Einzelne ND-Gruppen
Eine sich über das gesamte Reichsgebiet erstreckende Organisation musste zwangsläufig zahlreiche regionale und lokale Unterschiede aufweisen. Eine Gruppe in einer nahezu ausschließlich katholisch geprägten Kleinstadt fand ein völlig anderes Betätigungsfeld vor als eine, die ihre Arbeit in einem vorwiegend protestantischen Umfeld zu leisten hatte. In Großstädten mit einem weitaus vielfältigeren (Freizeit-) Angebot gestalteten sich die Verhältnisse anders als auf dem platten Land, wo Heranwachsende oft über jede sich bietende Abwechslung froh waren. Wie in jedem Bereich von Jugendbewegung und Jugendarbeit waren Ausrichtung, Ausstrahlung, Entwicklung und Attraktivität der einzelnen Gruppen und Gaue zudem stark von den Persönlichkeiten der jeweiligen geistlichen und jugendlichen weltlichen Führer abhängig. Seit Anfang 1933 war dann zudem von Bedeutung, wie stark das NS-Regime und mit ihm die Hitlerjugend als Hauptkonkurrent vor Ort verankert und akzeptiert war.
Dies sind nur einige wenige jener Punkte, die es bei der Beurteilung einzelner Gruppen zu berücksichtigen gilt. Solche Eigenarten dürften in vielen der hier präsentierten Gruppenchroniken zum Ausdruck kommen. Weitaus mehr, wird aber auf den ersten Blick im Verborgenen bleiben und sich erst durch vergleichende Untersuchungen und dem Versuch der Kontextualisierung der Einzelchronik mit dem "großen Ganzen" offenbaren. Gerade auch hierzu möchte diese Website einladen.
Hierzu versucht sie, soweit das möglich ist, Hilfestellungen anzubieten. So werden hier beispielsweise zu einigen Orten und Gruppen historische Rückblicke zur Verfügung gestellt, die zumeist aus der Feder von früheren Neudeutschen, sprich von Zeitzeugen stammen. Insofern spiegeln sie stets deren Sicht auf ihre eigene Jugendzeit, sind aber gerade dadurch recht authentisch – insbesondere dann, wenn man sie in Bezug zu den überlieferten Quellen bringt.
Für viele Orte fehlen solche Untersuchungen wie auch die Primärquellen, von denen sicherlich noch viele weitgehend unbeachtet in Schubläden, in Kellern oder auf Dachböden lagern. Wer glaubt, in diesem (und natürlich auch jedem anderen) Sinne zur Vervollständigung des hier Präsentierten eintragen zu können, ist herzlich eingeladen das zu tun. Eine E-Mail reicht zur ersten Kontaktaufnahme völlig aus.
Im Folgenden finden sich einige solcher Selbstdarstellungen von ND-Gruppen – jeweils aus der Feder ehemaliger Gruppenmitglieder. Insofern handelt es sich auch hierbei um "Innenansichten", die – unter Hinzuziehung des hier präsentierten Materials – der Ergänzung um Analysen von außen bedürfen.
Dabei werden hier für zwei ausgewählte Städte – Köln und Stuttgart – auch jeweils die überlieferten und im ND-Bundesarchiv aufbewahrten Orts- und Gruppenakten zugänglich gemacht. Das geschieht aus verschiedenen Gründen.
Zum einen soll so ein Eindruck davon vermittelt werden, wie Organisation und Verwaltung der Gruppen und der darüber angesiedelten Organisationseinheiten aufgebaut waren und abliefen.
Zum zweiten wurden diese Orte ausgewählt, weil aus ihren Einzugsbereichen mehrere Gruppenchroniken und/oder Fotoalben vorliegen, die auf der Grundlage der Zusatzmaterialien besser in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden können. Das gilt insbesondere für Köln, das hinsichtlich der Überlieferungsdichte im ND-Bundesarchiv weit herausragt. Auch hierfür gibt es Gründe: Einerseits war das ND-Bundesamt in der Stadt angesiedelt, andererseits war Hanns Striefler, der als Erster begann, solche Materialien systematisch zu sammeln und hierfür ein Archiv aufzubauen, Kölner und daher mit den lokalen Gruppen und deren früheren Führern bestens bekannt.
Zum Dritten schließlich wurden durch Überwachung, Verbot und Verfolgung große Lücken in die Überlieferung der ND-Gruppen gerissen, die Hanns Striefler später mit großen Mühen notdürftig zu schließen versuchte. So bestehen viele Ortsakten oft nur aus einem Blatt oder aus Kopien, die er bei der Durchsicht der Verbandszeitschriften zusammentrug und den einzelnen Orten und Gruppen zuordnete.
Die stellvertretende Präsentation der örtlichen Restakten soll zugleich zum Besuch des ND-Archivs anregen, um dort die für eigene Forschungsvorhaben vielleicht interessierenden Ortsakten selbst in Augenschein zu nehmen.
Außerdem finden Sie hier die "Handakte" von Heinz Fröling, der zwischen 1933 und 1935 als Gruppenführer des ND in Bergisch Gladbach fungierte. Die in der Akte enthaltenen Dokumente vermitteln einen Eindruck von den Problemen der damaligen Zeit und dem Arbeitsprogramm eines lokalen ND-Gruppenführers.