Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 24. September 1942

24.9.42

Liebster, dieser Brief ist wieder geschäftlich und betrifft die Scharnhorststrasse bezw. Frau Banting.

Bei mir meldete sich eine junge hübsche Frau Pfafferott aus der Ziethenstrasse, die auf das Haus reflektiert, sie hatte erfahren, dass ich der Verwalter bin. Sie steht schon seit einiger Zeit mit Frau Banting in Verhandlung wegen des Mietens und die hatte ihr immer gesagt, dass sie die verantwortliche Mieterin des Hauses sei und die erste Etage bei ihr in Untermiete lebe und sie in der Lage sei, ihr das Haus zu vermieten. Allerdings müsse sie sehen, dass sie für sie eine Wohnung in Köln bekomme und dafür hat sie nun schon sehr viel Annocengeld ausgegeben.

Frau Banting streut ihr also Sand in die Augen, festweg. Dabei kommt nun auch raus, dass sie erstens in den beiden Mansarden Untermieter hat zu je 15.- Mk., zweitens allerlei dunkle Geschäfte mit Butter, Schmalz und dergleichen betreibt, drittens Karten legt und viertens traue ich dem pompösen Schlafzimmer sowieso nicht.

Möller, dem ich das noch nicht gesagt habe, spricht immer in den allerbesten Tönen von ihr, darum will ich vorsichtig sein. Frage: Ist er so dumm oder ist er irgendwie an sie gebunden? Frau Banting protzt mir gegenüber jedenfalls jedes Mal mit der Bekanntschaft Möller und tut, als ob er ihr bester Freund sei und als ob Frau Möller nichts anderes zu tun hat, als ihr um den Bart zu gehen. Bei Frau Pfafferott protzte sie als erstes auch damit.

Die Frau ist mir immer unheimlich gewesen und wird es jetzt immer mehr. Was würdest Du tun?

Frau Pfafferott hat das mit dem Kartenlegen und dem Schleichhandel erfahren und meint, sie müsse doch sehr gute Protektion haben, um das so alles machen zu können. Ausserdem ist ihre neue Putzfrau die Untermieterin Frau Pfafferott wollte ihr 60 Pf. Die Stunde geben, worauf sie einen Brief von Frau Banting bekam, dass die Putzfrau mindestens 1.- Mk. haben müsse und als sie die Putzfrau stellte (es ist die junge Frau aus dem Kino, sie wohnte schon bei Frau Hütten dort und sollte damals rausgeschmissen werden, was auch Möller besorgen wollte) sagte die ihr, das sei gegen ihren Willen geschehen, aber sie wisse nicht, wie sie von Frau Bantin loskommen sollte, die wolle sie sogar mit nach Köln nehmen, weil sie (Frau B.) dorthin ziehen will, und sie weiss nicht, wie sie von ihr wegkommen soll. Ausserdem scheint sie etwas Schulden bei ihr zu haben und ist nun in ihren Händen.

Das ganze Bild über Frau Bantin rundet sich und was soll ich tun.

Frau Banting hatte auch ihr gegenüber Andeutungen gemacht, dass sie Fett und Fleisch haben könnte, sie habe es aber überhört, nur dann versuchte sie es noch mal, worauf sie glatt ablehnte.

Eben kommt das Merkblatt vom Finanzamt. Ich werde daraus nicht schlau. Kannst Du mir kurz sagen, was abgeführt werden muß?

Privatbrief folgt.

Kuss.
Deine Lotti