Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 25. Juni 1944

25.6.44

Mein liebes Lottenkind,

heute ist Sonntag, und da kann mich die Arbeit mal für eine halbe Stunde gern haben. Daher bekommst Du einen Sonntagsbrief, der allerdings vermutlich erst Donnerstag bei Dir sein wird, wenn alles gut geht. Ich bin heute guter Laune, weil die Sonne scheint, weil die Arbeit nicht mehr so toll drängt, weil ich gestern Abend einen Abschiedsabend mit Erich Kinkel, der auch nach Frankreich kommt, verlebt und gut gegessen habe (3 Spiegeleier, Bratkartoffeln, Hering usw.) Ich habe ihm ein kleines Fäßchen Heringe abgeschwatzt und werde es Dir auf irgend eine Art zuschicken. Ein Kamerad Walter Pischl hat mich gebeten einem Kurier für ihn 250 Mk mitzugeben. Er hab seine Frau angewiesen mir die 250 Mk zuzuschicken. Pieschl (!)(du kennst ihn ja,er hat uns fotographiert) ist unbedingt sicher. Frau Pischl kann aber nichts nach Frankreich schicken. Schicke mir bitte telegraphisch 250 Mk. Ich habe eine Quittung von Walter bekommen. Hoffentlich kannst Du es. Ich möchte sehr gern helfen.

Heute rief unser Adjutant aus Paris an Er will mal kommen und nach dem Rechten sehn. Dann will ich noch mal wegen Urlaub bohren. Es muß natürlich ein Ding gedreht werden, weil Urlaubssperre herrscht. Ich will aber nicht länger warten. Wie geht es den Kindern. Ich habe gestern mit dem Töchterchen von Gunkel gespielt, da habe ich richtig wieder Sehnsucht bekommen. Post bekomme ich keine, wer weiß wo die rumschwirrt. Ich fürchte in Frankreich, denn alle Post mit Feldpostnummer geht nach Frankreich. Schreibe wieder wie früher an Postamt Rotenburg 2 postlagernd.

1000 liebe Grüße und Küsse
Dein Mann