Harald Endemann an seine Frau Charlotte, Anfang Januar 1941

Mein liebes Lottenkind,

so ungefähr sieht es bei uns aus. Es ist sehr interessant aber jetzt, wo ich etwas eingearbeitet bin, auch sehr anstrengend. Ich hätte nie geglaubt, dass man einen einfachen Flieger da rein sehen lässt. Ich begreife jetzt, dass man mir vor meinem Weggang in Bergen sagte, die Versetzung sei ehrenvoll. Vor ein paar Tagen habe ich durch Zufall die Beurteilung meiner Person, die von Reinsehlen aus zu den hiesigen Akten gesandt wurde, gesehen. Das ist bekanntlich streng verboten, aber wenn der Zufall sie einem die Hände spielt, dann darf man doch mal ein Auge riskieren. Ich war doch platt, was da stand. Selbstbewusst, ausdauernd, ungewöhnlich widerstandsfähig, guter Einfluss auf die Kameraden, zuverlässig, Führeranwärter. Ich war doch ein bisschen stolz und

freue mich darüber. Ich bin jetzt wieder mit Leib und Seele Soldat, seit ich hier wirklich gebraucht werde. Nur die sinnlose Rumfurzerei (?) hatte mir den Mut und die Lust genommen.

Ach Lotting, , was waren doch die Tage in G. So schön, wenn wir auch arbeiten mussten, statt spazieren zu gehen. Es kam mir beinahe unwirklich schön vor, so daß ich mich manchmal frage, hast Du das wirklich erlebt oder ist es am Ende nur geträumt. Ich bin noch so voll von Wohlgefühl und Dankbarkeit, dass ich sogar die 10 Tage, die ich nun jetzt schon ohne Post sitze, ertragen habe. Wo in aller Welt mag meine Post rumflitzen.

Ich habe heute Ernst Hildebrandt telefoniert, wo meine Post blieb, er hatte sie gerade einem Kurier mitgegeben. Ich werde sie also bald bekommen. Durch meine Versetzung habe ich im Augenblick gar keine richtigen Bezugquellen mehr

und auch wenig Zeit, mir (!) darum zu kümmern. Geßlers müssen sich also etwas gedulden. Ich habe jetzt auch Sonntags Dienst. Gestern J. M.(?) den ganzen Tag, dazu kommt die lange Lauferei bis in unser Quartier. Jetzt haben wir zwar ein Fahrrad bekommen, aber es ist für den Feldwebel, den Unteroffizier und mich zusammen, da kommt für mich dann doch immer Laufen raus.

Besonders der Unteroffizier ist ein sehr netter Junge, der sich famos zu mir stellt. Ich könnte von allen meinen Stubengenossen der Vater sein. Auch einer unserer Offiziere stellte schmunzelnd fest, dass ich 17 Jahre älter sei als ihr. Nur der Major und der Oberleutnant sind älter. Ich bin auch der einzige Flieger hier beim Stab, das andere sind alles Chargen.

Sind nun die beiden rückständigen Paketchen endlich bei Euch angekommen. Es wäre doch jammerschade, wenn sie verloren gegangen wären.

In diesem Monat wird wohl mit Urlaub nichts mehr werden ich muss erst restlos eingearbeitet sein, das sehe ich ein, aber im Februar wird es klappen. Du Lotting, ich habe mir was überlegt. Wir haben noch nie eine Reise zusammen gemacht und wenn ich erst wieder im Betrieb zu Hause drin bin, wird es wieder nichts. Also müssen wir eine Reise von 14 Tagen machen, bevor ich wieder im Betrieb bin, also zwischen Abrüstung und wieder Anfang der Arbeit. Und dafür müssen wir beide schon jetzt sparen. Was hältst du davon?

 

Meine Post schicke bitte wieder an meine alte Feldpostnummer L 14401 Lg.P.A. Amsterdam über Bentheim aber an Soldat E. Hildebrand adressiert. Der Weg über Hildebrandt und Kurier ist mir doch sicherer.

So nun grüße und küsse ich Dich herzlich, mein süßes Frauchen.

Dein Mann.

Herzliche Grüße auch an die Kinderchen, Mutter, Romy und Anneliese, über deren Brief ich mich sehr gefreut habe.

Harald hat anscheinend Stempel ausprobiert: Geheim! Durch Kurier! Geheime Kommandosache.