Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 12. November 1943

Brief zurück aus Warschau 3.12.43.

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Frankenforst, 12.11.43.

Mein liebster Adi!

Nun habe ich heute wieder keine Post von Dir bekommen. Ich bin ganz geknickt und tieftraurig. Übermorgen, Sonntag werden wir Dich wieder anrufen. Ich freue mich schon wahnsinnig darauf. Hoffentlich geht es Dir so, daß Du wenigstens ans Telefon kommen kannst. - Es ist jetzt acht Uhr, natürlich haben wir schon wieder Alarm. Wir kommen gerade vom Abendessen. Es hat ganz gut geschmeckt, nur wahnsinnig teuer, jeden Abend sind wir unsere

fünf Mark quitt. An und für sich ist das Leben hier ja ganz schön. Man braucht sich um kein Bettmachen, kein Spülen u.s.w. keine Sorgen zu machen, lediglich halten wir unsere Kleider in Ordnung. Wenn nur die schreckliche Bahnfahrt nicht wäre, d. h. die Fahrt an und für sich wäre nicht so schlimm, wenn die Bahnen nicht so schrecklich voll wären.

Bestimmt, sowas kannst Du Dir garnicht vorstellen. All’ die Menschen, die tagsüber in der Stadt arbeiten, wollen um fünf Uhr raus. Sie wohnen doch alle in den Vororten. -

In unserem Papierkorb macht es

„Hopp, hopp“. Wir haben dort ein Mäuschen eingesperrt, das sich dahinein verirrt hat. Wir haben einen Holzteller darauf gedeckt. Was sollen wir jetzt damit anfangen? Wir sind Beide so bange. Wir stellen den Korb nachher einfach vor die Tür. -

Liebster Peps, schreib’ mir doch bitte jetzt immer zum Frankenforst, weil wir abends doch nicht mehr zu Euch nach Hause gehen.

Nun, allerliebster Liebster einen heißen Kuß

Deine Annelie.