Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 5. Dezember 1941

5.12.41

Mein liebes Lottenkind,

Heute Abend müßte eigentlich der Nikolaus kommen   . Ach wie gerne würde ich, wenn auch nur als Nikolaus, mal zu Euch reinschauen. Du armes, armes Ding, wie tust Du mir leid. Ja ich will Dich mal recht lieb an mich kuscheln und mich daher recht in acht nehmen , damit ich nicht an die wehe Hand komme.     Ich habe einen Schreibebrief an Hans Schultz geschickt und bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob und was er antworten wird. Hoffentlich hat die Mu nicht gehört, was sie gern gehört hätte. Na, wir werden ja sehen. Schreibe Du bitte keine Einzelheiten an Hans sondern nur, daß Du Dich freuen würdest, wenn sich etwas Sicheres     böte. Lotti, es wäre zu schön, wenn sich eine sichere und aussichtsreiche Stelle böte. Ich habe mich auch noch an anderen Stellen beworben. Es wird sich schon etwas finden, ich bin garnicht bange, habe mir aber doch oft Sorgen gemacht. Der Krieg macht doch viel kaput in unserem Geschäft. Daß Du mir trotz der wehen Hand noch schreibst, ist sehr, sehr lieb von Dir. Verdirbt dir aber ja nicht die linke Hand dadurch. Sei ja recht vorsichtig, damit Du bald wieder auf dem Damm bist und nicht monatelang damit zu tun hast.

Es sind bei mir schon Weihnachtspäckchen von (unleserlich), Schulzen und Meyers eingegangen, ebenso von Beckers in Blankenburg. Ich muss nun überall hin schreiben und da wird die Zeit doch manchmal knapp. Ich habe mir heute mal wieder einen Film angesehen “Gasparone“ . Er ist ja auch nicht gerade neu, hat mich aber doch aufgemuntert und das war ja auch der Grund, weshalb ich hingegangen war. Gestern Abend war ich wieder mal bei Pfarrer Iser. Es war wieder sehr gemütlich.

Ob Deine schlimme Hand mir nicht doch zu einem Weihnachts-

urlaub verhelfen könnte? Schampel müßte ein Atest schreiben, daß Du nicht fähig bist zu arbeiten. Dann müsste Mutter mir schreiben, daß die Jahresabrechnung nicht gemacht werden können und was Du jetzt machen solltest. Vielleicht kann ich dann einen Arbeitsurlaub bekommen. Fraglich aber doch nicht unmöglich.

Wenn Du Überweisungen machen mußt, kannst Du die Schecks ja mit Schreibmaschine schreiben und dann auf der Bank in Gegenwart des Personals unterkritzeln, damit sie sehen, daß Du es geschrieben hast.

Die Mutter tut mir auch leid, daß sie jetzt so ran muß und Anneliese muß ja nun so wirbeln. Sei Du nur vorsichtig, daß Du nicht für zu lange Zeit ausfällt. Zwingen kann man dabei nichts.

1000 liebe Grüße und Küsse auch an die Mutter und an die Kinder              
Dein Mann