Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 21. März 1944

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Frankenforst, 21.3.44.

Mein lieber Adi!

Nun bist Du schon 14 Tage weg und immer habe ich noch keine Post von Dir, außer der einen Postkarte. Ich bin so in Sorge. Wie mag es Dir gehen, wo magst Du sein? Ich habe solche Sehnsucht nach Dir, mein lieber Adschki! Schreib’ mir doch bald! Wärest Du doch nur schon aus diesem elenden Rußland heraus. Mittags verfolge ich immer den Wehrmachtsbericht und dann schaue ich auf der Karte nach. Dann wird es mir immer elender zu Mute. Hoffentlich kommst Du nochmal

lebend da heraus. So denke ich Tag und Nacht. - Wir sind hier ziemlich sicher und es gefällt uns auch gut hier. Wir haben unser Radio im Wohnzimmer und wenn wir hier sind, verschwinden die Damen daraus. So sind wir wenigstens für uns und können es uns gemütlich machen. Essen gehen wir zu Schultes, gegenüber dem Waldhotel. Das Essen ist gut und reichlich. Du siehst, wir können es ganz gut aushalten. In die Stadt und Umgebung werfen die Flieger nämlich immer wieder Bomben. Wir sind froh, daß wir hier draußen sind. Wenn da nur nicht das größte Schreckgespinst, die Sorge um Dich wäre. Das Schicksal wird uns wohl ein wenig hold sein, gell’ Liebster?!

Und nun eine Neuigkeit: Adele ist

Gausiegerin!

Du weißt ja, daß sie am Reichsberufswettkampf teilgenommen hat.

Ist das nicht toll?! Nun fährt sie vom 31.-7.4. nach Wien zum Reichsentscheid. Jetzt ist sie in ihrer Firma natürlich eine gefeierte Persönlichkeit.

Heute brachte sie einen Arm voll Blumen und eine Flasche Wein von ihren Kollegen mit. Kann ich nicht stolz auf eine solche Schwester sein? - ?

Nun, Herzliebster, laß mich schließen. Ich muß noch Strümpfe stopfen. Hoffentlich höre ich bald etwas von Dir.

Mein Liebster, einen lieben Kuß

Deine Annelie.