Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 28. März 1941

Bergen, den 28.III.41

Mein liebes Lottenkind,

ich bin erschüttert und gleichzeitig befreit, nachdem ich Deinen Brief vom 25.3. ge lesen habe. Ich habe immer geglaubt, ich hätte die ganze Wahrheit vor Dir verbergen (zu) können, um Dich nicht zu sehr zu belasten, und nun hast Du doch alles gewusst und hast so darunter gelitten, wahrscheinlich mehr als wenn Du mit mir hättest darüber sprechen können. Ich habe auch sehr darunter gelitten, vor allem, dass ich Heinz, den ich sehr liebhabe, durch meine Schuld verloren habe.

Wenn Du Dich entschließen könntest, Deinen Brief an Heinz abzuschicken, wäre ich Dir sehr dankbar, denn er würde sicher viel dazu beitragen, mein Verhältnis zu Heinz besser zu gestalten. Daß Du aber so tust, als wäre alles schon überstanden, Lotti, es ist es leider noch nicht, denn man zieht seine Fehler nicht aus wie ein Hemd. Ich muss hart kämpfen, glaubt es mir, aber ein Unterschied ist gegen früher, es bleibt nicht beim Vorsatz. Du weist (!) nun alles und bist noch lieb zu mir. Lotti, ich war Dir gegenüber oft unsicher aus dem schlechten Gewissen heraus, aber nun bin ich trotz allem wie befreit, dass Du wenigstens alles weist, was zwischen uns gestanden hat.

Deinen Brief an Heinz lege ich wieder bei. Ebenso das Urteil Grashof, dessen Begründung mich interessiert hat.

Für diesen fast unglaublichen Beweis Deiner Zugehörigkeit zu mir, bin ich Dir von ganzem Herzen mein ganzes Leben lang dankbar, mein liebes, süßes, goldiges Lottenkind. Ich werde schon dafür sorgen, dass sich nichts mehr zwischen uns stellt. Aber ich werde treu arbeiten und dann werden wir es doch schaffen. Dass du mir treu hilfst, weiß ich ja.

Dass Dein süßer Kinderbrief zusammen mit dem anderen ankam, war Medizin für meine Seele. Es drückt Dich innig ans Herz Dein

Harald