Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 14. Februar 1942

den 14.2.42

Liebster Harald!

Ist es nicht möglich, dass Du einen Arbeitsurlaub bekommst? Um verschiedene Verwaltungssachen zu erledigen? Ich kann und kann mich nicht drum kümmern, es ist unmöglich.

Heute morgen hat sich nun auch die Mutter hingelegt. Es ist ein richtiger Nervenzusammenbruch bei ihr, und nun bin ich ganz allein. Anneliese Pütz kommt natürlich nicht, und die andere Anneliese ist mit ihren zwei Stunden nachmittags auch keine Hilfe.

Ich rufe dauernd bei der N.S.V. an, aber die haben niemand und haben mir auch alle Hoffnung genommen, jemand zu bekommen. Ebenso das Arbeitsamt. Was an Putzfrauen verfügbar war, ist durch die große Blitzmädchenschule verpflichtet worden. Wer soll mir jetzt die Lebensmittel einholen? Denn die Kinder können doch die schweren Packen nicht schleppen. Kannst Du nicht Urlaub bekommen, um mir über das Schwerste zu helfen? Dazu habe ich weder Kartoffeln noch Eierbriketts.

Weißt Du, ich habe bestimmt keine Angst vor der Arbeit, aber dieser Berg ist mit allem guten Willen nicht zu bewältigen. Schon allein das ganze Haus putzen und zu gleicher Zeit für so viele Personen kochen, ist unmöglich. dazu die ganze Kinderwäsche, die Pflege von Jürgen, der doch immer eine Person extra braucht, die Beaufsichtigung der anderen, die nichts wie dumme Sachen machen, auch, wenn sie nicht wollen, und dann zum Schluss das Einholen und dazu noch sich um m Sachen wie Fitschen und Verwaltung kümmern ist bei allem Mut völlig unmöglich. Du ahnst ja garnicht, wieviel Arbeit in solchem Hause ist.

Weisst Du, Liebster, ich habe ja immer wieder Mut, aber dies ist ein bisschen viel. Bitte, schreibe mir wenigstens Briefe, denn das ist wirklich und wahrhaftig noch die einzige Freude, die ich habe, sonst habe ich nichts mehr. Du hast bei aller Arbeit wenigstens einen freien Nachmittag in der Woche, aber bei mir reisst es jetzt schon seit Wochen überhaupt nicht ab und ich kenne weder einen freuen Nachmittag noch einen freien Abend.

Heute nacht hatten wir Alarm. Es ist, glaube ich, ein großer Angriff auf Köln gewesen. Das sagte wenigstens Herr Stöwer,

Und zum Schluss was Nettes. Helga sagte gestern: "Weißt Du, Mutti, Katechismus ist doch eigentlich ein unappetitliches Wort". Wobei sie das ch wie sch aussprach.

Übrigens meint Strenger, daß wenn die Verfügung bestehe, Euch Ältere auszutauschen, Du auch darauf bestehen kannst, auch wenn der Major nicht will.

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