Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 11. Mai 1941

B., den 11.5.41

Mein liebes Lottenkind,

nun hat Dir meine kleine, dumme Geschichte doch Freude gemacht und ich hatte mich schon geschämt, daß ich sie abgeschickt hatte. Sie wäre sicher besser und vor allem geschlossener geworden, wenn ich nicht dauernd gestört worden wäre.

Mit den Schuhen das ist ja ärgerlich. Wie das kommt, weiß ich selber nicht. Denkst Du auch daran, dass die Preise Gulden sind (1 Gulden = 1,33 Mk), wenn Du die Schuhe verkaufst. Am schönsten fand ich die braunen Lederschuhe. Daß Du einen Aufschlag nimmst, ist ganz in der Ordnung, denn wir tragen doch das ganze Risiko und das Porto.

Wenn Du diesen Brief bekommst, hat unser kleines Urselchen Geburtstag. Gib ihr einen recht lieben Kuss. Ach Lotti, an solchen Tagen ist es richtig schwer, weit weg zu sein.

Mit Deiner Metritis (?) Hast Du mich ganz durcheinander gebracht. Hast Du wirklich Angst gehabt? Du schriebst mir doch vor etwa 14 Tagen, Du wärest 10 Tage zu früh dran. Also ich schau nicht mehr durch. Nun befolge aber den Rat von Schreiber genau, damit Du bald wieder ganz in Ordnung bist. Die Zahnbehandlung nimmst Du auch gleich wieder auf, sobald Dr. Geßler wieder da ist. Gelt, Du versprichst es mir.

Die Zahlen, die ich Dir über unsere nächtl. Besuche in England schrieb sind schon weit überholt. Die Angriffe werden immer schwerer. Am 5.5. wurden 6 engl. Städte so angegriffen, wie ich es Dir von der einen schrieb. Auf Belfast fielen allein 2371 Sprengbomben und 96000 Brandbomben. Es kann nicht mehr sehr lange dauern. Was mag bei dem Großangriff in der letzten Nacht auf London erst abgeworfen worden sein!

Wir werfen im Augenblick große Truppenmengen nach

dem Osten. Es gibt dafür nur 2 Erklärungen. Entweder ist Rußland unsicher, oder es gibt uns ein Durchmarschrecht zum Irak oder nach Indien. Fantastisch aber nicht ausgeschlossen.

Daß Heinz Schilling und K. Schumacher an den Geburtstag ihres Patenjungen dachten, ist ja reizend. Hat Heinz etwas geschrieben, daß er einen Brief von mir erhalten hat? Ich habe darauf noch nichts von ihm gehört.

Meine sämtlichen Bekannten sind, was die Post betrifft, Notstandsgebiet. Ich komme einfach nicht dazu, zu schreiben. Daß ich die einzige Möglichkeit zum Schreiben dazu benutze, Dir zu schreiben, kann mir niemand verübeln, und ich müsste tatsächlich Dich vernachlässigen, wenn ich ihnen mehr schreiben wollte und das tue ich einfach nicht.

Wenn Mutter sich beschwert, so kann ich nur sagen, daß sie mich auch nicht mit Post überschüttet und sie hat sicher viel mehr Zeit zum Schreiben als ich.

Mein liebes Lottenkind, ich küsse Dich                                         Dein Soldat.