Harald Endemann an seine Frau Charlotte, undatiert (1941)

undatiert (wohl Ende März 1941)

Mein liebes Lottenkind,

Schnell eine kleine Arbeitspause ausnützen und Dir ein paar Zeilen schreiben. Ich habe schon zwei Tage keine Post von Dir bekommen und glaube beinahe, dass das eine Strafe für mein tagelanges Nichtschreiben sein soll, aber ich konnte wirklich nicht, denn wenn ich vom Dienst kam, den ich trotz allem weiter gemacht habe, dann hatte ich gerade noch die Energie übrig, möglichst schnell ins Bett zu kommen. Der Durchmarsch hatte mich sehr geschwächt. Den ersten Tag, an dem es dann besser ging, bin ich gleich für Dich nach Alkmaar.

Ich schreibe auch viel zu gern an Dich und mache es viel lieber als meinen Dienst. Heute Abend ist Kino und ich habe vorhin zu gehen obwohl ich noch garnicht weiß, was gegeben wird. Das sagen sie komischerweise nie vorher. Man muss immer auf gut Glück gehen.

Morgen gibt es neues Geld und damit auch neue Kaufmöglichkeit. Soll ich Heidi noch mal ein Paar neue Schuhe kaufen? Hat der Schuster die vorigen noch mal flicken können? Da habe ich mich ja schön anschmieren lassen, aber man versteht eben zu wenig davon. Es fällt mir gerade ein, dass ich in das Eierpaket ein Paar Strümpfe Nr. 9 ½ gelegt habe. Sie kosten 3,20 Gulden und sind für Frau Geßler bestimmt. Wenn sie Dir aber gefallen, dann behalte sie ruhig.

Vielleicht bekomme ich morgen nachmittag frei, dann will ich wieder nach Alkmaar. Es hat mir nämlich dort ganz ausgezeichnet gefallen. Es ist die holländischste statt, die ich bisher gesehen habe. Sie ist so appetitlich und originel (!) und hat recht schöne Geschäfte. Leider gibt es alles Begehrenswerte nur noch auf Bezugschein. Ich wollte aber gern etwas für Ostern sorgen, ehe alles weggekauft ist. Die Ostereier, die ich das letztemal mitbrachte, habe ich zum Teil selber aufgefressen, weil ich einen großen Hunger bekam und sie mir so ausgezeichnet schmeckten. Ich glaube, dass ich diesmal noch mehr von Alkmaar haben werde als vor ein paar Tagen, denn wenn man nicht gesund ist, gefällt selbst Schönste(s) nur wenig.

Ich habe für Helga ein Osterhäschen gemalt, dass ich beilege. Es sieht zwar mehr aus wie ein Fox, aber das ist ja weiter nicht schlimm. An Mutter bringe ich noch keinen Gruß fertig, ich bin noch zu empört.

Dich und die Kinder grüße ich aber doppelt herzlich und die Omi auch Dein oller Harald