Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 24. März 1943

den 24.3.43

Liebster Mann!

Gestern Abend habe ich Dir einen langen Brief geschrieben und nun weiss ich nicht mehr, habe ich ihn in den Kasten gesteckt oder nicht. Auf meinem Schreibtisch liegt er jedenfalls nicht mehr. Ich werde scheinbar alt. Weil ich es nun nicht genau weiss, sollst Du wenigstens einen kurzen Gruss haben.

Nun scheint der Winter doch vorbei zu sein, denn die Luft ist mild. Ich habe heute einen besonderen Tag, denn erstens ist das Geld plötzlich und unerwartet gekommen, das wir noch aus der Konkurs-Sache Leser zu bekommen hatten (ich habe sofort etwas an Onkel Arthur überwiesen, 60.- and Hans Schultz für Zinsen und den Rest brauche ich, um wieder ein Stück aus meinem anderen Defizit herauszukommen. Du brauchst also nun kein Geld mehr aufzunehmen, ich bringe die Sache so ins Lot.

Dann rief heute vormittag Frau Küster aus dem Adler an lud lud mich feierlich zum Abendessen ein. Wann das Essen gerichtet werden sollte, solle ich bestimmen, das Weitere würde sich dann finden. Mein lieber Mann, und jetzt zerbrechen wir uns den Kopf, wer der geheimnisvolle Gastgeber wohl sein kann. Mir kam es wie eine Erleuchtung, es wird doch nicht Walther Hofmann sein? An alle möglichen Leute haben wir schon gedacht, und die Omis raten sich halb kaputt.

Helga ist wieder aufgestanden, dafür hat sich Klaus gelegt, aber der simuliert bloß. Appetit hat er für fünf und er liegt im Bett und lacht sich kaputt.

Er klagt, der Hals täte ihm weh und zeigt bis fast auf den Magen. Vielleicht sind es raue Bronchien.

In Eile viele liebe Küsse,

Deine Lotti