Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 6. April 1941

den 6.4.41

Mein lieber Mann!

Der Sonntag ist so friedlich. Ich habe in der Küche einen Pudding und einen Kuchen gemacht. Draußen ist es friedlich, mit etwas Sonne, grünen Knospen und Vogelstimmen. So, wie wir so manchen Sonnta hatten. Gisela Stuhrmann war bei mir. Ihr Mann ist nach Elberfeld versetzt worden. Drei niedliche Kinder hat sie. Ein viertes sollte kommen, aber im Juli hatte sie eine Fehlgeburt, weil sie ohne Mädchen war und sich überanstrengt hatte. Sie ist sehr schick.

Heute morgen war ja nun die Erklärung gegen Jugoslawien da. Jetzt muss Charly auch ran. Es wird einem doch komisch zu Mut, wenn man an die Zukunft denkt. Wie wird sich Deine Zukunft gestalten und wo werden sie Dich hintun? Der friedliche Sonntag lässt einem gar nicht zum Bewusstsein - - -

Nachmittag

Der friedliche Sonntag ist im Eimer. Ich wollte mit den Omis in Kino, das ist misslungen. Gestern abend schon, denn sie waren, trotz dreistündiger Vorbereitung, immer erst startbereit, wenn es angefangen hatte. Dann wollte Anneliese nicht mit den Kindern heute nachmittag im Haus bleiben weil „der Soldat" da ist, (der nebenbei zu einem Kameraden gegangen ist.) Und dann wurde wieder in zwei drei Dingen von den Omis Gegenordre gegeben. Ich platze fast vor Wut. Ich könnte mich kaputtheulen. Ich bin so wütend, dass ich kaputtplatze.

Der Nachmittag ist doch noch schön geworden. Ich sitze mit Helga und Heidi allein im Wohnzimmer, und wir haben das Wunschkonzert gehört. Bei dem

Safari-Lied habe ich ihnen von Afrika erzählt und den Kämpfen dort. Dann kam Peter Igelhoff, der ihnen mit seinem Nachtgespenstlied mächtig Spaß machte. Dann kam "Prinz Eugen", bei dem sie auf die Hauptstelle, die Pappi immer so schön singen konnte, die mit dem Trompeter und dem Schnurrbart, begeistert warteten, und zum Schluss das Englandlied.

Harald, Du musst doch froh sein, dass Du jetzt dazu gehörst und nicht nur Zuschauer bist. Es ist doch eine ungeheure Zeit, und Du kannst Deinen Söhnen vielleicht viel erzählen.

Was wird wohl mit England, der Insel? Augenblicklich ist sie wohl aus dem Mittelpunkt des Interesses raus?

Jetzt müssen die Kinder ins Bett. Auch Jürgen steckt schon die Finger in den Mund. Der Bengel schreit um 1/4 vor sechs nach der Flasche. Das tat er ja bisher auch, aber dann war er wenigstens still. Jetzt brüllt er hinterher genau so, weil er in unser Bett will. Er hat eine bemerkenswerte Hartnäckigkeit im Durchsetzen seiner Wünsche.

Das tägliche Schreiben ist mir solch ein Bedürfnis, wenn auch nicht immer viel Bemer-kenswertes zu erzählen ist. Es ist auch gut als Reaktion, wenn ich wirklich nicht weiß, was ich mit den Omis anfangen soll. Lieb sind sie aber alle beide. Aber Du fehlst mir doch sehr im Haus. Ich freue mich, ich dass ich mit meinen beiden großen Töchtern schon so viel anfangen kann.

Nun kommt die Osterwoche, und ich will es genau wie Tante Grete so österlich wie möglich machen. Stimmung und Zeit dazu habe ich genug, Deine Lotti

Schreibe bitte, ob Du das Geld bekommen hast. Jetzt darf es ja so geschickt werden.