nach Petzer und legte mir ein Postsparbuch an. Nr. 14 204 637. Im Café sah ich das Affenmädchen. sie suchte Anschluß, ich aber blieb kalt. Sonst verging der Tag ruhig. Unser Lagerstempel ist tadellos, ich will ihn hier festhalten.

KLV.-Lager
Neue Bohnwiesbaude
Post Schwarzenthal
Sudetenland

Samstag 24.II.

Kaufe mir einen neuen Ullr. Übrigens ich habe von meinem Roman schon 10 Seiten. Die Inschrift heißt: Ich schütze Dich in meinen

Gross-Aupa im Riesengebirge

 

Bergen. Wir wollen ins Kino nach Schwarzenthal gehen, aber ein heftiger Schneesturm hinderte uns daran. Abends zwinkerten wir mit den Jungens und dem Küchenpersonal in fröhlicher Runde. Martha zwinkerte mir häufig zu und ich verspürte, dass ich ihr nicht gleichgültig war. Ich blieb natürlich gern sitzen und machte keine Anstalten, von dem Platz zu kommen.

Sonntag 25.II.

Morgens habe ich lange geschlafen. Nachmittags fuhren wir nach Grossaupa ins Hotel Seitz. Die Lagerleiterin war sehr überrascht, ebenso ihre Schwester Liesel, die Kindergärtnerin. Wir organisierten im Laufe der Zeit Bleistifte, Radiergummis und sogar ein Stück Toilettenseife. Der Volks-Brockhaus ging mir sehr zu Herzen, ich konnte Golli aber nicht erreichen. Im Zimmer habe ich die Liesel, nach schweren Versuchen zum ersten Mal ..., na ja, schwer war es ja, aber schön. Das 1. Mal in meinem Leben, daß ich eine 32 jährige kompromittierte. Abends saßen wir zusammen beim Tee. Ich brachte Martha bis zu ihrem Zimmer, konnte aber nichts machen, sie ist ein selbstsicheres Mädel und hat sich in der Gewalt. Bei der Schönheit, alle Achtung. Aber eines Tages wird sie doch nachgeben müssen, denn ich will nicht angeben, ich bin ja auch nicht von schlechten Eltern. Trotzdem muß ich Annemie treu bleiben, sicher wird sie mir einen kleinen Seitensprung erlauben.

Montag 26.II.

Wir sollen auseinandergerissen werden. Einer von uns Dreien soll mit den Jüngsten weg und dieselben zurückführen, wogegen sich die übrigen dem Bannführer in Trautenau zur Verfügung stellen müssen. Wir protestieren natürlich dagegen und erreichen auch unser Ziel. Eines mußte ich beim Mittagessen feststellen. Das Feuer hat nachgelassen. Drei Tage war ich schwer in Martha verknallt, gestern abend war der Höhepunkt (wenn auch bescheiden) und heute flaut er ab. Ich muß noch einen Brief nach Hause schreiben. Am Abend höre ich die Montagsendung.

Dienstag 27.II.

Frühzeitig brachen wir auf, wir fuhren nach Hohenelbe 6 km mit Schlitten, dann weiter mit Omnibus. Im Schloß habe ich mit Haug und Jürgen einen Bezugsschein für Schuhe bekommen. Undank ist der Welten Lohn, auch das erfuhren wir hier oben. Ich bekam einen Brief von Lydia mit Hans´ Adresse. Sofort habe ich an Hans geschrieben. Er ist schon angesetzt und zwar in Karlsbad. Hoffentlich werde ich auch bald dorthin kommen.

Mittwoch 28.II.

Letzter Tag in der Bohnwiesenbaude. Ich komme mit Ebelshäuser zur RJF/KLV. Morgen früh geht´s los. Es wird noch gepackt. Schnell sind alle Sachen fertig und wir können die Marschverpflegung empfangen.

Donnerstag 1.III.

1. März Lenzing

Wieder auf der Bahn. Wir können heute nicht mehr schaffen. In Königgrätz übernachten wir.

Freitag 2.III.

Ankunft in Bad Podiebrad gegen 10 Uhr. Meldung auf der Reichesjugendführung. Zimmeranweisung, treffe Sawazlei wieder. Werden hier zum KLV - Stroßtrupp eingesetzt. Bis zum Einsatz Kurier. Essen wunderbar.

Samstag 3.III.

Den ganzen Tag gefaulenzt. Abends hatte ich Wache.

Nachtwache. Ich fühlte mich wie ein Portier. Um 23.00 komme ich zur Ruhe.

Sonntag 4.III.

