Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 18. Januar 1944

den 18.1.44

Mein allerliebster, liebster Mann!

Ehe ich den wohlverdienten Feierabend genieße, muss das letzte Stück Arbeit bewältigt werden, der Brief an Dich. Es ist wirklich heute ein Stück .Arbeit und ich habe lange überlegt, ob ich das Schreiben nicht auf morgen verschieben soll. Wenn das Tippen nicht wäre. Die Liebe und das Wollen allein machts ja nicht.

Damit Du Verständnis dafür hast: Wir haben Omis und Klausens Geburtstag gefeiert mit neun Kindern, fünf eigenen und vier Gästen. Und Lisbeth musste, weil es sich ja immer so trifft, ausgerechnet heute nach Hause, weil irgend so ein Onkel nach zehnjähriger Abwesenheit zu Besuch kam. Ich bin gerannt, habe Kuchen gebacken, Tische gedeckt und abgeräumt, Geschirr gespült, Spiele geleitet, mit meiner Stimme gegen die Übermacht von neun Kinderstimmen gekämpft, Kinder an- und ausgezogen usw. usw. Aber es war sehr schön. Wer weiß, ob ich noch Jürgens und Ursels Geburtstag im Mai in diesem Stil machen kann.

Fünferlei Kuchen gab es ohne Fett und ohne Ei, aber schmackhaft, einen großen Pudding zum Abend, und die Mu und ich haben uns persönlich als Abschluss und eigene Geburtstagsfreude ein Kotelett geleistet, d.h., je eins.

Klaus war mit seiner Autobahn selig. Zu

Gekommen waren Günther Düren, Heinzel Groß, Dörte Kind und Leonie Wüstefeld. Alle brachten verblüffend schöne Geschenke mit, und das kommt, weil man nichts mehr kaufen kann und die Eltern infolgedessen irgendetwas gut Erhaltenes raussuchen müssen, was auch alle mit beherzigenswerter Offenheit erklärten.

Aber an dem langen Kindertisch merkte ich doch, wie groß unsere Helga geworden ist. Sie fand „so einen Kaffeetisch der Kleinen“ doch recht niedlich. Jürgen dagegen erklärte: "Der Klaus hat eine Autobahn bekommen und eine Eisenbahn, und was bekomme ich?" Der mausert sich auch.

Und nun mache ich Schluss, denn ich bin hundemüde, und ich merke, dass mich das Tippen ganz nervös macht. Heute bekam ich Deinen Brief und die Mu ebenfalls ihren sowie Klaus den seinen von Dir, dann schrieb Hansi, und das versprochene halbe Pfund Kaffee von Ernst kam ebenfalls heute, und das bei der bummeligen Post.

Habt Ihr den Postleitweg 23 (Gau Weser-Ems)? Man soll diese Hinweise jetzt immer links neben den Bestimmungsort schreiben, damit die Briefe schneller ankommen. Du musst neben Bad Godesberg in einem Kreis von der Größe eines 10-Pfennig-Stücks „22“ schreiben, damit die Briefe schneller ankommen.

Und nun viele liebe Grüße und Küsse

Deine Lotti