Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 3. Juni 1943

6.6.43

Mein süßes, liebes Lottenkind,

trotz aller Arbeit sollst Du doch sehen, daß ich heute den ganzen Tag an Dich gedacht habe, viel mehr, als es der Arbeit zuträglich ist. Ich schicke Dir mal wieder einen ganzen Schwung Briefe mit, in denen Du lesen kannst. Das tust Du ja gerne. Ich habe heute immer wieder versucht, mir alles genau vorzustellen, wie es an Deinem Geburtstag hergehen mag, und dann komme ich an Deinen Geburtstagstisch und dann könnte ich heulen, dass da gar nichts von mir draufliegt. Es ist doch eine fiese Zeit. Ich habe heute hier erfahren, dass Helmut Biederbick Oberleutnant geworden ist. Gratuliere Biederbicks, , dann freuen sie sich. Ich habe auch ein paar Zeilen geschrieben, dass Du gestern schön gefeiert hast, freut mich sehr. Ich habe fast die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich immer daran denken musste, wenn Du gefahren wärest, dann wärst du jetzt in Bremen, jetzt in Osnabrück, jetzt in Münster, Duisburg, Düsseldorf Köln und dann um 8,30 hätte ich Dich in den Arm genommen und Dich

recht lieb gehalten, hätte Dir 1000 Küsse gegeben und wäre so recht glücklich gewesen. Jetzt noch eine ganz prosaische Sache! Wenn mein Paket kommt, dann nehmt euch bitte sofort meiner Strümpfe an und schickt sie notfalls gesondert voraus, denn ich bin sehr knapp. Ich habe es „Express“ geschickt, weil das schneller geht als mit der Post. Hier ist es ganz skandalös kalt, sodaßhier alle um die Wette frieren. Wir haben jetzt neuerdings Dienst von morgens 7 Uhr bis abends 10,15 Uhr. Es ist zwar sehr oft schon so spät und noch später geworden, aber nominell hörte unser Dienst um 19,00 Uhr auf. Wir bis zum Einbruch der Dunkelheit auf dem Büro sitzen. Das wird hier immer merklicher. Hätte ich nicht noch Kraftreserven vom Februar – März sehr, dann ginge es mir sicher schon recht dreckig.  

1000 liebe Grüße und Küsse
Dein Harald