Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 13. September 1941

den 13.9.41

Ob Du wohl kommst? Das ganze Haus wartet auf Dich. Ich wollte eigentlich diesen Brief schon nicht mehr schreiben, denn Du wirst ihn ja doch wohl nicht mehr bekommen. Aber wenn Du nun keinen Urlaub bekommst, hättest Du gerade an diesen Tagen keine Post, und das wäre schlimm.

Alles ist geputzt, damit nächste Woche nicht so viel Arbeit ist. Fett habe ich auch tüchtig gespart, damit wir Kuchen backen können, und anderthalb Pfund Fleisch ebenfalls, damit ich in der nächsten Woche besser kochen kann. Heute musste ich auch zum ersten Mal wieder heizen, es war hundemäßig kalt geworden.

Ursel verbessert mich jedes Mal ganz aufgeregt, wenn ich sage: Der Pappi kommt bald auf Urlaub. Es muss heißen: Der Flieger kommt bald. Pappi wird er erst hier wieder, meint sie.

Mit Deinem Sohn Klaus hatte ich gestern einen heftigen Zusammenstoß bei Tisch. Er sagte bei Tisch zu Ursel ein nicht wiederzugebendes Wort, und als ich ihm ein paar auf den Mund gab, haute er zurück und warf die Serviette nach mir. Ich habe ihn tüchtig versohlt und dann eine ganze Zeit zum Nachdenken ins dunkle Wartezimmer gesperrt. Und als ich ihn rausholte, musste er sich das Lachen verbeißen. Ich mir daraufhin auch. Dann hat er irgendeinen Schlüssel gefunden und ihn in die Haustüre gesteckt. Jetzt kriegt ihn kein Mensch mehr heraus, und ich muss Schlosser Honnef kommen lassen.

Mit Heidi habe ich den ganzen Nachmittag Buchstaben geübt. Es fällt ihr doch schwerer als Helga, und sie verwechselt die Buchstaben andauernd. Aber als sie sie dann begriffen hatte, war sie sehr stolz.

Dieser Samstagabend war mir heute sehr lang. Ich habe, weil nun zwei Tage keine Post von Dir kam und weil ich nun nicht weiß, wie es die nächsten Tage aussehen wird, vorderhand zu nichts Lust. Ich glaube, wenn ich die Blagen gebadet habe, gehe ich zu Hillenbrands, damit es schneller morgen wird. Aber der Sonntag, der dazu mein freier ist, wird furchtbar lang. Ich kann bei diesem scheußlichen Wetter auch nirgends mit den Kindern hin.

Von Deiner Mutter habe ich lange nichts gehört. Hoffent-

lich kommt sie nicht vor Dir, denn ich bin so egoistisch, dass ich es mit Dir allein, besonders abends im Wohnzimmer, am allerschönsten finde.

Die Kinder freuen sich auch schon so sehr. Klaus erzählte vorhin irgendwelchen Kindern auf der Straße so laut, dass ich´s im Zimmer hörte, dass der Pappi ganz bald käme und dass er dann auf einmal an seinem Bett stände mit einem langen Säbel. Helga will Dir Geschichten vorlesen. Auf Wiedersehen! Din Lött!