Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 23. Mai 1942

O.U. den 23.5.1942

Mein liebes Lottenkind,

Eben bekomme ich Deinen Pfingstbrief, und da mein Pfingstbrief unter dem Schmerzgefühl wohl sehr kümmerlich ausgefallen ist und dazu noch die Enttäuschung über den Urlaub kam,

will ich mich gleich hinsetzen und antworten, ehe ich irgendwie anderweitig abgelenkt werde. Es ist ein Jammer, daß ich nun an Deinem Geburtstag wahrscheinlich nicht dort sein werde. Ich schreibe wahrscheinlich, denn ich hoffe immer noch, daß ich irgend ein Ding drehen kann, um noch rechtzeitig dort einzutreffen. Ich habe noch keine Ahnung wie ich das anfangen soll, aber vielleicht kommt mir noch die Erleuchtung.

Es kann sein, daß es mir gelingt, einen Tag Urlaub mehr zu ergattern da ich aus Düsseldorf Formulare besorgen muß. Da wir mit Engels doch wahrscheinlich auch nach Elberfeld fahren müssen, würden wir das miteinander verbinden und von W. aus nach Düsseldorf fahren. Du warst ja ohnehin noch nicht in Düsseldorf. Ich denke mir das so: wir fahren morgens mit E. nach Wuppertal, besichtigen die Grundstücke, gehen zur Stadt und zum Rechtsanwalt und sind abends fertig, fahren dann nach Düsseldorf, wo wir übernachten und bleiben den ganzen Tag in Düsseldorf. Wäre das nicht fein! Unsere letzte Reise nach Elberfeld war doch auch nett. Dann ist dieser Tag, den ich zum Besorgen der Formulare bekomme so gut wie ein Ferientag. Daß Dein Arm wieder gut ist, freut mich schrecklich, auch daß der Keller wieder sauber ist freut mich, denn er roch das letzte Mal arg modrig, als wenn faules Gemüse oder faule Kartoffeln darin lägen.

Wenn ich in Godesberg bin gehe ich wieder überall mit Dir hin. Auch Hüllen werden wir aufs Dach steigen. Ich habe bei einem Kameraden hier, der Landwirt ist, bereits 30 Pfund weiße Bohnen für den Herbst bestellt. Hoffentlich können wir auch Erbsen bekommen. Auch mit braunen Bohnen kann man sich schön helfen. Sie schmecken herrlich als Salat und als Gemüse und auch in der Suppe.

Ich schreibe Briefe wie eine Köchin, aber ich möchte Euch im nächsten Winter besser versorgt wissen als im vergangenen. Es ist scheußlich zu wissen, daß die Lieben Zuhause nicht genug zu essen haben.

Du sorgst doch auch dafür, daß Helga genug zu essen bekommt, damit bei ihrem schnellen Wachsen keine Schäden an Herz oder Lunge zurückbleiben, wie das bei den Kindern des letzten Krieges aus Unterernährung häufig der Fall war.

Ich habe hier gestern den ersten Kirschbaum blühen sehen so weit sind

wir nun glücklich.

Mein Bein ist noch restlos steif, wenn es auch nicht mehr so sehr weh tut wie gestern. Vielleicht habe ich mich auch nur an den Schmerz langsam gewöhnt. Ich werde gefahren und von Kameraden am Arm geschleppt und komme mir bald selbst vor wie ein Verwundeter. Na, im Leben geht alles vorüber!

Das schöne Bäumchen vor dem Haus wird sicher schon verblüht sein und der Rotdorn ist wahrscheinlich an der Reihe. Wie sieht denn das Gärtchen aus? Ist es noch hübsch geworden?

Bei dem trockenen Wetter müsst ihr manchmal gießen.

Wir haben gestern einige von den neuen Jägern FW 190 auf den Platz bekommen. Es sind doch dolle Vögel! Noch schneller als die Me 109 und vor allem viel wendiger.2 MG´s und 2 Kanonen ist auch schon eine ganz hübsche Feuerkraft. Dabei sieht er viel gläubiger aus als die schnittige 109.

Daß ich Hansi in G. treffe, freut mich herzlich. Ich habe sie in der letzten Zeit schmählich vernachlässigt. Ich bin ja nicht einmal dazu gekommen, an Dich häufiger zu schreiben.

Die Riemen bringe ich Mutter mit.

So nun weiß ich nichts mehr.

Viele, viele liebe Küsse sende ich Dir und den Kindern viele liebe Grüße an die Omis!