Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 10. Dezember 1941

10. 12. 41

Mein liebes Lottenkind,

Ich bin in fiebernder Erwartung des Attests, damit ich Schritte unternehmen kann. Hoffentlich habt Ihr schnell gearbeitet. Ich bekam heute von Hansi ein sehr liebes Weihnachtspäckchen und einen ebenso lieben Brief. Nun weiß ich endlich auch Ihre Anschrift und habe ihr auch gleich wieder geschrieben. Gestern habe ich Helga und Heidi geschrieben. Ist mein Paketchen angekommen? Ich kann fast keinen vernünftigen Gedanken fassen, so sehr bin ich auf den kommenden Kampf um Urlaub eingestellt. Einen Kampf wird es zweifellos geben, denn die Zahl der Bewerber ist gewaltig und die Quote ist winzig klein. Nun habe ich schon wieder 2 Tage keine Post von Dir bekommen. Ich weiß ja, daß das Schreiben mit der linken Hand eine wahre Quälerei sein muß. Ich habe es hier mal probiert, es ist schrecklich und alle Gedanken laufen einem einfach weg. Wie geht es denn Deiner armen Hand. Du hast sicher Schmerzen, denn die sind meistens nicht von Pappe. Schone Dich nur ja so weit es eben geht. Wenn ich kommen sollte, dann mache ich die Jahresabrechnung, damit da keine Stärkung eintritt. Wenn Weil noch da sein sollte, will ich ihn auch mal aufsuchen wegen der Verwaltung. Hat Hans am Telefon etwas von der Stelle gesagt? Du schreibst garnichts darüber. Von Marianne Friedrichs bekam ich auch heute einen sehr lieben Weihnachtsbrief. Else Brede war mal bei ihr. Es ist wirklich reizend, wie alle Verwandten an mich denken, obwohl ich sie nicht gerade mit Post überschüttet habe. Aber kein noch so lieber Gruß kann mir ein paar Zeilen von Dir ersetzen. Du nimmst jetzt immer die Briefumschläge mit Aufdruck. Sind die anderen alle? Sonst nimm doch lieber die, weil die mit Aufdruck zu viel Geld kosten. Ich habe heute die „Bierzeitung“ der 1.Staffel vervielfältigen müssen. Eine wahrhaft weihnachtliche Beschäftigung. Diese Bierzeitungen sind

der Mittelpunkt der soldatischen Weihnachtsfeiern. Kein Weihnachten ohne Bierzeitung! Ahnst Du etwas von der ganzen Tiefe dieser Feiern? Oh Gott, wenn mir das erspart bliebe!

Ich bin von 1000 Hoffnungen und Zweifeln hin-und hergerissen. Vorige Weihnachten war es auch so und ich mußte doch bleiben.

         1000 liebe Küsse –     Dein Harald.

Viele Grüße auch an Mutter und die Kinder.