Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 2. März 1942

2.3.41[richtig wohl: 1942]

Mein liebes Lottenkind,

heute hat man mich mal ins Vorzimmer des allgewaltigen Hern Oberst gesetzt, wo ich Portier spielen muss. Ich ärgere mich manchmal doch, was man mit uns so alles macht. Immerhin zahlt der Staat für derartig subalterne Dienste ganz gut, wenn man bedenkt, was er so alles an mich los wird.

Ich will mal sehen, ob ich in den nächsten Wochen mal nach W´haven ,. Es gibt dort Donnerstags einen S.V. Stammtisch, den ich besuchen möchte.         Zu den alten S.V. Ern von

W´haven gehört auch Studiendirektor Hengst, der Vater meines alten Fuchsmajors aus Marburg. Sein Sohn soll eine führende und sehr einflussreiche Stellung im Osten bekleiden. Ich will mal sehen, ob ich mit ihm in Fühlung kommen kann. Ich möchte mich nämlich nicht allein auf Hans verlassen. Es stimmt mich etwas bedenklich, dass alle Äußerungen in Bezug auf meine Einstellung von der Mu oder Thea kommen, während Hans mir gegenüber schweigt.

Er hat mir auch auf meinen ausführlichen Brief nicht geantwortet. Eben hat Ernst Hildebrandt angerufen. Er hat wieder einen Brief an mich aus dem Postsack für Wangerooge gefischt und will ihn mir heute Abend bringen. Ich freue mich schon sehr. Hoffentlich bringt er freudigere Nachricht als der von gestern.

Lotting, wir müssen beide durchhalten, das kann alles nichts helfen. Es kommen schon wieder bessere Zeiten, wo wir wieder zusammen sind und Geld verdienen und Hilfe haben. Nur dürfen wir unsere Gesundheit nicht aufs Spiel setzen, deshalb flehe ich Dich an, lass alles was nicht dringend nötig ist, liegen und halte Dich gesund. Deine Hand macht mir schwere Sorgen. Kannst Du die Mu mal fragen, ob sie uns uns etwas Geld leihen kann gegen

Rückzahlung und Zinsen. Die enormen Rückzahlungen von dem Familienunterhalt kannst Du nicht durchhalten, das frißt auch an Deinen Nerven.

Ich kann leider nicht mehr schreiben, es ist zu schwierig. Alle Nase lang kommt ein Hauptmann   oder Major angeschossen.

1000 liebe Küsse   Dein Harald

 

Die Pulle Rum habe ich Frl. Küpper nicht mitgeben können, da sie schon 1 Tag früher gefahren ist. Ich habe sie daher per Post aufgegeben, schreibe mir bitte wann und wie sie angekommen ist. Ich habe sie sehr sorgfältig verpackt.