Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt aufstrebender Jugendgruppen und von deren Organisationen. Ob konfessionell, politisch oder bündisch orientierte Gruppen: sie nahmen erheblich an Größe zu, gewannen deutlich an Selbstvertrauen und traten mit Beginn der 1930er Jahre zunehmend formiert und uniformiert auf. Nach 1933 beanspruchte dann die Hitlerjugend den Alleinvertretungsanspruch für den Jugendbereich, während alle anderen Gruppierungen nach und nach verboten wurden. Das rief schließlich – und besonders im Krieg - die Gruppen unangepasster Jugendlicher auf den Plan.
Nach der Machtübernahme schwankte die Haltung der Katholischen Kirche zunächst zwischen Ablehnung und dem Versuch, sich mit der neuen Regierung zu arrangieren.[1] Bereits im März 1933 mahnte die in Fulda tagende Bischofskonferenz die Katholiken zur „Treue gegenüber der rechtmäßigen Obrigkeit" und warnte vor „rechtswidrigem oder umstürzlerischem Verhalten". Es ging in erster Linie um die Verteidigung der katholischen Religion und Weltanschauung. Sollte das gewährleistet sein, war man bereit, sich unter erheblichen Zugeständnissen mit den neuen Machthabern zu arrangieren.
Der Katholische Jungmännerverband hatte sich noch im Februar 1933 deutlich zum Zentrum und zum demokratischen Staat bekannt und selbst nach den Märzwahlen des Jahres warnte der KJMV-Generalsekretär Clemens in den Verbandszeitschriften eindringlich vor den Gefahren von Rechtsradikalismus und Diktatur. Allerdings verboten es die hierarchischen Strukturen der Amtskirche, gegen die Erklärung der Bischofskonferenz Stellung zu beziehen, so dass schließlich auch der KJMV am 4. April 1933 „die Anerkennung der Reichsregierung mit dem Reichskanzler Adolf Hitler" ebenso erklärte wie die Bereitschaft, „an den großen Zielen eines großen einigen Deutschland in sozialer Wohlfahrt und christlicher Kultur" mitzuarbeiten.
Hinsichtlich der Jugendarbeit galt es vorrangig, sie in bisheriger Form fortsetzen zu können, wobei einige Verantwortliche in den Zielvorstellungen und Verlautbarungen der NS-Politik durchaus Parallelen zu eigenen Idealen sahen. Teilweise schien auch eine Eingliederung in die Hitlerjugend vorstellbar, von den meisten Verbänden wurde eine solche Lösung jedoch abgelehnt; das Gros der Gruppen beharrte auf der Eigenständigkeit katholischer Jugendarbeit.
Die schien zunächst tatsächlich gewährleistet, als nach längeren Verhandlungen am 20. Juli 1933 das Reichskonkordat unterzeichnet wurde, das unter anderem beinhaltete, dass die katholischen Jugendorganisationen von der Gleichschaltung ausgenommen waren und eine weitgehende Unabhängigkeit behielten.[2] Ein besonderer Punkt des Vertrages, der in der Folgezeit zu den größten Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Staat führen sollte, war der Artikel 31. In ihm heißt es: „Diejenigen katholischen Organisationen und Verbände, die ausschließlich religiösen, rein kulturellen und karitativen Zwecken dienen und als solche der kirchlichen Behörde unterstellt sind, werden in ihren Einrichtungen und in ihrer Tätigkeit geschützt." Daraus ergaben sich vor allem zwei Probleme: Erstens war nicht festgelegt, welche Gruppen genau den Schutz des Konkordates genießen sollten; die Entscheidung darüber lag in den Händen des deutschen Episkopates und der Reichsregierung. Zweitens fielen einige katholische Jugendgruppen schon vorab allein deshalb aus dem Schutz heraus, da sie keiner kirchlichen Behörde unterstellt waren. Gerade der große Auslegungsspielraum führte zu zahlreichen Unklarheiten.
Zunächst aber überwog Hoffnung und Bereitschaft zur Teilnahme. „Wir sind junge Deutsche und glühen für unser Volk und Vaterland" hieß es nach Abschluss des Konkordats in einer offiziellen Erklärung „An unsere Jungmannschaft" des KJMV. Staat und Kirche müssten „zum Segen des Volkes" zusammenarbeiten. „Vaterlandsliebe" war für katholische Jugendliche damals ebenso eine Selbstverständlichkeit wie für jene aus dem protestantischem Milieu, wobei es häufig - mehr oder weniger deutliche - Versuche gab, eine solche Einstellung vom extremen Nationalismus und nicht zuletzt vom häufig damit verknüpften Rassismus abzugrenzen. Ende 1933 dominierte unter katholischen Jugendlichen wohl noch der Wille zur „Zusammenarbeit in Recht und Freiheit". Man hoffe, so formulierte es der Kölner KJMV-Diözesanleiter Hans Dreckmann im August 1933, „dass die verantwortlichen Männer" erkennen würden, dass auch die katholischen Jugendverbände Deutschland „fruchtbar dienen" möchten. Zwar wurden „mancherorts" weiterhin erhebliche Schwierigkeiten festgestellt, doch wurden diese „untergeordneten Instanzen der NSDAP" angelastet und als unbedeutend abgetan. Es gelte nunmehr, das durch das Konkordat vertraglich Gesicherte Schritt für Schritt zu erkämpfen und innerlich zu festigen. „Nur Konkordat plus persönliche Treue und Arbeit sichern und vermehren unseren Bestand."[3]
Solche Absichten stießen auf NS-Seite jedoch nicht auf Gegenliebe. Stattdessen folgte eine Zeit zunehmender Einschränkungen und sich steigernder Konflikte mit der Hitlerjugend, in denen sich die katholische Jugend - mittlerweile einer Eingliederung völlig abgeneigt - mit hohem Engagement für die Erhaltung ihrer Eigenständigkeit einsetzte.