Andreas van Kann an Anneliese Hastenplug, 25. Oktober 1943

Warschau, 25/10.43.

Meine liebste Annelie,

ich habe Dir zwar gestern schon einen Brief auf den Anruf geschrieben. Aber da fährt heute zufällig jemand über Köln und so gebe ich diesen Brief mit, der wird dann wohl etwas schneller gehen, als die langweilige Feldpost. - Also, da kam gestern einer auf unser Zimmer gerannt und brachte mir die Kunde von dem Anruf aus Köln. Du wirst Dir denken können: ich war wie aus allen Wolken gefallen. Allenfalls hatte ich mit einem Brief gerechnet, aber ein Anruf! Aber mein Erstaunen wurde noch gesteigert, als mein Vater mir ganz einfach erklärte: Annelie wohnt bei uns. Du - wenn ich nicht gesessen hätte, wäre einer umgefallen ...

und dann habe ich mit Dir gesprochen - Deine Stimme habe ich gehört - ach, Annelie - was haben wir uns eigentlich gesagt? Gleichgültige Dinge, gell! Daß aber auch immer unberufene Zuhörer in der Nähe sein müssen - ich meine hier an dem Ende der Strippe!

Jetzt wird es mir zu lang, bis ich im Reich

bin. Wie herrlich, daß Du dann 8 Tage zu mir kommst. Vielleicht bin ich dann so weit, daß ich mal für Stunden aufstehen kann. Freust Du Dich auch so sehr auf mich, Du, Annelie!

Jetzt, wo ich Dich gesprochen habe, halte ich es fast nicht mehr aus vor Sehnsucht. Ich rufe Euch an, sobald ich im Reich bin - dann müßt Ihr aber sofort kommen. Am Liebsten wäre mir ja, wenn eine Woche Du allein bei mir wärst und die andere Woche meine Eltern. Diesen Vorschlag werde ich mal meinen Eltern machen, denn das müssen sie ja schließlich einsehen, daß ich dann 14 Tage Besuch habe - was natürlich nur der einzigste Grund ist! Nur! -

Das werden schöne Tage - - -

So grüße und küsse ich Dich

mein liebes, gutes Frauchen

Dein Adi