Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 17. Juli 1944

17.7.44

Mein liebes Lottenkind,

mit großer Freude erhielt ich eben Deinen ersten Brief, der erstaunlich kurze Zeit für heutige Verhältnisse brauchte. Damit Du Dir ein Bild meines jetzigen Aufenthaltes machen kannst, lege ich Dir 2 Postkarten vom Schloß in alter und neuer Aufmachung bei. Wo der Pfeil hinzeigt ist mein Schlafzimmer, das ich mit 2 Roten Jägern teile (Uffz. Walter u. Uffz. Bammes). Montfort ist ein richtiges Schloß mit allen Vor-und Nachteilen. Es hat auch einen unterirdischen Gang, der zu der auf der rechten Seite des Bildes sichtbaren Kirche führt. Den habe ich mir als Luftschutzkeller ausgesucht. Im Augenblick ist es hier überraschend still, nur nachts macht der Tommy Betrieb. Wir trauen dieser Stille aber nicht. Es wird schon wieder anders kommen.

Wir leben hier garnicht schlecht. Vor allem gibt es reichlich Wein, den man aber auch nötig hat, da es verboten ist, das Wasser hier zu trinken. So trinken wir Bordeaux, Sauternes usw., leider ist der Spaß ziemlich teuer, die Flaschen kosten umgerechnet etwa 6 Mk das Stück. Wie gerne tränke ich mal eine mit Dir hier im Schloßpark oder noch besser zu Hause.

Über Chartres sind wir nicht gekommen, weil wir über Orleans gefahren sind. Das war unser Glück, denn wie wir später erfahren haben, ist die Straße Chartres- Le Mans an dem betreffenden Morgen schwer beharkt worden. Strümpfe werde ich wohl besorgen können, ob ich einen Pullover besorgen kann, weiß ich nicht, weil ich noch keine Gelegenheit hatte, rauszukommen.

Daß die Angelegenheit Hüllen (Bauer in Ließem) in Ordnung geht, ist mir eine große Beruhigung. Hoffentlich gibt es reichlich. Wie steht es mit Bohnen und Erbsen. Vielleicht schreibst

Du dieserhalb noch mal an Carels. Ich kann von hier aus nichts besorgen. Carels werden sicherlich ihr Möglichstes tun.

Ich freue mich schon auf Deinen nächsten Brief. Mein Französisch ist mehr als kümmerlich. Ich habe doch, weiß Gott, alles vergessen.

Ich beneide schrecklich unseren Marquis, der mit seiner netten Frau und 3 Kindern fast wie im Frieden lebt. Er hat ganz in der Nähe ein großes Gestüt und ein Gut. Seine Domestiquen tuen alles Erdenkliche um eine deutsch-französische Verständigung herbeizuführen und stoßen dabei bei den Landsern auf regste Gegenliebe.

Der Brief muß zur Post.

1000 liebe Küsse
Dein Harald