Andreas van Kann an Anneliese Hastenplug, 25. März 1944

18785 D, 25.III.44.

Meine liebe Annelie!

Heute ist Samstag. In ein paar Minuten wirst Du in die F steigen und dann müßte ich Dich eigentlich am Opernhaus abholen. Aber für heute mußt Du mich mal entschuldigen, Liebste, ich bin nämlich ziemlich stark beschäftigt. Ja - so ist das! Tage gehen dahin - gleichförmig einer wie der andere. Und morgen ist Sonntag! Ach, wie lange ist es her, daß wir den letzten Sonntag beisammen waren? Bald schon ist es wieder einen Monat. Noch 3 weitere - und wir können uns allmählich schon wieder auf gemeinsame Tage „vorbereiten“! Ich freue mich heute schon sehr darauf - immer denke ich an Dich und an unser Wiedersehen. Mir ist, als wenn ich schon wieder unendlich lange fort sei. Ja, Liebste, das ist nun mal leider so: Die gemeinsamen Tage sind kurz - die Tage, Wochen, Monate der Trennung unendlich lange. Was haben wir eigentlich von den letzten Jahren gehabt? Nur Getrenntsein, Leid und Sorge um einander. Die wenigen Urlaubstage dazwischen waren wie ein Märchen ... Aber laß uns nicht undankbar sein - es hat auch schöne Stunden gegeben: Bonn, St. Wendel, Aachen, Wahn, Wahn, Wahn, Ürzig, Koblenz ... Und wenn es immer noch so gut

Absender: Gefr. van Kann
18785 D

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Fräulein
Annelie Hastenplug
22 Frechen (Bez. Köln)
Kreissparkasse.

 

geht, wie es bisher gegangen hat, wollen wir zufrieden sein. Dann können wir später den Krieg als Schreckgespenst vergessen ...

Ich will jetzt nicht von später träumen, nur eins, Annelie, es wird unendlich schön, glaubst Du! -

Gestern Nacht habe ich also doch noch einen Brief von Dir bekommen, den vom Sonntag, 12.3. Ich freue mich,

 

daß Du wieder eine nette Wohnung bekommen hast. Hoffentlich fühlst Du Dich auch dort sehr wohl. Ich war sehr in Sorge und der Gedanke, daß Du bei uns bleiben solltest kam nicht nur von meiner Mutter!! Sei nicht bös Liebling, ich will ja immer ganz ehrlich zu Dir sein. -

Das Fritz die Einwilligung zur Hochzeit

bekommen hat, wundert mich nicht. Ich gönne es den beiden - die haben eben eher das Glück gehabt. Man soll nie das Glück anderer Leute beneiden. Wir beiden heiraten nunmehr endgültig Anfang Mai 45 - zur silbernen Hochzeit meiner Eltern; ob nun der Krieg aus ist oder nicht. Normalerweise bin ich ja dann auch Offizier, sodaß eine Grundlage vorhanden ist. Aber das weißt Du ja alles und ich weiß, daß Du Dich genau so darauf freuest, wie ich. Halte Dir die Wohnung mal etwas warm, ich las da etwas von 2 Zimmer ...

Du, stell Dir mal vor: ich hab noch keine Laus gefunden; auch die Kameraden, die schon länger hier sind haben keine mehr. Unsere Unterwäsche ist irgendwie da[ge]gen imprägniert. Wir sind alle glücklich, das wir wenigstens damit nichts mehr zu tun haben. Ich habe mich ja immer gewundert, das man da noch nichts hat gegen unternommen, nun ist es ja endlich so weit.

Die Kälte hat etwas nachgelassen, ich nehme an, daß in ein paar Tagen das beliebte Tauwetter eintritt - - das wird wieder schön, ich darf garnicht daran denken. -

Von meinen Eltern habe ich jetzt auch einen Brief bekommen, jetzt werden die Briefe wohl laufend kommen. Das

freut mich ja mal am meisten. -

Nun, Liebste, wünsche ich Dir einen „frohen“ Sonntag (paradox)

aber dennoch! Ich werde besonders viel an Dich denken!

Tausend Grüße und einen lieben, langen Kuß

Dein Adi.