Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 28. Juni 1942

den 28.6.42

Liebster Mann!

Gleich ist es zwölf, aber Du sollst doch rasch noch einen kleinen Brief bekommen, denn morgen und übermorgen komme ich vielleicht nicht dazu.

Ich hatte eigentlich vor, Dienstag nach Stettin zu fahren, aber zuerst höre: Der Tag heute war wieder mit lauter unprogrammmäßigen Sachen angefüllt. Auf Deinen Brief hin habe ich sofort Itz Diehl angerufen, der eine halbe Stunde später zurückrief und mir sagte, dass ich 25 Pfund Kirschen haben könne. Ich müsste sie aber holen, und zwar könne ich um 20 nach 5 mit dem Omnibus aus Mehlem fahren Ich habe einen Koffer und Lisbeth geschnappt und hatte im Gefolge Helga und Heidi, die auf Grund ihrer guten Zeugnisse dann mitwollten. Wir holten uns unsere Kirschen und gondelten gegen acht wieder nach Hause. Ich schlug vor, die Kirschen noch heute abend einzumachen, und wie weise war das: Ich meldete zwischendurch ein Gespräch nach Stettin an. Da ja aller Segen, wenn er kommt, doppelt kommt, klingelte gegen neun Uhr Herr Kirfel und brachte 30 Pfund Stachelbeeren und kündigte für morgen nochmal 30 Pfund Kirschen an. Dazwischen kam ein Gespräch aus Düsseldorf aus dem Parkhotel, und was meinst Du, wer das war? Schwager Hans. Er kündigte sich für morgen nachmittag an und bleibt dann bis Montagmorgen. Ich sollte ihm ein Quartier besorgen. Da das nicht möglich ist, muss er bei uns auf der Couch schlafen. Er meinte am Apparat, ich solle das Gespräch nach Stettin gleich abmelden und mit ihm dann hinfahren.

Also kannst Du Dir den heißen Tag morgen denken, denn ich will alles recht hübsch machen einschließlich mich und die fünf Kinder. Und das Eingemachte muss auch erledigt werden. Kirschen habe ich jetzt reichlich im Haus, für einen süßen Auflauf morgen abend nach Aufschnitt und Tee (ich decke recht hübsch wie immer). Die Klammerbemerkung für Dich,, damit Du ruhig bist, Herr Endemann, und für einen Pudding am Sonntag, denn Hans isst ihn ja so gerne. Und Wein habe ich ja nicht, da ist das dann ein kleines Äquivalent.

Wie das nun mit der Reise gehen soll, weiß ich jetzt natürlich eigentlich nicht. Ich wollte mir heute meine Reisemarken holen, wurde aber umgeschickt, da nach den neuesten Bestimmungen erst die Fahrkarte gezeigt werden muss. Also müsste ich dann Montag morgen hin. Und dabei sind dort Himmel und Menschen. Dass mir morgen dafür der Film ´Hochzeit auf Bärenhof´ durchgeht, stört mich etwas. Also, um nochmal zur Reise zu kommen, das geht mir jetzt etwas hopphei, weil die zwei unerwarteten Sachen dazwischen bekommen sind.. Aber schließlich geht ja alles.

Irgendwie betrachte ich die Berliner Reise als einen Umweg zu Dir.

Frau Foegen ist heute mit Brigittchen und Jörn nach Flensburg gefahren. Höchstwahrscheinlich ist sie dann in Bremen in den Schlamassel geraten.

Nun gehe ich schlafen und küsse Dich tausendmal. Ich schreibe aber vorher noch, wann ich fahre. Din Lött