Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 21. April 1944

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Köln, den 21.4.44

Mein lieber Adi!

Sicher hast Du nun von dem schweren Angriff auf Köln, der uns in der Nacht von Hitlers Geburtstag beschert wurde, schon gehört. Ja, das war mal wieder ein zünftiger Angriff und wenn Du Dir nun das Stück hinter den Ringen (Lindental, Ehrenfeld u.s.w.) wie die Stadtmitte vorstellst, dann hast Du ja ein Bild von den wüsten Verheerungen. Ich brauche wohl weiter garnichts mehr zu sagen. Deine Tante und Onkel in Ehrenfeld sind nun auch totalgeschädigt (ausgebrannt). Frau Schramma’s Möbeln und sonstiges, was sie beim Studienrat in Lindental untergestellt hat, ist auch dahin. - Wir selbst sind heute morgen zu Fuß vom Frankenforst gegangen. In Kalk sind wir auf ein Lastauto gestiegen. Darauf haben wir geperscht gestanden wie Vieh. Unter größter Lebensgefahr wurden wir bis zur Hängebrücke gefahren. Straßenbahnen fahren natürlich in der ganzen Stadt keine, auch nach Frechen nicht. Bis dorthin bin ich aber nicht zu Fuß gegangen. Das war mir aber doch ein bißchen zu weit. So bin ich eben bei euch zu Hause geblieben.

Dort konnte man mich auch gut gebrauchen. Ihr hattet nämlich wieder dieselbe Schweinerei wie vor zwei Tagen, alles kaputt und schmutzig. Ihr selbst hattet mal wieder kollosales Glück. In der Lindenstraße sind wieder einige Luftminen und Bomben gefallen. Die Schule neben euch ist abgebrannt. Vom Klösterchen steht nichts mehr, Opernhaus ausgebrannt, sogar unser Schutthaufen brannte wieder helllichterloh. - Du siehst also, wären wir vom vorigen Jahr nicht fliegergeschädigt, so wären wir heute ausgebrannt. Das Haus von Walter Lanaszak liegt auch am Boden. So könnte ich Dir noch vieles, vieles aufzählen, aber wozu? Der Angriff dauerte 45 Minuten. War aber eigentlich schlimmer als die anderen, weil er ein kollosales Ausmaß hatte, wogegen die vorigen immer nur Stadtviertel betrafen. Deine Eltern behaupten, für sie sei es der schlimmste Angriff gewesen. Bei uns im Frankenforst oder Umgebung ist nichts gefallen. Trotzdem waren wir im Keller, denn die Bombeneinschläge konnten wir gut hören. Es war furchtbar. Nun habe ich auch heute keine Post von Dir bekommen, weil ich nicht in Frechen war. Ich kann auch heute garnicht viel schreiben, wir sind alle ganz durcheinander. So will ich für heute schließen.

Liebe Grüße und Küsse

Deine Annelie.

Anbei ein Bild von Koblenz!