Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 10. Oktober 1944

den 10.10.44

Mein lieber Mann!

Einliegend zwei Zeitungsausschnitte. Es ist regnerisches Wetter mit früher Dunkelheit, Nebel und allen Vorzeichen des Herbstes. Möge es so bleiben, dann können die Amerikaner nicht weiter. Ich hoffe, dass im November doch eine Winterkampfpause eintreten wird, sollten wir dann noch hier sein, dann könnten wir ein halbes Jahr so weiterleben.

Draußen ziehen Schwingers nach 'Rektorat'. Möbelmänner sind Köhler, Seufert, Prietze usw. Hin fahren sie Schränke und Schreibtische, zurück Ursel, Jürgen, Eberhard und derartiges Gemüse. Es scheint, dass die Lösung doch endgültig ist, denn in 'Profka' ziehen Mieter ein, Marx vom Forsthaus ist gekündigt, Herr Houben arbeitet auf einem Büro, und Major Kühne macht sich Sorgen.

Ich übe trotz allem viel Klavier. Wären die Zeiten besser, nähme ich wirklich noch einmal Stunde.

Mal will ich weg, mal zögere ich. Ich kann keine Entschlüsse fassen und die anderen auch nicht. Ich träume jetzt, nicht nachts, sondern wenn ich einhole und so, Du ständest eines Tages vor der Türe.

Ich habe heute mal versucht, den Fliegerhorst in Finsterwalde zu erreichen, aber nach mehreren Stunden wurde mir gesagt, die Leitung sei gesperrt.

Jürgen isst pausenlos Äpfel und Birnen. Das Ergebnis war eine Riesenschweinerei von der Haustreppe bis zum Klo auf der ersten Etage.

(Den Film am?) Freitag sehe ich mir an: Ich brauche Dich und freu' mich dabei, etwas zu sehen, was Du gesehen hast.

1000 Küsse Deine Lotti