Morgens werde ich abgelöst. Wir haben Volkssturmdienst und machen ein Geländespiel. Essen tadellos. Abends Kino: "Ein Blick zurück". Bald gehe ich ins Bett. Nichtstun macht müde.

Tschechische Freimarken

Montag 5.III. – Mittwoch 7.III.

Alltägliches Kurierleben. Wird unterbrochen durch den Film, "Kinder vor der Ehe". Auch empfange ich neue Schuhe und Trainingsanzug.

Donnerstag 8.III.

Wir fahren heute nacht. Es geht mit 5 Mann nach Sonthofen Bücher holen. Eine junge Frau müssen wir mitnehmen und ihr tragen helfen. Der Zug fährt heute nacht ab. Vorher empfangen wir nach tadellose Lagerleitermäntel. Ich sehe einfach zackig aus.

Freitag 9.III.

Prag. Wieder einmal bin ich in Prag. Von dem Terrorangriff sieht man überhaupt nichts. Ich kaufe einen Kamm und Ansichtskarten. Wir essen bei der N.S.V.. Bald geht die Fahrt weiter. Oft müssen wir umsteigen, unser nächstes Ziel ist Regensburg.

Kronen und Heller

Samstag 10.III.

Ich bin das erste Mal in Regensburg. In der dunklen Nacht irren wir umher. Finden schließlich ein Quartier und schlafen. Unser Zug geht um 9.30 Uhr weiter. Morgens sehe ich mir die Stadt noch an. Nach München kommen wir nicht rein. Alles zerstört. Nach langer Fahrt kommen wir in Sonthofen abends um 23.30 Uhr an. Auf dem Bahnhof habe ich eine Debatte mit einem billigen Eisenbahner.

Sonntag 11.III.

Ausgeschlafen und gesättigt empfangen wir Ski, Skischuhe, Skibluse, -socken und Handschuhe. Was will ein richtiger Skilaufer noch mehr. Wir fahren raus in´s Gebirge und lassen uns sonnen. Die Zeit ist herrlich.

Montag 12.III.

Schlechtes Wetter. Wir gehen in die Bücher und lesen, lesen, lesen den Tag. Nur die Mahlzeiten unterbrechen unser Tun, verschiedene Bücher gehen mit.

Dienstag 13.III.

Wetter bessert sich. Wir schlafen bis 12.00 Uhr. Nachmittags klärt das Wetter sich auf und wir machen ein paar Aufnahmen. Dann gehen wir (Ich muß unterbrechen, denn gerade sauste eine Lawine zu Tal, es war schlimmer wie eine 5 Ztr. Bombe, mein erstes Naturereignis in den Bergen) in die Stadt. Ich habe hier eine Aachenerin kennengelernt. Jung, hübsch; aber schon verheiratet.

Mittwoch 14.III.

Letzter Tag in Sonthofen. Morgens fahren wir nach Immenstadt. Die Beutewaren sind mitgegangen. Auf dem Bahnhof kriegen wir Krach. Geht schnell vorbei.

Donnerstag 15.III.

Bregenz. Wir haben den Bodensee gesehen. Herrlich! Der Rhein sah richtig zierlich aus. Wir haben viele Bilder gemalt und sind mit der Seilbahn auf den Pfänder gefahren. Kölner Mädel getroffen. Bis 0.10 Uhr haben wir Zeit, abends sahen wir "Opfergang".

Freitag 16.III.

Nach langer Fahrt sind wir in Insbruck angekommen. Auf der N.S.V. gehen wir essen und bekommen ein Quartier zugewiesen. Hier wird Horst seine Uniform gestohlen. Wir rasen zum Westbahnhof und schnappen den Täter. Er wird blutig geschlagen. Wir bringen ihn morgen zum Gebiet. In Fesseln muß er schlafen. Vormittags sehen wir "Karneval der Liebe".

Samstag 17.III.

Wir wachen auf, der Verbrecher ist wieder mit den Sachen durchgegangen. Sofort flitzen wir zum Bahnhof. Leider zu spät, der Zug ist

schon weg. Eine Meldung geht an die Bahnpolizei. Die wird ihn schon fischen. Um 8.00 Uhr legen wir uns wieder hin, und schlafen zu unserem Entsetzen bis 16.30 Uhr. Abends gehen wir in "Glück unterwegs" und der 2. Tag in Innsbruck geht zu Ende.

Sonntag 18.III.

Sonntag. Regenwetter. Klärt sich auf. Nach dem Essen gehen wir in die Stadt und fahren, wie ganz große Herren, mit der Kutschen durch Innsbruck. Abends wieder im gleichen Film wie gestern.

