Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 12. Februar 1941

den 12.2.41

Liebster Mann,

bis eben, wir haben jetzt ½ 11 Uhr) habe ich an den Eintragungen unseres Geschäftsbuches gesessen. Ordnung ist ja nun doch was Schönes und ich bin innerlich sehr zu der neuen Buchführung bekehrt, wenn ich auch vorläufg noch nichts davon verstehe. Aber dabei kann einem wohl nichts durcheinanderkugeln. Ich glaube, das Finanzamt hätte seine helle Freude, wenn es sich da durch winden müsste. Ausserdem fehlt noch die zusammenstellung des Jahres 1939. Ich hoffe ja nun in allem auf Dich als den rettenden Engel, denn manches kommt mir doch vielleicht schwieriger vor als es ist und die Ehrfurcht vor meiner Begabung in buchaltungs—Sachen wird klitzeklein. Nebenbei kann ich das Buch auch noch nicht fertigmachen. Was setzen wir z.B. für die Verwaltung Engels ein? Und dann hat Dr. Brüning Recht. Nun, wo alles vermietet ist, müssen wir doch auch mehr Verwaltungsprovision bekommen. (Im Hause Quellenstrasse) Nebenbei bemerkt ist heute eine Lichtrechnung von der Quellenstrasse über 9.90 gekommen. Wer zahlt da nun eigentlich??? Ich habe beim R.W.E. den elektrischen Zähler, der scheinbar keinem gehört, abbestellt. Und wer hat da blos das Licht verbraucht? Keiner weiss angeblich davon. Morgen ackere ich dann weiter und mache die Auszüge.

Es ist schrecklich. Wenn man so ganz bis über die Ohren in einer solchen Abrechnung steckt, vergisst man, was man eigentlich schreiben wollte und was bestimmt am Anfang des Briefes gestanden hätte. Ich habe Dir heute das Telegramm gesandt. Onkel Emil hat heutenachmittag einen Schlaganfall bekommen und Dr. Schampel rief an und rechnete mit dem Letzten. Onkel Emil ist linkseitig gelähmt. Mutter und ich waen heute nachmittag bei ihm. Er war bei Bewusstsein und hat uns Beide erkannt und hat auch mit uns gesprochen. Trude Herkenrath ist nun auch heute abend gekommen, auf unser Telegramm hin. Wie es nun wird, wissen, wir nicht. Es kann sogar sein, dass er sich wieder erholt.

Und jetzt sage schnell, denn ich will ins Bett, wie war es gestern mit dem Angriff? Der Rundfunk sprach heute abend von Angriffen auf holländische Städte. Habt Ihr auch etwas abbekommen?

Ich bin schrecklich müse und kann überhaupt nicht mehr. Aber Du solltest doch noch einen Brief haben, wenn er auch nicht sehr schön ausgefallen ist. Aber Du siehst, ich bin wieder ganz da. Ach Pappeli, ich warte so auf Dich und denke, dass Du mir alles wieder wunderschön in Ordnung bringst. Ich habe garkeine grosse Meinung mehr von mir. Bin ich eigentlich dümmer oder fauler geworden?

den 13.2.41

Wenn Du rechtzeitig Dein kommen wüsstest, könnte ich Dich dann in Köln abholen?

Heute kam übrigens Dein zweites Paket mit Kaffee und Kakao. Ich habe es sofort zu Geslers gebracht. Mit denen kannst du es dann ja verrechnen.

Viele Küsse.
Deine Lotti.

Jetzt bekomme ich auch wieder Lust am Schreiben.