Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 14. Oktober 1943

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Frankenforst, 14.10.43.

Herzliebster Peps!

Jetzt wird es wohl noch einige Zeit dauern, ehe ich die erste Post von Dir bekomme. Hoffentlich hat Dich mein Brief gestern nicht allzusehr erschüttert. Es war bestimmt eine kolosale Überraschung für Dich. -

Wie geht es Dir nun eigentlich, mein liebster Peps? Also, durch eine russische Handgranate wurdest Du verwundet? Ich kann mir den Vorgang ja nicht recht vorstellen, weil ich nichts davon verstehe. Jedenfalls, eines weiß ich, daß Du wahnsinniges Glück hattest. So ganz schlecht hat es das Schicksal bis jetzt ja noch nicht mit uns gemeint.

Ach, ich könnte mir auch tatsächlich nicht vorstellen, was aus mir geworden wäre, wenn ich Dich nicht mehr hätte. Wie gerne möchte ich jetzt bei Dir sein, ganz lieb und zärtlich wäre ich zu Dir. Jetzt darf ich ja nicht mehr rauh mit Dir umgehen bis Du wieder ganz gesund bist.

Hast Du auch Sehnsucht nach mir und freust Du Dich auf unser Wiedersehen? Ich bin ja gespannt, wann Du nach Deutschland ins Lazarett kommst,

und wohin Du kommst. Peps, Liebster, dann komme ich Dich aber bestimmt besuchen, egal wie weit es ist. Helenes Walter liegt in Wien im Lazarett, Steckschuß im Oberschenkel. Helene fuhr vorige Woche hin.

Ich habe Dir das allerdings schon alles geschrieben, aber sehrwahrscheinlich wird die Post alle wieder zurückkommen. Gerd Kavermann ist Ende August gefallen. Lia Bender hat ein Mädchen bekommen. Wie mir Marianne Außem erzählte, muß Albert die Vaterschaft anerkannt haben, will sie aber nicht heiraten. Nun ja, er muß es ja wissen. -

Nun, mein Liebling, bist Du am vorigen Sonntag 20 Jahre alt geworden. Nachträglich noch meinen allerherzlichsten Glückwunsch! Meinen Geburtstags-Brief und das Päckchen von Mutter wirst Du ja sicher nicht bekommen haben. Na, wir holen Weihnachten alles nach. Dann bist Du ja bestimmt zu Hause und Fritz wahrscheinlich auch. Das wird ein Fest! Wir hamstern schon ganz doll. Ich freue mich ja so. Jetzt hat das Leben doch wenigstens wieder einen Wert und ich habe Dir im Urlaub so viel zu sagen.

Von Deinem Vater soll ich Dir sagen, Du möchtest Dich melden, daß Du zum Uffz. befördert wirst.

Tu’s bitte nicht, sonst meinen sie nachher, Du hättest es eilig, wieder raus zu kommen. Das läuft doch alles von selbst. Du mußt doch noch lange lange hier bleiben. - Ich liebe Dich!

Kuß

Deine Annelie.