Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 15. April 1941

Bergen, den 15. 4.41

Mein liebes Lottenkind,

die beiden Feiertage habe ich leider ohne Post gesessen, bei ganz miesem Wetter. Ich hatte außerdem an beiden Tagen Spätdienst. Ich merkte, daß mit dem Wetter nichts aufzustellen waren und habe mich durch den Dienst vor der Langeweile gerettet. Ich hätte auch nirgends lesen können, weder in der Bude noch in einem Lokal. Infolge des schlechten Wetters waren beide überfüllt. Dazu kreischende Radios. Da war der Dienst schon das Beste. Dazu sorgte der Tommy durch erstmalige Tiefangriffe für interessante Abwechslung. Er kam, was er bisher nie tat, am Tage. Unsere Abwehr war aber auf Draht. Bei dem miserabelen Wetter war es immerhin eine recht beachtliche Leistung anzugreifen.

Heute kam nun wieder ein Brief von Dir. Er ist am 10. geschrieben. Ich habe mich doll gefreut. Den Kinderspaziergang habe ich im Geist mitgemacht. Die süßen Plappermäulchen!

Mit dem Geld ist es doch so, dass ich es nicht haben will, um mir einen guten Tag zu machen sondern um Euch dafür Sachen zu schicken, ebenso wie von dem größten Teil meines Solds. Vorgestern habe ich wieder ein Paket mit 2 Pfund Butter in Marsch gesetzt. Das Pfund kostet 1,50 Gulden also drei Gulden zusammen= 4 Mk usw.

Wenn ich damals darüber geknuttert habe, daß Du keinen Gruß und Namen unter einen Brief gesetzt hast, so habe ich das auch nicht tragisch genommen. Mir hatten sie auch gerade wegen einer Sache, zu der ich garnichts konnte, am Zeug geflickt, und da habe ich dann anschließend mit Dir geschimpft. Ein alter Fehler von mir. Aber ich tus nicht wieder.

Ich freue mich schon auf Deinen Osterbericht, der hoffentlich recht ausführlich ausgefallen ist. Ich

habe viel an Euch gedacht.

Die Urlaubssperre ist gelockert worden, aber leider vorerst nur für Landwirte und Studenten. Es ist aber immerhin ein Anfang.

Deine letzten Briefe waren länger unterwegs. Geht es bei meinen auch so? In Deinen Brief sprichst du von unseren „herrlichen Truppen“. Ja sie sind herrlich im Einsatz. Wo sie in Ruhe liegen sind sie ein Sauhaufen. Da besaufen sie sich sinnlos, verhauen sich gegenseitig und geben ein unwürdiges Bild, das mich oft tief beschämt.

Mit den Mietern aus der Viktoriastraße mache kurzen Prozess. Der Einwand mit dem Wasserrohrbruch ist ja lächerlich. Die Beseitigung wurde sofort veranlaßt. Es ist nur wenig Wasser verloren gegangen. Wenn damit das Zahlen des Wassers für fast ein ganzes Jahr eingestellt werden soll, dann ist das einfach doll. Wieden kam damals so schnell er konnte, es waren aber so viele Wasserrohrbrüche, daß es nicht so schnell ging. Das Wasser war aber abgestellt. Schreibe R und M. ,daß Du sofort mit Rechtsanwalt Möller vorgehen wolltest und hole Dir das Einverständnis. Schreibe dabei, daß der Verkauf leider noch nicht möglich war trotz Deiner und der Kollegen Bemühungen. Auch gegen die Mieter Quellenstr. muss vorgegangen werden, sonst kommt es nie mehr in Ordnung. R und M. Muss sich endlich entschließen, sonst müssen wir die Verantwortung ablehnen.

Ich würde so gern mal wieder mit Dir im Büro arbeiten.

Bekomme ich den Schäffer?

Du hast mir den Empfang von Heidis Schuhen und den süßen Paketen noch nicht bestätigt. Sind sie noch nicht angekommen.

Ach Lotti – die Taschentücher!

Es küsst und drückt dich herzlich     Dein oller Harald

der immer was zu knuttern hat. Er hat Dich aber sehr, sehr, sehr, furchtbar lieb