Der Umgang mit dem Krieg – „Für den Vater war der Krieg die schönste Zeit seines Lebens.“

Der Zweite Weltkrieg ist in den 1960er-Jahren im Hause Schmitz keineswegs ein tabuisiertes Thema, wird aber stets aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet. „Zur damals üblichen großen Befragung“, so gesteht Dorothee Schmitz-Köster ein, habe sie damals noch nicht den Mut gefunden. So bleibt es lange bei Idylle und heiler Welt: „Mein Vater hat vom Krieg erzählt, indem er von Norwegen erzählt hat.“ Es gibt immer neue Geschichten über die Landschaften, das Skilaufen, dass er dort das Autofahren gelernt habe: „Norwegen war für ihn überhaupt das Größte.“ Die positiven Eindrücke eines offenbar wie eine Zeit tiefen Friedens erlebten Kriegsgeschehens – nicht ohne Grund betitelte Dorothee Schmitz-Köster ihr Buch mit „Der Krieg meines Vaters“ – waren so nachhaltig, dass Rudolf Schmitz mit ehemaligen „Kriegskameraden“ schon wenige Jahre später den Entschluss fasste, Norwegen erneut zu besuchen – ein Vorhaben, das sich dann jedoch zerschlug.

Der Wunsch, in den Norden zu reisen, um dort nochmals die Orte zu sehen, in denen er ab 1940 gewesen war, blieb jedoch fester Bestandteil seines Denkens. „Ich glaube, er wollte es uns auch zeigen.“ So kommt es, nachdem man zuvor schon einige Male Urlaub in den Niederlanden gemacht hatte, 1971 zum Familienurlaub in Norwegen, wo Großfamilie Schmitz tatsächlich genau jene Route bereist, die Vater Rudolf rund 30 Jahre zuvor als Besatzungssoldat absolviert hatte.

Diese Rolle konnte er offenbar auch nicht ganz abstreifen. Die Frage, wie ihr Vater im Norwegen-Urlaub aufgetreten sei, beantwortet Dorothee Schmitz-Köster so knapp wie deutlich: „Wie Graf Rotz! Das war alles mal uns. Hier haben wir das Sagen gehabt. Ich hatte das Gefühl, er hatte überhaupt nicht verstanden, dass der Krieg aus ist!“ Das habe sie damals deshalb so erschüttert, weil sie ihren Vater so nicht kannte und er eigentlich auch „nicht so ein Mensch“ gewesen sei. Ihr als politisch interessierter und studentenbewegter 21-Jähriger seien die damaligen Urlaubserlebnisse jedenfalls überaus peinlich gewesen.

Dennoch gelingt es Rudolf Schmitz, auch seine Kinder mit dem „Norwegen-Virus“ zu infizieren. Es gelingt ihm, seine Begeisterung für das Land und Skandinavien an die nächste Generation weiterzugeben.

 

Ihre Großmutter habe ihr von Luftangriffen dominiertes Kriegserleben hingegen völlig anders verarbeitet. Zunächst tief in der katholischen Kirche verwurzelte Zentrumsanhängerin, später immer mehr auch Hitler-Verehrerin, habe sie deutlich die zunehmende Zerstörung Kölns registriert und auch nach 1945 immer wieder darüber erzählt. Hinzu kam 1945 der Einmarsch „des Russen“, den sie im Zuge Evakuierung nach Mitteldeutschland miterlebte und der ihre Sichtweise auf die NS-Zeit für den Rest ihres Lebens mit beeinflussen sollte.

Für sie als Kind, so resümiert Dorothee Schmitz-Köster, habe das damals nicht so recht zusammengepasst. Während bei Oma Anna Schmitz eindeutig die negativen Erinnerungen dominiert hätten, habe Sohn Rudolf eine gänzlich andere Sichtweise vermittelt: „Für den Vater war der Krieg die schönste Zeit seines Lebens.“