Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 22. Februar 1942

den 22.2.41 [Poststempel 23.2.42!]

Mein liebes Lottenkind,

Ach du lieber Gott, wie ist es wieder kalt geworden. Es ist wieder Ostwind und man meint es sei Anfang Januar aber nicht bald März. Ich bin heute recht gern an die Arbeit gegangen, weil ich von gestern hier so schön ausgeruht bin. Ha, war das schön so ein freier Nachmittag! Du ich glaube es gehen in der letzten Zeitbriefe verloren, darum will ich sie jetzt nummerieren, dann kannst Du auch immer kontrollieren, ob sie der Reihe nach ankommen. Ich muss Dich nun mal um etwas bitten. Ich bin mit der Seife arg im Rückstand, kannst Du mir mal ein Stück Seife (Kriegsseife natürlich) schicken, ich wäre Dir sehr dankbar dafür. Auch hätte ich gerne noch einige Bildchen.

Gestern Abend war ich wieder bei Pfarrer Iser und traf dort seinen katholischen Kollegen, einen ganz famosen Menschen, jung und sehr geistreich. Es war ein sehr angeregte Abend weil ich so schön ausgeruht war. Ich möchte Dir auch so gern mal einen freien Nachmittag gönnen. Die Kindergeschichten in Deinem letzten Brief waren ja goldig, so was macht mir immer einen besonderen Spaß.

Der Major wehrt sich gegen die Abgabe und Austauschung einiger Alter, darunter auch ich. Er hat einen Schriftsatz ausgearbeitet und weggeschickt, nachdem er die Einsatzfähigkeit der Truppe für nicht mehr voll gewährleistet hält, wenn man ihm diese Leute wegnähme. Dabei handelt es sich um nur etwa 8 Leute. Dass die Einsatzbereitschaft der Truppe gefährdet sei, wenn wir rausgezogen werden, ist natürlich leicht übertrieben, aber es zeigt doch dass wir Alten noch zu was gut sind. Wir haben uns vollkommen daran gewöhnt, hier als die Alten angesehen zu werden. Wir schlagen sogar Kapi-

tal daraus, wir fühlen uns dabei doch noch so jung wie es corpus und Herz irgend zulassen. Ich habe z.Zt. einen Vorunkel (!= Furunkel) hinter dem rechten Ohr, der mich nachts oft weckt. Ich muss seinetwegen auf der linken Seite schlafen, drehe mich dann im Schlaf aus alter Gewohnheit rum und wache durch die Schmerzen auf. Das wiederholt sich so 6-7 mal jede Nacht. Eben fällt mir ein, dass heute Sonntag ist. Schade, dass ich nicht mal wenigstens auf ein Kaffeestündchen zu Euch rüber kommen kann. Du schreibst mir garnicht wie es mit Helga Operation nun wird. Ich halte es nicht für richtig zu warten, bis Komplikationen eintreten, kommt nun Klaus schon im Herbst oder erst im nächsten Herbst in die Schule? Ich freue mich richtig für Jürgen, wenn es demnächst wärmer wird, damit der Mann (Jürgen ist ein Jahr alt) mal rauskommt an die Frühlingsluft. Für Euch Anderen freue ich mich natürlich auch und sogar für mich.

1000 liebe, liebe Grüße und Küsse Dein Mann