Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 3. Februar 1943

den 3.2.43

Mein liebes Lottenkind,

Nun ist unser Hochzeitstag schon wieder tagelang vorbei. Eigentlich war es diesmal nur mein Hochzeitstag, den von Dir war nichts zu sehen und nichts zu hören. Ich hätte so gern einen Brief gehabt. Hängt es vielleicht mit der kaput geschmissenen Harburger Brücke zusammen, dass die Post irgendwo festhängt? Am 31. habe ich jede freie Minute an Dich gedacht. Abends bin ich dann in die Kulturveranstaltung gegangen, die im Rathaus stattfand. Es ist merkwürdig, wie unsicher die dicksten und selbstgefälligen Bonzen werden, wenn es sich um Kultur handelt. Wie kann man so ein kleines bescheidenes Konzertchen nur „Kulturveranstaltung“ nennen. Die Stader Größen standen bis zum Beginn des Konzerts in Gruppen in frisch gebügelten Uniform im Saal herum und musterten heimlich jeden Ankommenden. Der Saal war übrigens, trotzdem er nicht groß ist, nur halb gefüllt. Es gab viel Stoff zum heimlichen Lästern. Das Konzert selbst war recht nett. Vor allem Helga Engler war eine ganz reizende liebenswürdige Sängerin, die sich auch zu Zugaben bereit fand. So war der Abend an sich doch sehr nett.

Das Bild von Theo, dass ich Dir schon vor Weihnachten schicken wollte, lege ich bei. Ist das noch der alte Fezbruder. Ein wunderschönes Bild von der Kunstausstellung in München lege ich auch bei.

Meine kapute Brille schicke ich Dir zu. Hoffentlich haben Schumanns ein passendes Gestell (wie das kapute oder ähnlich). Vor allem die Nasenbreite muss stimmen. Die Brille, die Du mir geschickt hast, passt mir nicht mehr recht. Sie rutscht mir immer die Nase runter.

Hohle betreibt mit allen Mitteln seinen Wegkommen zu einem Wehrbezirkskommando und ich betreibe mit allen Mitteln meine Kommandierung zu einem Erholungslehrgang, wie er mir im vergangenen Herbst dadurchgegangen ist. Ist Hohle nämlich erst weg, sitze ich wieder festgenagelt und bin unabkömmlich.

Wann ich nun nach Dänemark,, steht noch nicht ganz fest. Schreibe mir mal eine Liste, was ich versuchen soll, doch zu kaufen.

Wie ist es bei Euch jetzt mit den Alarmen. Hier war der Tommy in verstärktem Maße. Wir hatten auch einmal einen Tagesangriff von 100 Maschinen auf Emden, W´haven, Bremen und Hamburg. Stade ist -Gott lob - nach wie vor fast unberührt geblieben. Zu Langes und zu Rückerts bin ich noch nicht wieder gekommen.

1000 liebe Grüße und Küsse  
Dein Harald

Grüße bitte die Omis und die Kinder auch recht lieb von mir