Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 6. November 1943

6.11. 43

Mein liebes Lottenkind,

Nun solltest Du heute Abend einen recht langen Brief bekommen und nun ist wieder nichts draus geworden. Wir bekamen bereits um 19,30 Uhr Alarm und dabei wird im Horst das Licht auf 1/4 der Normalstärke geschaltet und bei dieser Prachtbeleuchtung kann man beim besten Willen nicht schreiben. Nun ist es schon nahe an 12 Uhr. Die Flak, wir haben 3 Geschütze auf der Halle stehen – trampelt immer noch mir auf dem Kopf rum, obwohl nun schon seit einer halben Stunde entwarnt ist. Es ist bitter kalt geworden und der Himmel ist glasklar. Wilhelm, der noch eine Weile bei mir geblieben war, hat mir eine ganze Anzahl Sternbilder gezeigt und erklärt: den Fuhrmann, den Drachen, den Stier, den Schwan usw. Es war sehr interessant und die Zeit ging schön rum dabei. Einmal mussten wir auch in den Bunker, da hatten wir einen

Tommy genau über unseren Platz in Scheinwerferbündel und die schwere Flak schoss aus allen Rohren. Sonst war nicht viel los. Damit Du aber doch was zu lesen hast, schicke ich Dir eine Wucht Briefe mit. Heute gab es einen Schlag ins Kontor. Es wurde über die Einheit eine Urlaubssperre verhängt, weil ein Kameradendiebstahl vorgekommen ist. Nun haben wir den Salat. Hoffentlich wird sie bald wieder aufgehoben. Ich habe mir diesen Urlaub nun mal in den Kopf gesetzt.

Mit der Beulenpest das ist ja scheußlich. (Zuhause hatten die Kinder einen bösen Ausschlag.) Wie sehen denn die armen Würmer aus. Vernunft kann man von ihnen ja noch nicht verlangen. Vorgestern Nacht habe ich im Traum Theo begrüßt, der wohlbehalten aus der Gefangenschaft zurückgekehrt war. Ich war überglücklich. Oh, könnte man doch Träumen glauben! An Rau schreibe bitte sofort, sie möchten die Verwaltergebühren überweisen. Im Dezember kommt ja auch wieder Geld von Salvinis. Hilf bitte mit dran denken, dass ich im Urlaub die Kinder knipse.

1000 liebe liebe Grüße und Küsse
Dein Harald.