Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 1. März 1945

Den 1. März 45

Nun steht die Front glücklich an der Erft und bei Rheydt. Hast Du gestern die Goebbelsrede gehört, und was sagst Du dazu??? Aber bis Du auf diesen Brief antwortest, ist hier wahrscheinlich schon besetztes Gebiet.

Lieber, lieber Harald, ich denke viel an Dich und fühle mich dauernd mit Dir verbunden. Dass Du die Kinder damals mitgenommen hast, ist vielleicht doch gut. Augenblicklich bin ich sogar dankbar dafür, weil ich selber nicht richtig weiterkann. Ich fühle mein Herz so sehr,offnungm, das wir uns nach dem krieg wieder hier zusammenfinden werden. Bei Euch iost es ja unglaublich rughig, aber die front wird wojöl bald wieder in Bewegiung und das ist schließlich auch kein Wunder. Ich möchte nichts als mich ausruhen. Was haben sie aus uns und unserem Deutschland gemacht?

Gestern nachmittag ist die Hängebrücke in Köln eingestürzt mit allen Leuten und Wagen, die drauf waren.

Eben erfahre ich, dass Bürgermeister Dietz (Alef ist ausgerissen) sagte, dass die Verhand-lungen wegen der Lazarettstadt vorgestern noch nicht abgeschlossen waren. Wenn ich jetzt nur jemand wüsste, der das endgültige Resultat weiß, denn ab 1. März soll es ja in Kraft treten.

Und die Front schießt! Vielleicht ist es der Teil südlich Düren, der auf Bonn zugeht. Stell Dir vor, wenn die ganze Ecke, Krefeld, Gladbach, Rheydt, Düsseldorf, dieses doch sehr besiedelte Gebiet, ins Wandern gerät.

Und unser Essen wird ab nächste Woche wieder gekürzt. Allein 1000 Gramm Brot gibt es weniger, dazu überhaupt keinen Zucker, weniger Fett und weniger Nährmittel. Und wie waren wir schon gekürzt. Und dabei müssen alle Gebiete wieder erobert werden - sagt Goebbels. Wie denkt er sich das? Aber vielleicht kriegt die Wehrmacht doch mehr zu essen, für uns wird es nur noch ein Fristen sein. Wenn wir es überhaupt bekommen, das Zugeteilte.

Ach Harald, ich glaube, unser Briefwechsel wird jetzt bald unterbrochen. Sollten wir weg müssen, schreibe ich sofort von jedem Aufenthalt aus.

Auf der Burgstraße haben sie schon Bäume gefällt, die daliegen als Panzersperren.

Ich kann Dir nur schreiben, dass ich immer an Dich denke. Ich finde keine richtigen Worte für das, was ich so alles empfinde. Lieber, lieber Harald.

Viele liebe Küsse Deine Lotti