Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 12. April 1942

den 12. 4.42

Mein liebes Lottenkind,

heute kam wieder ein Brief von Dir und ich bin herzlich froh, daß Ihr nicht allzu viel habt ausstehen brauchen bei dem Angriff. Im Wehrmachtbericht war von kulturgeschichtlich wertvollen Bauten die Rede, die zerstört sein sollten. Weißt Du, was damit gemeint war. Die Scheerenschnitte von Helga sind ja reizend. Sie hat übrigens sehr große Fortschritte gemacht.

Buntpapier habe ich hier auch noch nicht gefunden, aber 2 Zahnbürsten bringe ich mit. Wann ich genau,, kann ich leider nicht sagen. Es wird so etwa am 20. oder 21. April sein. Sollte sich daran noch etwas ändern, so werde ich das noch schreiben. Du schreibst mir aber garnicht, was Du zu meinem Vorschlag sagst, Dich hier in ein Försterhaus im Wald einzuquartieren? Es ist keine richtige Försterreihen mehr, sondern war früher eine und ist heute Pension. Der Eigentümer hat Landwirtschaft und das Essen soll sehr gut sein. Wenn ich aber nicht schnell bestelle, ist er für den Sommer ausverkauft. Das Haus und der Hof liegen mitten im Wald aber nach beim Fliegerhorst. Der Preis für volle Pension Doppelzimmer beträgt 6,- Mk pro Tag, ist also garnicht teuer. Es wohnen auch dauernd Frauen mit Kindern dort. Ich würde aber nicht wollen, daß Du ein Kind mitbringst, denn es soll für Dich ja auch eine gründliche Erholung sein, derer Du sicher dringend Bedarfs. Weißt Du noch, wie Dir nach der Husumer Erholung aller Arbeit leicht vorkam. Deshalb solltest du eigentlich 4 Wochen kommen. Wenn Du es keinem weitersagen willst, dann will ich Dir auch verraten, daß ich mich auf diese Wochen beinahe mehr freue, als auf die Tage in Godesberg. 1. ist es länger und 2. habe ich Dich hier, wenn auch nur für Stunden ganz, während ich Dich zu Hause immer nur halb habe.

Dieser Brief verdankt seine Entstehung wieder einem Nachtdienst.

Eben habe ich einen Brief an Willi Schumann geschrieben, über dessen Karten ich mich sehr gefreut hatte. Mit seinem Fuß scheint es nicht so schlimm gewesen zu sein. Gott sei Dank!

Trotzdem ich fast täglich schreibe, verstrickte ich mich immer tiefer in Briefschulden. Es ist zum Kotzen.

Hat sich die neue Lisbeth jetzt langsam zurecht gefunden? Ich kann mir denken, daß die Umstellung nicht ganz einfach ist, aber immer kannst Du sie ja auch nicht mit Handschuhen anfassen. So langsam muß sie ja nun doch rann. Aber Du wirst es schon geschickt machen. Hans aus Stettin hat mir auf meinen Brief immer noch nicht geantwortet. Ich glaube, es ist gut, wenn wir uns auf ihn nicht allzu fest verlassen. Ich zweifle nicht an seinem guten Willen, aber es ist etwas immer leichter gesagt als getan.

Du schreibst, als ob ich mich immer noch mit dem Gedanken trage, ins Rheinland überzusiedeln. Natürlich tue ich das! Ich sehe nur noch keinen Weg. Ich bin jetzt zwar auch ganz gern hier, aber wenn ich Dir etwas näher rücken könnte, täte ich es mit Freuden.

So, nun bekommst Du einen langen lieben Kuß und dann lege ich den müden Leib auf das Chaiselongue und penne noch etwas bis mich irgend so ein Pottneger , wegen irgendeiner Sache wieder raushaut.
Dein Harald