Ursula Lindemann an Lotti, 17. Dezember 1943

Köln, den 17.12.43.

Meine liebe Lotti!

5. Kriegsweihnachten. Uns allen fehlt in diesem Jahr der rechte Sinn Weihnachten als das Fest der Freude zu feiern. Zu sehr müssen wir an all das Elend und Traurige denken, das über so viele Familien gekommen ist. Viele haben jetzt vielleicht gar kein Zuhause und verleben ein unendlich trauriges und bitteres Weihnachten. Wie froh und dankbar sind wir, daß wir unser Heim noch haben und die Feiertage still unter uns verbringen können. Und trotzdem ist mir Angst ganz allein mit den Eltern während den Weihnachtstagen zu sein.

Wäre doch nur einer der Brüder da. -

Aber ich will Dir jetzt nicht einen Weihnachtsgruß mit lauter traurigen Gedanken schreiben.

Ich darf ja auch garnicht traurig sein, ich muß doch den Eltern helfen, all das Schwere zu überwinden. – Von Klaus haben wir immer noch keine Post und wissen nun garnicht wo er eigentlich in Russland steckt. Und auch von Hans aus Frankreich fehlt jegliche Nacht. So wird es wohl für viele auch ein sorgenvolles Weihnachten geben.

Für mich ist in diesem Jahr das Größte und Schönste, unsere Freundschaft und überhaupt meine Liebe zu Dir. Und das einzige was ich mir wünsche ist, daß es immer so bleiben möge. – Nun hoffe ich sehr, daß dies kleine Büchlein noch zur rechten Zeit bei Dir ankommt.

Es wünscht Dir, Deiner Mutter und Gisela ein recht schönes Weihnachtsfest

Deine Ulla.