Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 3. September 1944

3.9.44

Mein liebes Lottenkind,

heute hat nun unser Helgakind Geburtstag und ich werden, soweit es die viele Arbeit hier zuläßt, in Gedanken bei Euch sein. Und all Euer Tun verfolgen. Im vergangenen Jahr waren wir im September in Hessen, ach was waren das schöne Tage (,)ich zehre immer noch davon und bin jeden Schritt in Gedanken 100mal nachgegangen. Den Spaziergang zum Heiligenberg an der Kuhmannsheide vorbei und dann den schönen Blick vom Turm ins weite Hessenland, die saueren Äpfel am Weg. Denkst Du noch an den Geburtstagskaffee bei Medinzinrat Kohl. Er muß dieser Tage 75 Jahre alt werden. Nun finden wir uns langsam hier zurecht. Unterkunft und Verpflegung sind gegen Dortmund wesentlich schlechter. 17 Uffz. auf einer Stube, halb so groß wie unser Schulsaal, dazu Holzbetten mit Holzwolle. Ich bin aber immer so müde, daß ich die Härte des Lager garnicht spüre. Verpflegungsmäßig sind wir in einen niedrigeren Satz eingestuft worden. Die Portionen sind kleiner und die Zigaretten fehlen ganz. Das Positive an Finsterwalde ist eine hübsche vollkommen ungestörte Stadt mit 2 Kinos und hübschen Kneipen, was sehr wesentlich ist, da meines Bleibens in der Stube mit 16 Kameraden keine Minute mehr als notwendig ist.

1000 liebe Küsse
Dein Harald

Harald Endemann war Ende August plötzlich verlegt worden – via Dortmund nach Finsterwalde östlich von Berlin. In Dortmund scheinen Lotti und er sich getroffen zu haben.