Montag 19.III.

Eine herrliche Bahnfahrt durch das Gebirge. Wir befinden uns auf der höchstgelegenen Bahnstrecke Deutschlands. 1119 m hoch ist Seefeld. Unterwegs werden eifrig Aufnahmen gemacht. Wie herrlich doch das Gebirge ist. Ich sehe zum ersten Mal die Zugspitze. Auch das Olympia - Skistadion mit der Sprungschanze ist herrlich. Den ganzen Tag suchen wir nach dem Kerl. Wir holen uns auf den Marschbefahl Marken

auch "Ullr" und "Urri" kaufen wir. Im Kino sehen wir uns "Es lebe die Liebe" an. Dann gehen wir ins Übernachtungsheim zum Schlafen. Vorher lerne ich noch eine rothaarige tolle Frau kennen, die mich leider sehr enttäuscht.

Dienstag 20.III.

Morgens fahren wir wieder durch das herrliche Gebirge und treffen bald in Innsbruck, ohne Erfolg gehabt zu haben, ein. Wir packen unsere Sachen, machen alles fertig und fahren abends nach Zell am See.

Mittwoch 21.III.

Zell am See. Nachts kommen wir an. Karl kennt einen Bauer und zu dem geht er, mitten in der Nacht. Unterwegs machen wir noch einen Ansichtskartenkasten leer, denn diese sind sehr rar. Wir schlafen in der Scheune. Morgens sehen wir uns den Ort an. Früher muß es hier schön gewesen sein, jetzt sind überall Lazarette. Auch sehe ich das Hotel, wo der Film "Rosen in Tirol" gedreht worden ist. Anschließend suchen wir unsere Stammkneipen und entschließen uns für das Mittag- und Abendessen den Auerwirt, und für Morgen- und Nachmittagskaffee das Café Tirol. Jetzt können wir getrost hierbleiben.

Donnerstag 22.III.

Wieder eine schöne Nacht im Heu. Morgens kommt Fliegeralarm und da kann man sich am besten Sonnen. Nach "Entwarnung" laufen wir zu Tal, denn wir liegen auf einem Berg und holen uns Lebensmittel- sowie Raucherkarten. Wir lernen eine Ungarin und eine Breslauerin kennen.

Nach "Weil ich dich liebe" gehen wir zusammen ins Heu. Sie bleiben die ganze Nacht dort. Ich trete alles an Karl zurück, nachdem ich sozusagen ..-.. bin.

Freitag 23.III. – Sonntag 25.III.

Ich kann keine großen Worte machen. Lege mir ein paar Bilder hin, die besagen alles. Sonntags abends soll unser Zug gehen. 6 Stunden Verspätung

Von einer tollen Bergpartie

Das ist Zell am See. Dieses vorbildliche, saubere Gebirgsstädtchen. Wie schon gesagt man schaue nur die Bilder.

Leider müssen wir allzu früh aus diesem Paradies weg. Aber in der Ferne winkt uns schon Salzburg, die Mozartstadt.

Montag 26.III.

Salzburg. Nach langer Fahrt erreicht. Das schöne Salzburg ist stark mitgenommen. Wir bleiben nicht lange. Die Fahrt geht weiter nach Linz. Hier lerne ich die RAD Sonderführerin Svenhild, die kleine nicht mehr schlanke Svenhild aus Remscheid kennen. Abend gehen wir im Linzer Park spazieren. Der Tag vergeht schnell.

Dienstag 27.III.

Wir sind wieder auf der Bahn. Nach stundenlanger Fahrt, stundenlanger Lauferei, dann mit dem schweren Gepäck. In Budweis müssen wir aussteigen und in Wels. Es geht von Budweis nach Prag. Wir bleiben auf dem Hauptbahnhof, essen und fahren für 30 K - zum Moldaubahnhof, hier essen, schlafen und warten wir auf den letzten Zug.

Mittwoch 28.III.

Letzter Zug. Wir sitzen sogar 2. Klasse. Da wir kein Geld mehr haben, macht der Schaffner uns Schwierigkeiten. Dann kommen wir an. Schmutzig, braun, müde und hungrig. Wir werden bestaunt wie die Marsmenschen. Nach dem Frühstück haben wir eine Gratisvorstellung bei HM. Wir gehen uns beschweren und über das Weitere brauch´ ich nichts schreiben, das werde ich so schnell nicht vergessen. Wir kommen bis zu unserer Bewährung zur Wache.

Donnerstag 29.III.

