Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 13. März 1942

13.3.1942

Mein liebes Lottenkind,

Heute bekam ich wieder einen Brief von Dir und danke Dir recht herzlich dafür. Ich hatte gestern auch keine Zeit zum Schreiben bekam aber nicht weniger als 4 Briefe und zwar aus allen Ecken. Es waren Briefe, die mir nachgelaufen waren und zwar auf den verschiedensten Wegen. Einer wurde mir ins Büro gebracht, einen fand ich auf dem U.v.D.-Zimmer einer lag auf meinem Bett und den 4. gab mir einer im Vorbeigehen. Es war wie das Ostereiersuchen. Heute schreibst Du, daß Du vorgehabt hättest, mich schon über Ostern zu besuchen, aber ich glaube, daß das in diesem Jahr etwas früh ist. Wir haben hier nachts noch 15 Grad Kälte und von Frühling noch keine Spur, da nun in 20 Tagen schon Ostern ist, wäre das doch ein bißchen früh. Ich wüßte auch nicht einmal, wohin ich Dich stecken sollte, denn außerdem Bahnhofshotel, in dem ich nach meinem letzten Urlaub auf der Rückreise nach Wangerooge eine Nacht geschlafen habe, kenne ich hier noch keinen einzigen Gasthof. Ich werde mich also bald umsehen, damit es nicht daran scheitert.

Meinem letzten Brief an Dich legte ich 2 Nummern vom „Reich“ bei. Hoffentlich sind sie gut angekommen. Wie schmekt der Rum? Hast Du mein Paket abgeschickt?

Alles was Du mir jetzt, seit die nun wieder da ist, schreibst, klingt so ganz anders, als was Du in den letzten Briefen schriebst, und hat mich innerlich sehr erleichtert. Es beweist mal wieder ganz deutlich, daß nicht die Dinge an sich schwer sind, sondern die innere Einstellung zu diesen Dingen entscheident ist, ob sie sich als schwer oder tragbar entwickeln. Mutter hatte früher als viel jüngere Frau schon so eine unglückliche Art, sich auf oder besser gesagt gegen einzelne Dinge einzustellen. Wenn Wäsche angekündigt war, dann war sie schon erschossen, ehe sie auch nur einen Finger gerührt hatte. Laß Dich in dieser Hinsicht ja nicht beeinflussen; es ist nicht nur schrecklich für den Betreffenden selbst, sondern auch für die ganze Umgebung. Es schafft nicht mal mit Gefühl sondern nur Ablehnung. Ich weiß genau, daß ich manchmal gekocht habe.

Ich habe gestern 2 Tafeln Schokolade und 2 Päckchen Keks kaufen können und werde es Dir schicken. Im Mai haben wir wieder 2 Frösche Geburtstag, da wird es Dir sicher sehr gelegen kommen. Der Brief wird wohl gerade an Vaters Todestag dort ankommen. Obwohl jemand von Euch auf den Friedhof kommt in diesem Jahr?

1000 liebe Küsse
Dein Harald

(Am Rand:) Hat Charly noch einen Brief von mir in Russland bekommen?