Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 22. Februar 1941

den 22.2.41

Liebster Pappi!

Na, wie war die erste Nacht auf dem Strohsack? Oder haben sich die Angehörigen des Stabes doch etwas Besseres ausgedacht? Und was sagten Hildebrand und Labring, Deine geistliche Aufsicht?

Heute morgen kamen wieder zwei Pakete an, eins mit Schokolade und eins mit Kakao. In dem gestrigen waren Mandeln, Scheuertücher, Türkenbrot, Kakao und viel, viel Butter. Von den Schuhen ist also noch nichts da. Ich habe Dir heute wieder 15.- Mk. geschickt, d.h., 10,- Mk. sind von Deiner Mutter, denn sie meint sehr richtig, sie ist ja an all den Paketen Teilhaber. Deinen Brief hat sie bekommen, aber sie schreibt Dir vorläufig nicht. Das soll ich Dir bestellen. Du sollst auch mal so lange auf einen Brief von ihr warten, wie sie es auf Deinen getan hat. Also, Pappi!

Vorhin habe ich auf dem Kalender unter dem 25. ein großes Fragezeichen gemacht. Ich habe jetzt Angst, dass aus dem Urlaub nichts wird, wenn immer noch kein Antrag bei Euch ist. Das kann wohl nicht sein?

Die 800.- Mk. aus dem Hausverkauf Goebenstrasse werden nach meiner Berechnung mit Dir eintrudeln. Dann sitzen wir nicht nur auf den Familienunterhalt fest.

Helgas Fräulein Bennewitz geht nächste Woche mit einem Kindertransport ins Glatzer Bergland und bleibt natürlich dort. Helga bekommt, wie sie sagt "die olle Raaf". Sie ist ein richtiges großes, schnoddriges Schulmädchen. Montag lasse ich sie erst wieder in die Schule gehen. Heute durfte sie erst aufstehen, nachdem sie schon vier Tage fieberfrei war. Ich will aber lieber vorsichtig sein.

Hoffentlich hast Du nun doch noch den Bismarckfilm gesehen.. Überhaupt musst Du das Geld jetzt für Dich verbrauchen und Dir hübsche Sachen leisten.

Je näher Dein Urlaub kommt, desto kürzer werden meine Briefe, Ich meine, es hätte keinen Zweck, viel zu schreiben, denn ich kann Dir in ein paar Tagen doch alles erzählen. Heidi wird diesen Brief in den Kasten werfen.

Viele, viele Küsse
Deine Lotti.