Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 17. November 1941

den 17.11.41

Liebster Mann!

Dieses kleine Adventspaketchen soll Dir ein ganz kleines bisschen von zu Hause erzählen. Ob es nun gerade zum Adventssonntag kommt, bezweifele ich ja noch, trotzdem es früh genug abgeschickt worden ist.

Das Buch habe ich Dir beigelegt, erstens wegen des Weihnachtlichen und zweitens, weil die Zeichnungen von Fritz Lometsch sind.

Ich habe heute, als ich das Buch kaufte, bei Gutenberg einen Ausschneidebogen mit einer Krippe zum Zusammenkleben gesehen. Es ist derselbe, den ich als Kind immer kaufte. Man sieht, dass man heute Ladenhüter loswird. Ich habe den Bogen aber aus lauter Erinnerung gekauft, denn für mich war als Kind die Weihnachtsstimmung da, wenn ich diesen Bogen ausschneiden konnte, und Thea habe ich den gleichen auch geschickt. Die wird denselben Spaß daran haben.

Die Kinder sind heute mit ihren Ersparnissen in die Stadt gezogen, um Weihnachtsgeschenke zu besorgen, und sind sehr geheimnisvoll und glücklich zurückgekommen. Ich habe ihnen so nebenbei erzählt, dass ich mir ganz schrecklich einen Senftopf wünsche, weil der alte zerbrochen ist.

Wenn man mich nur gewähren lässt, dann bringe ich genug Weihnachtsgefühl auf, um alle fünf Kinder damit glücklich zu machen. Die Weihnachtszeit ist meine eigentliche Zeit, und bei den Fünfen krame ich jetzt alles wieder aus, was mir aus meiner Kinderzeit als besonders schön im Gedächtnis geblieben ist.

Heidi liefert mir ihr übriges Geld ab. Sie hatte 11,30 Mk. mit und liefert mir eben 85 Pf. ab. Sie meint, sie hätte gedacht, wenn sie so billig kauft wie möglich, dann behielte sie wenigstens Geld übrig. Ich bin gespannt, wie großartig das Geschenk wird. Sie hat überhaupt eine Ader, ihres zusammenzuhalten.

Dass Du nicht hier bist, ist mir aber doch schrecklich, und ich darf gar nicht daran denken, dass Du vielleicht

noch sehr lange fortbleibst.

Heidi unterbricht mich eben und erzählt mir, dass sie für das ausgegebene Geld auch was für die Omi gekauft hat. Sie sei zuerst in einem Laden gewesen, da wäre ein Senftopf gewesen, der hätte eine Mark gekostet, und da hätte sie gedacht, wozu das viele Geld ausgeben, und da wäre sie zu Palms gegangen, und da hätte sie ein ganz billiges (was weiß ich nicht) bekommen.

In Gedanken gebe ich Dir einen lieben Kuss und möchte, dass Du bei mir bist und in unserem hübschen Zimmer Advent feierst, wir beide ganz allein, wenn die Kinder im Bett sind.     Din Lött.