Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 10. Oktober 1941

W´ooge, den 10.10.41

Mein liebes Lottenkind,

es regnet und stürmt wieder, wie einst im Mai, die Baracken fliegen beinahe weg und der Sturm treibt den Regen durch alle Fugen, aber trotzdem fühle ich mich gemütlich, denn ich habe einen Brief von Dir in den Händen, den1. seit ich fort bin. Heute Nachmittag habe ich vielleicht frei, dann lasse ich mir die Haare schneiden und den übrigen Nachmittag denke ich an Dich. Es gibt da so viel Schönes zu denken. Du warst schrecklich lieb während meines Urlaubs.

Meinen freien Nachmittag habe ich mit einem 3stündigen Spaziergang am Strand zugebracht. Ich bin beinahe geflogen bei dem Sturm. Der Schaum der Brandung wurde vom Sturm den ganzen Strand hinauf gewählt. Es sah aus als ob die Dünen dampften so wirbelte der Sand hoch. Es war herrlich und ich habe einen gewaltigen Hunger an Land gezogen. Mein Gesicht und die Hände waren vom Sand krebsrot, aber ich fühlte mich herrlich frisch.

Dieser Brief wird in Raten geschrieben, denn ich werde immer wieder weggerufen. Gestern Nacht war der Tommy trotz des Sturms hier. Die Flak hat ordentlich gebaggert. Es ist schon ganz hübsch kalt hier und die elende Heizerei hat wieder angefangen. Seht ja zu, daß Düren Euch noch Kohlen liefert, sie werden verdammt knapp.

Hurrah, eben kommt Dein 2. Brief v. 8.10., er klingt aber recht kleinlaut. Selbstverständlich bekommst Du 20 Mk mehr, von mir. Du hast scheinbar meinen1. Brief noch nicht bekommen, es waren 10 Mk für die Bilder Rechnung Biederbick darin. Hoffentlich ist er inzwischen da. Die Abrechnung Banthien hast Du aber vergessen, sie lag nicht bei. An Onkel Otto kannst Du nicht mehr als 10 Mark monatlich abzahlen. Ich finde es überhaupt komisch, daß er im Krieg mit sowas kommt, so schlecht ist er doch wahrhaftig nicht gestellt. Aber verderben wollen wir es auf keinen Fall mit ihm, wenn wir uns auch auf den Rechtsstandpunkt stellen könnten, daß während des Krieges nur Zinsen gezahlt werden brauchen.

ich lege Dir in diesem Brief wieder 5 Mk bei. Die übrigen 5 Mk bekommst Du in Form eines Päckchens mit Zahnpasta, braunem Schuhcreme und Zigaretten.

Wilhelm ist krank, er liegt im Bett. Überanstrengung mit Herzbeschwerden. Er will aber m.E. irgend etwas mit dieser Krankheit erreiche, ich weiß nur noch nicht was...

1000 Grüße und Küsse                     Dein Harald