Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 24. Juni 1944

24.6.44

Mein liebes Lottenkind,

es kommt und kommt keine Post von Dir, wahrscheinlich ist etwas bei den letzten Luftangriffen auf Hamburg verbrannt. Ich sitze immer noch in Rotenburg. Ganz langsam kann ich mir ab und zu mal eine paar Minuten freie Zeit nehmen, weil der Berg Arbeit doch langsam kleiner und kleiner wird. Wenn sie fertig sind, dann will ich trotz Urlaubssperre noch mal mein Glück versuchen        Wenn Du mich mal wieder anrufst, dann vielleicht abends, da ich auf der Dienststelle schlafe wirst Du mich dann am besten treffen. Am Tage habe ich schon mal Wege zum Horst. Hoffentlich haben sich neben Unterhosen bei Mutters Nachlaß auch Taschentücher gefunden. Daran bin ich scheußlich knapp. Was wird nun mit der Invasion werden. Wenn die Alliierten Cherbourg nehmen, dann ist ihr Unternehmen geglückt. Gott gebe, daß es schief geht. Die Kämpfe müssen unerhört heftig sein. Wilhelm schrieb mit erneut von schweren

Bombardements. Einer unserer Ritterkreuzträger ist auch schon neben vielen anderen gefallen. In unserer Stellung stört uns weder Tages-noch Nachtalarm. Was ist eigentlich aus der Vermietaffaire Posthausen geworden? Von dem Sekt, den ich für uns reserviert hatte, hab eich vor einigen Tagen in einem Anfall von Schwermut eine Flasche ausgesoffen. Ich weiß ohnehin kaum wohin mit den Pullen. Schon aus diesem Grund müsste ich heim, denn bei einer Verlegung müsste ich sie doch aussaufen, da ich sie unmöglich mitschleppen kann. Die Pakete sind gepackt, aber ich bin noch nicht zur Post gekommen.

1000 liebe Grüße und Küsse                                      
Dein Harald