Ich sitze auf Wache und schreibe. Briefe, Tagebuch, Kurzgeschichten und meinen Roman weiter. Bis 19.00 Uhr habe ich Wache. Abends gehe ich ins Kino, "Frau für 3 Tage".

1. April

Frohe Ostern

Park-Hotel 1.III-8.IV.44 [richtig: 45]

Heute ist der 30. Mai und jetzt erst komme ich dazu, mein Tagebuch weiterzuführen. Den Daten kann ich mich genau nicht mehr erinnern. Aber so gut wie möglich will ich alles weitergeben.

Ostern. Morgens erst um 8.00 Uhr Wecken. Der Kaffeetisch war sehr gut gedeckt. 1 Ei, Bonbons und Kuchen. Beschweren können wir uns also nicht. Den ganzen Tag habe ich Wache, also genügend Zeit, um an Annemie zu denken, die ich 1 Jahr kenne. Der 2. Ostertag verlief herrlich. Im Mozartplatz war Kirmes und das Taschengeld ging schnell drauf. Die Schießbude war einfach toll. Auch lerne ich ein Mädchen kennen. Malarnello. Sie ist sehr reizend, aber nicht zu aufdringlich. Eine echte Freundin. Jeden Abend war ich auf dem Rummelplatz. Die Gewinne blieben natürlich nicht aus. Ich gab sie immer an Friedel ab. In diesen Tagen vollendete ich auch meinen Roman. Friedel und Karl tippten ihn in 7 stündiger Arbeit ab. Er ist nach Prag zur Auswertung gekommen. Was weiter geschehen ist, weiß ich nicht. Eines Abends wurde es bei Friedel

ganz spannend. 2 x. So vergingen die Tage. Neue Uniformen wurden empfangen und alles wurde nochmals einer Prüfung unterzogen. Ich sah die Filme, "Sonntag ist kein Alltag" und "Der Engel mit dem Saitenspiel". Dann noch einen Lustfilm, dessen Name mir entfallen ist. Am 5. April mußte Hirschmann zwei Mann haben, die mit Kuhn nach dem Westen fahren. Kurt und ich meldeten uns und am 7. fahren wir zuerst nach Berlin. In Prag ein Tag Aufenthalt. Dann geht die Fahrt weiter. In Berlin wohnen wir bei Alfred. Ich lerne seine Tante kennen und schlafe auch da. Das Essen ist friedensmäßig. Kurt kommt zum Diepelchen. Eine Nacht verbringen. Einmal soll ich nach Weimar, dann wieder nach Schwerin und schließlich nach Bad Tölz. Damals wußte ich noch nicht, dass Tölz noch berühmt würde. Ich fuhr dann mit der Tante, zuerst nach Podiebrad. Tolle Fahrt und Ölsardinen. Ich empfange neue Zivilsachen, Schuhe, Hemden und so weiter. Dann fährt Karl weiter mit

nach Tölz. Jeder hat 4 Gepäckstücke. Wir lernen viele Mädchen kennen. Unsere erste Station ist Prag. Filme, "Schluß um Mitternacht", "Gruxa", "Maske in Blau". Budweis. Übernachten in HJ-Stelle. Tolle, kleine Schwarze. Linz. Svenhild ist leider nicht mehr da. Am anderen Morgen geht es schon weiter nach Pudheim. Von hier aus ging es nach Vöcklabruck zu Feisswerhr. Wir lernen Wiener kennen. Film "Tolle Nacht". Salzburg sofort Weiterfahrt, in Traunstein [Aufenthalt], Fahrt nach Rosenheim 1. Klasse offenes Fenster. Die letzten Zigaretten geraucht. Unsere Route geht weiter nach Holzkirchen, auf die letzte Strecke per Auto. In Holz wohnten wir zuerst im Haus Hesslinger. Hier lebten wir einfach herrlich. Wir empfingen für 2 Monate Verpflegung. Im Oberland lernte ich eine Frau kennen, die nur aufnehmen wollte, falls mir etwas raus fliegen sollte. Filme. 6 Tage Heimaturlaub und die Frau meiner Träume. Die Frau kam immer näher von Tag zu Tag, wurde der dem erwartet. Eines Abends, der letzte im April

war ich zum Bahnhof, um Fleischdosen zu baustern, da werde ich überrascht und die Brücke wurde gesprengt. So kam ich nicht mehr rüber im Badeteil. Die ganze Nacht war ich in einem Stollen, am anderen Morgen war der Ami da und ich konnte ungehindert gehen. Die Brücke war leidlich ganz.