Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 24. Juni 1943

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Köln, den 24.6.43.

Mein lieber Peps!

Nun bist Du schon wieder eine ganze Woche weg. Wie doch die Zeit vergeht! O, was war der vorige Donnerstag doch ein scheußlicher Tag. Erstensmal die schlimme Nacht und dann Deine Wegfahrt. Warum mußt Du denn auch immer und immer wieder weg fahren? Es ist aber auch so traurig. Ich habe heute mal wieder so richtig das arme Tier, es ist furchtbar und dabei bin ich so krank, daß ich kaum aus den Augen sehen kann. Ich möchte aber auch nicht schon wieder zu Hause bleiben. -

Mutter ist heute nach Koblenz, mal sehen ob es dort was zum Einmachen gibt. So muß ich heute abend meinem alten Herrn schon wieder kochen. Was will ich machen? -

Für Deinen Vater habe ich heute ein Blümchen gekauft. „Blümchen“ im wahren Sinne des Wortes. Ich schäme mich fast damit hinzugehen.

Doch ich habe beim besten Willen nichts Gescheites kriegen können. Es ist nur eine kleine bescheidene Topfpflanze, die ich nach langem Stehen erschwungen habe. Es ist ja alles so traurig. So werde ich ihn denn gleich gratulieren gehen. -

Heute habe ich auch meinen Ring zum Uhrmacher Grün zum Engermachen gebracht. Es wird nichts herausgenommen nur beigedrückt wird er.

Übrigens, Fritz habe ich noch nicht richtig zu Gesicht

bekommen. Eben sind die Beiden mir flüchtig auf der Treppe begegnet. Das Interesse mich zu sprechen, scheint also nicht sehr groß zu sein.

Übrigens, in bewußter Angelegenheit weiß er mir auch keinen rechten Rat. Mal sehen! -

In dieser Nacht bin ich beinahe aus dem Bett gefallen. Mitten im ruhigen Schlaf wurden wir auf einmal durch Bombenwürfe emporgerissen. Ich habe vor Schreck gezittert. Das ganze Haus ist im Nachtshemd in den Keller gelaufen. Erst viel später ertönte die Sirene. So kann man also 99 x in den Keller laufen, beim 100. x wird man im Schlaf getroffen. -

Heute habe ich für 50.- Scheine bekommen.

Morgen oder übermorgen die anderen. Ich werde alles wie gewünscht ausführen. Bitte in Zukunft aber nicht für Kameraden. Dazu sind sie zu schwer erhältlich, für Dich gerne. Liebster, wenn die Sachen in Frankreich so teuer sind, kauf mir bitte nichts. Es ist ja sinnlos, sich so teure Sachen anzuschaffen und hier verbrennen sie womöglich oder werden kaput geschmissen. Also, das ist mir ganz ernst, nicht daß Du denkst, es sei nur eine Höflichkeitsphrase. Aber Du kennst mich doch!

Übrigens, hast Du Dir mal wieder was tolles geleistet. Siehe Anlage + Inhalt. Den Brief brachte mir gestern Deine Mutter. Wer garantiert, daß er nicht geöffnet wurde!!! Erforsche Dein Gewissen!

Nun muß ich schließen und meinen Vater versorgen.

Grüße und liebe Küsse

Deine Annelie

Entschuldige die Schrift