Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 2. Februar 1943

den 4.2.43

Mein liebster Mann!

Viel weiß ich nicht, ich habe bloß solche Sehnsucht, Dir zu schreiben. Dies kam durch Deinen Brief heute nachmittag. Die paar Worte darin: „Am 31. habe ich den ganzen Tag an Dich gedacht“ haben mir so gut getan. Ach, wir wollen uns doch schreiben, so oft es geht, auch wenn es scheinbar Belangloses ist. Für den anderen ist das sehr oft nicht der Fall. Dass Du am 31. nichts von mir hattest, tut mir leid. Hast Du denn das kleine Paketchen nicht bekommen? Wenn es auch nichts Rares ist, so wollte ich Dir doch für den Tag etwas Freude bringen. Schreibe bitte, ob es angekommen ist.

Heute nachmittag war ich von B.D.M. in Bonn zu einem Teenachmittag mit sehr viel 'Kuchen' als Frau eines „im Felde stehenden HJ-Kameraden“ geladen worden. Es war hübsch, und dieser Nachmittag soll bald mit den dazugehörigen Kindern wiederholt werden.

Ich hatte Dir geschrieben, dass Strenger nach Krasnodar muss. Frau Strenger war zum Abschied nach Leipzig gefahren, und am Dienstagabend kam sie dann rüber, um von diesem Abschied, bei dem sich beide scheinbar mal wieder richtig ausgesöhnt haben, zu erzählen. Sie war noch keine 10 Minuten da, als es schellt, und wer steht da? Strenger, den sie doch sozusagen in den Zug nach Krasnodar gesetzt hatte.

Irgendwo blieb der Transport liegen für einige Tage, weil dort alles verstopft ist von Benzin- und Munitionstransporten, und der Gute hatte nichts Eiligeres zu tun, als sich vom General selber die Erlaubnis zu holen, rasch für die paar Tage nach Godesberg zu rutschen. Er ist doch nun seit Weihnachten zum vierten Mal oder sogar fünften hier. Manche haben doch Talente. Ich bin gespannt, wie´s weitergeht. Hoffentlich machen ihm seine Armnerven!! nicht wieder zu schaffen. So was kann man nicht kontrollieren.

Einen sehr schönen Brief ihres Mannes hat mir Frau Hillenbrand vorgelesen. Die ganze Grundhaltung dieses Briefes ist so anständig, trotzdem er keine großen Worte macht. Der Brief ist durch Luftpost gekommen und am 5. Januar geschrieben. Über den Krieg selber schreibt er nichts, sicher um seine Frau nicht zu beunruhigen. Nur an manchen Kleinigkeiten merkt man, dass er direkt an der Front ist.

Ich lege Dir den Brief bei, den ich heute vom Landratsamt bekommen habe. Es ist doch heller Wahnsinn, dass der als Gesamtbetrag der Einkünfte ausgewiesene Betrag gilt. Auf diese Weise verliere ich ihn sogar doppelt, erst an die Geschäftsunkosten und dann nochmals als Rückzahlung an den Familienunterhalt. Da muss doch eine Entscheidung gefällt werden, und Herr Ditz sagte mir am Telefon, dass von ihnen gerade auf diese Entscheidung sehr großer Wert gelegt wird, damit diese Unklarheit endlich mal klargestellt wird. Privat bäten er und der Oberinspektor dringend um eine Beschwerde meinerseits.

Alarm haben wir viel, aber nicht schlimm. Nur vorgestern wurde Köln angegriffen, man sah es am roten Himmel, und da kreisten die Tommys dann dauernd über uns. Aber gestern hattet Ihr ja in Eurer Ecke Angriff. War es schlimm?

Was für eine Brille soll ich Dir besorgen? Ein Gestell für 7.-Mk. oder 17.- Mk.? Ich kenne mich in Deinen nicht aus und finde es überhaupt nicht angenehm, gerade ein Brillengestell zu besorgen. Das müsste doch eigentlich aufprobiert werden. Meinst Du nicht auch?

Mit den Hausverwaltungen werde ich in der letzten Woche geplagt. Sie geben sich wahrhaftig die Türe in die Hand. Es ist, als hätten sich alle verschworen, mich in Schwung zu halten.

Ich gehe jetzt ins Bett. Die letzte Zeit verschwinde ich um halb zehn in der Falle und habe mich richtig daran gewöhnt. Dafür bin ich um sieben Uhr ausgeschlafen. Es bekommt mir aber sehr gut. Und im Bett werde ich dann noch an Dich denken und Deinen Brief noch mal lesen und ausrechnen, wann wohl der nächste kommen kann. Wie schmnerzlich ist doch so oft das Getrenntsein.

Din Lött